15.06.2015 | Kanu-Rennsport

Europaspiele Baku: Goldener Auftakt für die Geschichtsbücher

Der erste Kanu-Goldmedaillengewinner in der Geschichte der Europaspiele kommt aus Deutschland und heißt Max Hoff. Der Sieger des K1-Finales über 1000m sorgte zugleich für die erste deutsche Goldmedaille bei den Spielen von Baku. Wenige Minuten später steuerte Sebastian Brendel im C1 über 1000m die zweite Kanu-Goldmedaille für Deutschland bei. Weiteren Medaillenglanz verliehen dem deutschen Abschneiden am heutigen Vormittag der K4 der Damen und der K2 über 1000m der Herren mit jeweils Silber sowie der C2 über 1000m mit Bronze.
DKV-Erfolg: erstes Kanu-Gold bei den Europaspielen

„Im Ziel war ich zu müde um mich zu freuen“, diese Worte des K1-Siegers über 1000m Max Hoff (Essen) illustrieren den Kraftakt, der hinter dem 32-Jährigen lag: Wieder einmal hatte er sich am Ende durchgesetzt und den Portugiesen Fernando Pimenta und Rene Holten Poulsen auf die Plätze verwiesen. „Es war ein hartes Stück Arbeit, mein härtestes Rennen der bisherigen Saison. Aber ich hab’s mit Kampf gewonnen.“ Er sei zunächst „nicht richtig in Tritt gekommen“ und sah sich schon „ein wenig in Not“, als Pimenta 250m vor dem Ziel noch immer vorn lag. „Für mich gab’s nur eins: weiterpaddeln“, sagte er zur für ihn erfolgreichen Schlussphase des Rennens und fügte hinzu: „Bei den Europaspielen das erste Gold für die deutschen Kanuten zu gewinnen ist schon cool, und es ist auch cooler als die EM zu gewinnen. Den richtigen Wert dieser Medaille werde ich vielleicht erst später einschätzen können.“

Ein Rennen ganz nach Plan brachte wenig später Sebastian Brendel (Potsdam) im C1 über 1000m ebenfalls Gold vor Martin Fuksa (CZE) und Attila Vajda (HUN). „Das Finale lief genau wie ich es mir vorgenommen hatte: bei 500m angezogen, leicht vom Feld abgesetzt und die letzten 250m schön durchgezogen, da konnte auch Fuksa nicht mehr mithalten. Das gibt mir Sicherheit für die WM-Vorbereitung“, so der Bundespolizist. Die Medaille bei den Europaspielen sei für ihn schon was Besonderes, „allerdings würde es die Medaille noch aufwerten, wenn man damit auch einen Quotenplatz vergeben würde“, unterstrich der Potsdamer.

Freude pur herrschte bei den Kajak-Damen, als Franziska Weber, Conny Waßmuth (beide Potsdam), Verena Hantl (Karlsruhe) und Tina Dietze (Leipzig) hinter dem Quartett aus Ungarn und vor dem stark eingeschätzten polnischen Boot Silber holten. „Ich hatte gehofft, dass wir mit einer Medaille nach Hause fahren. Es war ein megageiles Rennen. Ich bin schon lange kein Rennen mehr gefahren, das so viel Spaß gemacht hat“, äußerte Schlagfrau Franziska Weber zum Finale des deutschen Quartetts. Ihre Zweier-Partnerin Tina Dietze verriet einen wichtigen Faktor für ihren Erfolg: „Wir sind von Anfang bis zum Ende bei uns geblieben“ Und Verena Hantl, die Jüngste im Damen-Flaggschiff, bekannte: „Ich selbst habe mit Silber nicht gerechnet, wenn, dann kämpfen wir um Bronze, dachte ich. Und am Ende waren wir gar nicht so weit von den Ungarinnen weg.“

Ebenfalls Silber erkämpften die K2-Europameister über 1000m Max Rendschmidt (Essen) und Marcus Groß (Berlin). 250m vor dem Ziel hatten sie die Spitze des Feldes übernommen, doch dann schlug das Schicksal zu: „Vor mir tauchte eine Ladung Wasserpflanzen auf, der ich nicht ausweichen konnte. So haben wir uns leider einige eingefangen. Ich hab’ dann versucht, den Druck zu erhöhen. Das hat natürlich unsere geplante Rennstruktur über den Haufen geworfen. Wir haben die Körner vorher verballert und konnten so nicht mehr unseren typischen Endsport fahren, die Explosivität war weg“, sagte Max Rendschmidt über den entscheidenden Moment in diesem Finale. Das starke ungarische Duo Kammerer/Szalai nutzte die Gunst der Stunde und fuhr am deutschen Boot vorbei zur Goldmedaille, Bronze ging an die Weißrussen Bialko/Piatrushenka. „Es ist halt ein Outdoorsport, da passiert eben so was. Wir sind froh, trotz der Probleme noch Zweite geworden zu sein“, unterstrich Max Rendschmidt und Marcus Groß bekannte: „Ich freue mich, eine Medaille mit nach Hause nehmen zu können. Es wäre vermessen zu sagen, ich freue mich nur über Gold.“

Im C2 über 1000m kam es zum engen Finale, das sich bereits in den Vorläufen angedeutet hatte, als sieben Boote eine 3:38er Zeit gefahren waren. Am Ende sicherte sich das deutsche Duo Peter Kretschmer (Leipzig) und Michael Müller (Magdeburg) hinter Bahdanovich/Bahdanovich (BLR) und Korovashkov/Pervukhin (RUS) mit rund einer halben Sekunde Rückstand auf die Siegerzeit die Bronzemedaille. „Es war klar, dass es knapp wird, aber auch dass alles drin ist. Nun haben wir vier Boote hinter uns gelassen. Wenn es so knapp ist, ist natürlich etwas Enttäuschung dabei, andererseits aber auch die Freude darüber, dass es nicht der vierte Platz geworden ist“, meinte Peter Kretschmer zu ihrem Ergebnis.

Chefcoach Reiner Kießler schätzte nach den Finals ein: „Dass alle unsere Finalteilnehmer eine Medaille holen, ist mehr als wir erwartet hatten. Vor allem die Silbermedaille der Kajak-Damen ist eine positive Überraschung. Respekt auch vor Max Hoff und Sebastian Brendel, die ja fast schon ständig den Druck haben, dass von ihnen ein Sieg erwartet wird. Allerdings ist auch zu merken, dass wir nach der langen Wettkampfserie schon einen gewissen Substanzverlust haben. Aber das kriegen wir bis zur WM  wieder hin.“ DKV-Sportdirektor Dr. Jens Kahl äußerte: „Das Abschneiden hier passt schon. Die Europäischen Spiele sind für uns ja nicht der Höhepunkt, darauf war auch unsere Vorbereitung nicht ausgerichtet. Unser Ziel ist Topform bei der WM in Mailand.“

Noch sechs Medaillenchancen am Schlusstag

In den Vor- und Zwischenläufen heute Nachmittag zogen weitere drei DKV-Boote ins A-Finale ein. Die K2-Europameister im Sprint Ronald Rauhe (Potsdam) und Tom Liebscher (Dresden) qualifizierten sich mit einem Vorlaufsieg direkt fürs Finale und unterstrichen damit ihre Medaillenambitionen. Ebenfalls direkt ins Finale paddelten Sabine Volz (Karlsruhe) und Conny Waßmuth als Vorlaufdritte im K2 der Damen über 200m. Mit Rang zwei im Semifinale sicherte sich Sabine Volz auch im K1 die Endlaufteilnahme. In den weiteren Einer-Disziplinen über 200m mussten sich die DKV-Starter Stefan Kiraj (Potsdam) im C1 und Max Lemke (Mannheim) im K1 nach Platz sechs bzw. fünf im Zwischenlauf mit dem B-Finale begnügen. Damit können morgen einschließlich des bereits gestern qualifizierten K2 über 500m Weber/Dietze und der abschließenden Langstreckenrennen noch sechs DKV-Boote in den Kampf um die Medaillen eingreifen.

Text: H.-P. Wagner

Komplette Ergebnisse:

http://www.baku2015.com/schedules-results/sport=cf/day=2015-06-14/index.html

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