Seit dem 53. Fahrtentag kämpfte sie sich entlang der „Inside Passage“ von Alaska. Ihr nächstes größeres Ziel ist die Überwindung der Passage zwischen Prince Rupert (CDN) und dem ca. 500 km entfernt liegenden Sitka (Alaska).
Unterwegs mit einem „Ami“
Am 16.5.17 verließ sie Prince Rupert. Seitdem hat sie ca. 320
km zurückgelegt (Stand: 25.5.17). Z.Zt. paddelt sie mal wieder
nicht solo! Sie wird bis Sitka von dem – ihr unbekannten
(„Blind Date!“) - Amerikaner Mike Dziobak (61) begleitet, der
dafür extra per Auto 4 Tage lang aus Michigan (USA) anreiste.
Ein Experiment, welches nicht ohne Risiko ist. Dennoch, die 10
Tage mit Justine Curgenven waren ein voller Erfolg und die mit
Mike scheinen auch nahezu reibungslos zu vergehen. Freya packt
wohl vor dem Start etwas schneller, dafür ist Mike mit seinem
US-amerikanischen QCC-KAYAK „Q700X“ (549x53 cm) unterwegs kaum
zu bremsen. Freya verfügt bei der Querung von Brecherzonen mehr
Erfahrung, aber Mike erkennt das an und folgt ihr dann, wenn es
kritisch wird, nahezu „blind“. Freya liebt den Kontakt zum
nahen Wasser und zeltet möglichst dicht hinterem Spülsaum und
Mike, nun der verzieht sich lieber im bewaldeten Hinterland,
weil das mehr Windschutz und Schutz vor fliegender Gischt
bietet. Dafür – und damit sind wir wieder beim ersten Punkt -
braucht er etwas länger, um am nächsten Morgen sein ganzes
„Gerödel“ wieder zurück zum Seekajak zu bringen. Nur eines muss
noch Mike begreifen, bei einer Annäherung aus dem Hinterland
Freya rechtzeitig zuzurufen: „Hey Freya, I am not a
bear!“!
Foto (Zeltstillleben):
https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10154442409926302&set=pcb.10154442178981302&type=3&theater
Hochwasserprobleme
Bislang verläuft alles reibungslos … fast. Am 62. Fahrtentag
verschätzte sie sich an der Ostseite von Dall Island damit, wie
hoch in der Nacht die Tide auflaufen wird. Eigentlich dürfte es
kein Problem sein, den Hochwasserstand abzuschätzen; denn wir
können am Spülsaum erkennen, wie hoch das letzte Hochwasser
auflief und daraus ableiten, wie hoch das nächste Hochwasser
etwa auflaufen könnte. Nur, dass ist die Theorie! In der Praxis
gibt es jedoch stets mehrere Spülsäume, nämlich die von der
Nipp-Tide, der Mitt-Tide, der niedrigen Spring-Tide, der
höheren Spring-Tide (=> HAT = Highest Astronomical Tide /
Höchster Gezeitenwasserstand (HGzW) und die von der Sturmflut.
Das Vertrackte dabei ist nur, dass trockenliegende
Anlandestelle manchmal trügerisch trocken liegen, d.h. so flach
liegen, dass sie nicht immer den für die Zeltaufbauentscheidung
relevanten Spülsaumen zeigen, da er u.U. im nahen Urwald
liegt!
Der Ängstliche verzieht sich dann mit seinem Zelt im Urwald,
der fast undurchdringlich bis an die Hochwasserlinie reicht,
und der Mutige sucht sich den aktuellsten Spülsaum aus und baut
– sofern Platz vorhanden ist – kurz dahinter sein Zelt auf. Der
letzteren muss sich jedoch bewusst sein, dass manchmal das
nächste Hochwasser u.U. höher auflaufen kann; d.h. das
„Nachthochwasser“ kann höher sein als das „Taghochwasser“. Der
Grund dafür liegt an den Gezeitenkräften; denn es gibt ja
i.d.R. innerhalb von 24 Std. stets zwei Hochwasser, wobei – so
eine Interpretation der Gezeitentheorie - das eine
Hochwasser im Wesentlichen von der Anziehungskraft des Mondes
erzeugt wird und das andere Hochwasser von den Fliehkräften.
Welche Kraft nun ein höheres Hochwasser verursacht, können wir
den Gezeitentafeln entnehmen oder z.B. der „Gezeiten“-App.
Diese zeigt für die Region, wo sich Freya & Mike gerade am
24.5.17 aufhielten, auf, dass nicht nur eine Spring-Tide zu
erwarten war, sondern auch dass das Hochwasser um 12.44 Uhr
3,60 m hoch auflief und das nächste Hochwasser in der Nacht um
00.30 Uhr 4,40 m hoch anstieg, also 90 cm höher. Ja, und diese
90 cm führten dazu, dass Freya & Mike eine unruhige Nacht
erlebten. Es begann damit, dass kurz nach Mitternacht das
Wasser immer lauter plätscherte und endete damit, dass
zumindest Freya für eine knappe Stunde lang, den Teil ihres
Zeltbodens, der etwas tiefer lag, anhob, damit er nur unter-
aber nicht überspült wurde.
Vorsicht Stromkabbelung!
Ja, wer sich nach Alaska begibt, der kann immer was erleben.
Am Fahrtentag #62 war es das extra hohe Nacht-Hochwasser und
….. am nächsten Fahrtentag, dem Tag #63, mußten nördlich von
Dall Island die Tlevak Narrows, eine Meeresenge, gequert
werden, in dem während der Hochphase der Tide eine
Gezeitenströmungsschnelle (Tidal Race) sich ausbildet, die bis
zu 15 km/h, bei Springtide sogar noch stärker strömen
kann:
https://tidesandcurrents.noaa.gov/currents11/tab2pc3.html
(> Tlevak Strait)
Diese Stromkabbelung galt es, möglich in der
Niedrigwasserphase zu meistern, was jedoch voraussetzte, dass
schon kurz nach 5 Uhr früh am Morgen gestartet und folglich
schon um kurz vor 4 Uhr aufgestanden und gepackt werden musste
(Sonnenaufgang ca. 4.30 Uhr). Da Freyas Begleiter, Mike, zu
langsam packte, paddelte sie schon mal voraus, wohl wissend,
dass er sie noch vor der Enge einholen würde. Um es vorweg zu
nehmen, noch während der Stauwasserphase konnten beide diese
Enge durchfahren.
Text: Udo Beier
Quelle: http://freyahoffmeister.com/posts/ >
Day #62 und #63
Karte vom Routenverlauf: www.freyahoffmeister.com > Expeditions
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