27.07.2016 | Kanu-Rennsport

Bootsflotte der Rennkanuten startet gen Rio

Während das Rennsport-Olympiateam des DKV derzeit in Duisburg noch am Feinschliff für die Wettkämpfe in Rio feilt, begab sich der Bootstransport bereits heute auf die Reise nach Brasilien. 24 Boote – für jede einzelne Disziplin ein Wettkampf- und ein Ersatzboot – werden vom offiziellen Olympia-Logistikpartner DB Schenker via Luxemburg per Luftfracht an den Olympiaort befördert.
Dirk Böhme bei einem letzten Check vor dem Transport

Ein Merkmal der neuen Kajak-Flotte fällt dabei besonders auf: ihr optisches Design. Die Boote sind pinkfarben, dazu am Bug wellen- förmig mit den deut- schen Nationalfarben versehen. Mit der Farbe Pink wird bewusst Anleihe am besonders erfolgreichen Ab- schneiden bei den ersten Spielen nach der deutschen Wiederver- einigung 1992 in Barcelona genommen. Die Idee dazu hatten Ende letzten Jahres im Trainingslager in Florida Athletensprecher Max Hoff, Tom Liebscher und Ronald Rauhe. „Wir wollten uns mit dieser Farbwahl aus der Masse hervorheben und zugleich den Spirit des Olympiateams von damals aufgreifen. Die Farbe Pink für ein Männerboot mag vielleicht etwas erstaunen, für uns spricht diese Wahl jedenfalls eine deutliche Sprache, denn sie drückt Selbstbewusstsein aus, so prägnant in Rio an den Start zugehen“, erklärt der fünfmalige Olympiateilnehmer Ronald Rauhe die Beweggründe. Der Design-Idee der Kajak-Herren schlossen sich übrigens recht schnell auch die Kajak-Damen an, so dass sich nunmehr die komplette Kajak-Flotte in pink präsentiert.

Außer dem Farbdesign eint die neue Flotte eine modifizierte Steuerflosse, mit der die Tüftler um Bootsingenieur Dirk Böhme vom Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) in Berlin der bei den Testwettkämpfen im vergangenen Jahr zutage getretenen Problematik der Wasserpflanzen begegnen wollen. Mit ihrer eleganten, leicht geschwungenen Form ähnelt die Neuentwicklung einer Haifischflosse. „Wir haben dabei eine Lösung vom Rudern auf Kanu übertragen und ein Steuer bestehend aus einem starren Stabilisierungsteil und einem kleineren beweglichen Steuerteil gebaut. Damit wollen wir verhindern, dass sich die Wasserpflanzen am Steuer verfangen“, unterstreicht Dirk Böhme. Ihre Entwicklung präsentierte die FES zur WM 2015 in Mailand, gleich im Anschluss daran wurde die Innovation erstmal wieder verboten. Die Bootsbauer von der FES sowie auch andere Hersteller ließen jedoch nicht locker, dennoch dauerte es bis Mai dieses Jahres, ehe die ICF grünes Licht für den Einsatz bei den Weltcups und bei Olympia gab. Ab dem kommenden Jahr soll die neue Steuerflosse auch in der Wettkampfordnung offiziell verankert werden.

Ansonsten sind die Boote so unterschiedlich wie die Wünsche und Vorstellungen ihrer Insassen – und da hat jede(r) hat seine ganz eigenen. Ob die Boote an sich oder das Zubehör wie Stemmbretter und Sitze, bis ins letzte Detail ist immer wieder getüftelt, probiert, verworfen, neu angefertigt und wieder getestet worden. Bis zu zweieinhalb Jahre dauerte es von der ersten Idee bis zum Rio-fertigen Wettkampfgerät. Die letzten Boote kamen erst zwei Tage vor dem Versand nach Brasilien von der Werft. „Für uns war das Ganze eine große Herausforderung. Wir haben so viel wie noch nie in einem Olympiazyklus investiert und auch die Athleten haben mit ihren Ideen und Vorstellungen ordentlich mitgewirkt, gerade solch alte Hasen wie Ronny Rauhe waren dabei wichtige Partner für uns. Mit der Flotte für die fünf von uns ausgestatteten Disziplinen – die Entscheidungen im Zweier- und im Viererkajak – fahren wir mit einem guten Gefühl nach Rio. Die Boote haben durchaus alle Medaillenchancen, was zunächst natürlich den Athleten zuzuschreiben ist. Wir hoffen, dass sich dabei das Material als das berühmte i-Tüpfelchen erweist“, zeigt sich FES-Ingenieur Dirk Böhme zuversichtlich.

Besonders akribisch haben Ronald Rauhe und Tom Liebscher ihren 200m-Zweier unter die Lupe genommen, sie waren sogar zu Tests in einer wissenschaftlichen Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau in Berlin. Von allen getesteten Modellen hat sie letztlich das neue FES-Boot überzeugt. „Es war schneller, hatte eine extrem gute Kurs- stabilität im Startbereich und eine stabile Lage bei jeder Geschwindig- keit, die uns das Gefühl vermittelt, noch weiter beschleunigen zu können. Das gibt uns für den Wettkampf in Rio Sicherheit und Vertrauen in das Boot“, fasst Ronny Rauhe ihre Erfahrungen zusammen. Auch wenn es ein langer und manchmal auch mühsamer Weg gewesen sei, „mit dem Ergebnis sind wir letztlich sehr zufrieden“, betont der 34-jährige Potsdamer. Der erfolgreichen Medaillenjagd in Rio sollte daher aus Materialsicht nichts im Wege stehen.

Text u. Foto: H.-P. Wagner

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