Landessportbund Hessen und Hessischer Kanu-Verband zeigen
sich betroffen durch die ablehnende Haltung der Behörden
gegenüber den Belangen des organisierten Sports.
Im Rechtsstreit um die beiden in 2012 und 2013 durch das RP
Darmstadt erlassenen Allgemeinverfügungen zur Sperrung von drei
renaturierten Nidda-Abschnitten für die Dauer von jeweils
sieben Monaten vor dem Verwaltungsgericht Gießen im Mai 2014
konnte der Hessische Kanu-Verband einen Teilsieg erringen.
Entgegen den Behauptungen des RP Darmstadt ist der HKV sehr
wohl klageberechtigt und kann seine Rechte und die seiner
Mitglieder vor Gericht vertreten.
Leider machte sich das VG Gießen die Argumentation des RP
Darmstadt zu eigen - obwohl für die vorgetragenen Behauptungen
zur Störwirkung von Kanus auf Fisch- und Vogelwelt keinerlei
wissenschaftliche Beweise vorgelegt wurden - und entschied,
dass die Allgemeinverfügungen insgesamt rechtmäßig seien.
Das VG Gießen differenzierte bei seiner Urteilsbegründung
nicht zwischen den organisierten Kanusportlern, die gut
ausgebildet ein naturbelassenes Fließgewässer befahren, und den
anderen Freizeitnutzern. So heißt es in der Urteilsbegründung:
" ... gab es Störungen durch badende Hunde, Freizeitsportler,
durch Anlandungen von Boots- oder Kanufahrern auf Kies- und
Sandbänken, Feiern dort und vergleichbares ...". Und weiterhin:
"bei stichprobenartigen Überwachungen Störungen, hauptsächlich
durch unbedachtes Betreten der Uferbereiche, aber auch durch
feiernde Jugendliche und Badenlassen von Hunden ...". Inwiefern
hier ein Zusammenhang mit der Ausübung des naturverträglichen
Kanusports besteht, bleibt unergründbar.
Erstaunlicherweise wurden erst bei der mündlichen Verhandlung
vor dem VG Gießen die vertraglichen Regelungen der
Ausnahmeregelungen für die Angelsportvereine innerhalb der
gesperrten Zonen durch das RP Darmstadt vorgetragen.
Und genau solche vertraglichen Regelungen verweigert das RP
Darmstadt dem HKV. Als Argument für die ablehnende Haltung
nennt das RP Darmstadt: "Selbst vorbildlich agierende Kanuten
können in den sensiblen Gewässerlebensräumen der Nidda allein
durch ihre Anwesenheit unbeabsichtigte Beeinträchtigungen
auslösen. Da es in den Renaturierungsabschnitten notwendig ist,
die Lebensräume störanfälliger Tierarten auch vor geringfügig
erscheinenden Belastungen zu schützen, kommt nur eine Sperrung
für alle Gruppen von Bootfahrern in Betracht."
Es bleibt unergründlich, warum den Anglern eine
Ausnahmegenehmigung erteilt wird, gleichzeitig den Kanuten eine
solche Regelung und auch Gespräche darüber verwehrt
bleiben.
Gegen die Entscheidung des VG Gießen legte der HKV
fristgerecht Berufung vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof
in Kassel ein. Von dieser Stelle wurde die Möglichkeit eines
Gütetermins vorgeschlagen, den der HKV gerne angenommen hat. In
der nun vorliegenden Antwort des RP Darmstadt heißt es: "Dem
Vorschlag einer Übertragung der Sache auf einen Güterichter
wird damit seitens des Beklagten widersprochen."
Mittlerweile ist das Nachanhörungsverfahren zur Novellierung
der Verordnung zum Landschaftsschutzgebiet "Auenverbund
Wetterau" abgeschlossen. Der HKV hat in seiner Stellungnahme zu
dem zukünftig dauerhaften siebenmonatigen Befahrungsverbot
nochmals auf die Bedeutung dieses zusammenhängenden
Fließgewässers für die Kanu-Vereine im Bezirk Main und deren
Jugend-, Ausbildungs- und Ökologie-Arbeit hingewiesen sowie
zahlreiche, in anderen Bundesländern erfolgreich angewandte
Maßnahmen zur Befahrungsregelung genannt. Leider blieb das RP
Darmstadt bis heute eine Antwort schuldig.
Es ist für einen ehrenamtlich geführten Spitzensportverband
nur schwer nachvollziehbar, dass eine Behörde wie das RP
Darmstadt den Verfassungsrang "Naturschutz" höher einstuft als
den gleich gestellten Verfassungsrang "Sport" - genau die
gleiche Behörde, die einem Unternehmen erlaubt, streng
geschützten Bannwald für die Ausweitung seines Betriebsgeländes
zu roden.
Ganz unverständlich ist auch die Haltung des Hessischen
Umweltministeriums, das die zeitweise Sperrung der
renaturierten Abschnitte der Nidda für den Kanusport durch das
RP Darmstadt unterstützt und in einer Stellungnahme verlauten
lässt: "Ich sehe daher keine Veranlassung, diesbezüglich den
Dialog mit dem Kanuverband aufzunehmen." - eben dieses
Umweltministerium erlaubt einem Unternehmen bis ins Jahr 2075
die Einleitung von ungeklärter Salzlauge in ein Fließgewässer
(wohl wissend, dass diese Erlaubnis im krassen Gegensatz zu den
Zielen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie steht).
Der Hessische Kanu-Verband bedauert diese Entwicklung sehr und
hofft dennoch eine einvernehmlichen Lösung im Sinne des
organisierten Sports zu finden. Die Sprachlosigkeit von RP
Darmstadt und Umweltministerium sollte auf jeden Fall
schnellstmöglich überwunden werden.