Von dort aus wollte sie über Fortalezza bis zum
Nord-Ost-Ende Brasiliens und dann weiter über Natale nach
Recife paddeln (ca. 1.400 km), bevor es dann endgültig Richtung
Süd-West bis nach Buenos Aires (ca. 4.000 km) gehen
sollte.
Aber die Gewässerbedingungen in der Nähe von Travosa waren so
hart und die Windprognose so schlecht, dass sich Freya
entschloss, auf dem Landweg, quasi „per Anhalter“, die Strecke
bis Recife zurückzulegen. Ca. 1.400 Paddelkilometer hätten ihr
jedoch dann gefehlt, um die Umrundung Südamerikas komplett zu
machen. Freya nahm das anfangs in Kauf. Doch dann auf der
Autofahrt ca. 1.000 km quer durchs Land hinüber nach Recife
entschied sie sich dazu, diese Strecke doch noch zu paddeln,
und zwar retour, also in umgekehrter Richtung …. dafür mit dem
Wind und mit der Strömung statt gegenan.
4. Etappe: 669. – 700. Fahrtentag
Gedacht, geplant, ausgeführt! Am 25.10.14 startete Freya in
Recife, um nun den ca. 1.400 km langen Abschnitt entgegen dem
Uhrzeigersinn zu runden:
• Zunächst paddelte Freya vom 25.10. -
2.11.14 von Recife mit Kurs Richtung NO bis zum Nord-Ost-Ende
Brasiliens: 391 km in 8½ Paddeltagen (49 km/Tag) zzgl. 1
Ruhetag);
• dann ging es vom 2.11.14 - 11.11.14 mit
Kurs NW bis nach Fortalezza: 391 km in 9½ Paddeltagen (43
km/Tag);
• schließlich fuhr sie nach 3 Ruhetagen am
15.11. weiter mit Kurs NW-W und erreichte am 25.11.14, ihrem
700. Fahrtentag rund Südamerika, Tutoia: 494 km in 11 Tagen (45
km/Tag).
Jetzt fehlten Freya nur noch ca. 130 km bis zu jenem
Strandabschnitt nahe Travosa, wo sie ihre 3. Etappe beendet
hatte. Aber es ging nichts mehr. Der Wind nahm zu und wehte
beständig mit 6-7 Bft. (27 Knoten). Entsprechend schwierig
wurden die vor Ort herrschenden Gewässerbedingungen.
Schüsselstelle
Schon am 24.11.14, ihrem 699. Fahrtentag, hatte sie auf der
Strecke von Pedra do Sal bis zur Isla da Cabeca de Porco mit
dem Wind – auch wenn er von achtern kam – und dem dazugehörigen
Seegang zu kämpfen:
Freyas Blog:
http://freyahoffmeister.com/2014/11/26/mon-2411-2014-day-699/
Kartenskizze: Pedra do Sal – Tutoia
https://www.google.com/maps/@-2.7612294,-42.018398,12z
Gewässerbedingungen vor Pedra do Sal
Übernachtungsgelegenheit bei Pedra do Sal – schattig aber
unromantisch
Sie legte wohl innerhalb von 11 Std. 57,4 km zurück, aber
diese zählten wohl zu ihren härtesten Kilometern. 3x kenterte
sie. Das erste Mal geschah es noch draußen vor der Küste auf
einer ca. 12 km langen Brandungspassage, als ein Kaventsmann
sie umschiss. Aber die Rolle klappte sofort. Daraufhin suchte
sie den Küstenstreifen auf in der Hoffnung, dass es möglich
war, zwischen Strand und Brandungszone genügend tiefes Wasser
zum Paddeln zu finden. Aber auch dort erwischten sie zwei
„vagabundierende“ Brecher, also Brecher, die die davor
liegenden Untiefen „überrollten“ und endgültig erst am Strand
brachen. Beide Male kenterte sie, wurde ins Flache getrieben
und musste aussteigen. Ab dann begann eine ca. 20 km lange
Quälerei. Freya hangelte sich, mal paddelnd, mal treidelnd, mal
über den Strand ziehend von einer Flachwasserstelle zur
nächsten:
Lieber treideln statt stranden
Die dicht rechts neben ihr hoch aufbäumenden und anschließend
mit lautem Getöse brechenden Wellen machten ihr deutlich, dass
das Vorankommen draußen in der Brandung nicht weniger qualvoll
sein würde. Endlich nach ca. 36 km erreichte sie ein bei
Niedrigwasser trockenfallendes Gebiet, bestehend aus über neun
Mangroven-Inseln. Dort flüchtete sie ca. 23 km hinein und dort
übernachtete sie auch … auf einer kleinen, nur wenig
Quadratmeter großer Fläche, die vom Hochwasser gerade so
verschont wurde.
Auf der Suche nach einer Zeltmöglichkeit -Mangroven bis über
den Horizont hinaus
Wie geht es nun weiter?
Freya verfügt über einen starken Willen und ihr „Ehrgeiz“
scheint schier grenzenlos zu sein. Aber Freya ist letztlich so
vernünftig, dass sie – Ehrgeiz hin, Ehrgeiz her – nicht bereit
ist, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Das hat sie bislang jeden
Tag bewiesen …. denn sonst wäre sie schon längst Opfer ihres
eigenen Ehrgeizes geworden. Gelegenheiten dafür gab es ja
zuhauf! Bislang konnte sie aber stets die auf sie zukommenden
Gefahren umpaddeln, aussitzen oder sonst wie austricksen.
Vielfach war sie auch auf die Hilfe Dritter angewiesen, z.B.
einheimische Fischersleute, die sie bei der Querung der
pazifischen Brandungszone halfen, oder die Leute von der Coast
Guard bzw. Navy, die ihr ab und an eine sichere
Übernachtungsmöglichkeit boten. Dieses Mal ist es das erste
Mal, dass Freya Gefahren nur entkommen kann, indem sie sie
„umfährt“, also den Landweg nutzt. Die Folge: Am Ende ihrer
Südamerikaumrundung werden ihr wohl ca. 130 km Küstenabschnitt
fehlen.
Ist das weiter schlimm? Nun, ich sehe das als den Preis an,
den Freya bereitwillig zahlt, weil sie vernünftig ist! …. oder
ist sie nach:
• nach insgesamt 22.078 südamerikanischen
Paddel-Kilometern,
• die sie in insgesamt 498 Paddeltagen (Ø
44 km/Paddeltag)
• bzw. 4.593 Stunden ( Ø 4,8 km/h)
zurückgelegt hat,
einfach nur müde & ausgebrannt und will schlussendlich
diesen von Sturm & Brandung geprägten Küstenabschnitt
Brasiliens hinter sich lassen, um die nächsten und letzten
4.000 km bis nach Buenos Aires in Angriff zu nehmen?
Das ist verständlich, zumal Freya seit dem 15.03.13, als sie
an ihrem 423. Fahrtentag erstmals nach Überwindung des
Panama-Kanals ihr Seekajak in die karibische See einsetzte und
seitdem fast nur noch gegen den Wind und gegen die Strömung
paddelte, von der Schlusspassage entlang der Süd-Ost-Küste
Brasiliens träumt; denn erst zwischen Recife und Buenos Aires
kann sie wieder mit Wind & Strömung von achtern rechnen! Es
ist zu hoffen, dass das Wetter ihr wohl gesonnen sein
wird!
Kurs Süd-West
In der Zwischenzeit sind 7 Tage vergangen. Freya nutzte sie,
um ihren „Transfer“ per selbst gesteuerten Mietwagen von Sao
Luis nach Recife via Tutoia (=> Seekajak abholen) und
Fortalezza (=> reparierten Laptop abholen) zu organisieren
und durchzuführen. An die 1.500 Euro hat sie diese über 1.600
km lange Landpartie gekostet und eine Menge Stress. Aber Freya
verlor dabei niemals ihr Ziel „Buenos Aires“ aus den Augen.
Zumindest stieg sie am 3.11.14, 8 Tage nach ihrem
Tourenabbruch, in Tutoia beim Yacht-Club Recife wieder in ihr
Seekajak und paddelte los Richtung Süd-West vorbei an einem ca.
15 km langen Küstenabschnitt, wo wegen der Gefahr, von Haien
angegriffen zu werden, die Ausübung jeglichen Wassersports
verboten ist. Zwei Wasserschutzpolizisten eilten ihr deshalb in
je einem Jetski entgegen und deuteten ihr an, sofort
anzulanden. Freya gelang es jedoch, die beiden Ordnungshüter
davon zu überzeugen, dass ein Anlanden in der Brandungszone für
sie gefährlicher sei als eine Weiterfahrt in
Polizeibegleitung.
Windprognose: Süd-Ost-Küste Brasiliens (Recife – Rio de
Janeiro
http://www.windfinder.com/weather-maps/forecast/#5/-15.835/-34.585
Text: Udo Beier