Trotz zahlreicher Bekenntnisse von Parteien und Behörden zu
einem besseren Fließgewässerschutz, trotz einer
„Handlungsempfehlung", einer Gesetzesneuregelung zu sogenannten
Altrechten und trotz des Sächsischen Umsetzungsgesetzes zur
EU-Wasserrahmenrichtlinie sind die Zustände an den sächsischen
Fließgewässern immer noch unakzeptabel.
Das heißt, die zerstörerischen Eingriffe in die Ökosysteme, in
unsere Flüsse, sind immens, ohne dass mit dieser Art der
Energiegewinnung der Co2-Austoß wirksam reduziert werden
könnte. Etwa 300 Kleinwasserkraftanlagen gab es Ende der 1990er
Jahre in Sachsen, jetzt sind es zirka 550, und genauso wie vor
mehr als zehn Jahren wird an zahlreichen dieser Anlagen dem
Fluss fast das gesamte Wasser entzogen und zur
Wasserkraftanlage geleitet. Von einem Großteil der Betreiber
werden also noch nicht einmal die ökologisch völlig
ungenügenden behördlichen Mindestwasserfestlegungen
eingehalten. Und viele dieser Anlagen befinden sich in
Natura-2000-Gebieten!
Dabei müssen die Verbände auch noch große Anstrengungen
unternehmen, um an Informationen über solche Zustände zu
gelangen. Sie wurden früher von den Regierungspräsidien
umfassend über Planungen und Planungsverfahren informiert. Seit
im Zuge der Verwaltungsreform die Zuständigkeit für die
Genehmigung von Anlagen auf die Landratsämter übergegangen ist,
erhalten sie Auskünfte nur auf (teilweise) mehrfache Anfragen.
So liegen allein dem LRA Erzgebirgskreis zurzeit zehn Anträge
auf Wiederinbetriebnahme von Kleinwasserkraftanlagen vor.
Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, dass die
Anpassung des Sächsischen Wassergesetzes an das Bundesrecht
nicht genutzt werden soll, um die Normen des
Wasserhaushaltsgesetzes zu übernehmen und damit wichtige
Voraussetzungen zur Umsetzung des Sächsischen Programms zur
Verbesserung der Durchgängigkeit der Fließgewässer und damit
auch zur Erreichung der Entwicklungsziele in
Natura-2000-Gebieten zu schaffen. Ebenso muss endlich die
Europäische Wasserrahmenrichtlinie umgesetzt werden, die darauf
abzielt, einen guten Zustand der Gewässer zu erreichen. Als ein
völlig falsches Signal wird von den Verbänden die 2008 im
Auftrag der Landtagsfraktion Bündnis ´90/Die Grünen erbrachte
Studie der Vereinigung zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer
Energien (VEE) Sachsen bewertet. Diese konstatiert ein noch
nutzbares Potenzial von 288 zusätzlichen Wehren in Sachsen und
bedauert, dass sich „nur" für 200 Standorte auch Investoren
interessieren.
Trotz geringer klimatischer, aber großer ökologisch negativer
Auswirkungen muss also mit der Beantragung und Genehmigung
zahlreicher weiterer Anlagen gerechnet werden. Und das würde
bedeuten, dass die Durchgängigkeit unserer Flüsse nicht
verbessert, sondern verschlechtert wird, Vorgaben der EU
missachtet werden und die Entwicklungsziele für
Natura-2000-Gebiete in immer weitere Ferne rücken. Einer
solchen Entwicklung muss nach Meinung der Verbände die
Landesregierung unbedingt begegnen anstatt sie - während der
Naturschutz kaputtgespart wird - mit Millionen Euro aus
Steuergeldern zu unterstützen.
Die Forderungen der Verbände im Einzelnen:
1. Keine weitere Reaktivierung ohne wasserrechtliche
Planfeststellung und keine Neubauten von
Kleinwasserkraftanlagen!
2. Konsequente Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Oberstes
Ziel ist die Erhaltung oder Wiederherstellung eines naturnahen
Zustands unserer Flüsse!
3. Anlagen ohne gültiges Wasserrecht sind zu beseitigen!
Verstöße gegen das Umwelt- und Wasserrecht sowie gegen die
erteilten Auflagen sind zu verfolgen und zu ahnden.
4. Keine Förderprogramme zur Wasserkraftnutzung und besonders
zur Reaktivierung von alten Wasserrechten, da der Beitrag zur
Energiegewinnung bedeutungslos, der Eingriff im Ökosystem aber
i.d.R. erheblich ist.
5. Durchgängigkeit der sächsischen Fließgewässer für das
Kanuwandern unter ökologischen Gesichtspunkten!
6. Bei bestehenden Anlagen ist zu gewährleisten:
* Festlegung und Einhaltung einer Mindestwassermenge, die
ökologischen Erfordernissen entspricht und damit die
natürlichen Abflussverhältnisse insbesondere in der
niederschlagsarmen Zeit in der Ausleitungsstrecke
gewährleistet;
* Nachrüstung richtig dimensionierter und nachweisbar
funktionstüchtiger Fischauf- und -abstiegsanlagen;
* Kontinuierlicher manipulationssicherer Nachweis der
Einhaltung der durch die Staumarken gekennzeichneten
Mindestwasserhöhe;
* Stilllegung der Anlagen in Zeiten der Aalabwanderung;
* Konsequente Unterbindung von Schwallbetrieb und
Betriebsgraben- und Wehrteichspülungen;
* Stillsetzung bei Starkfrost (Vereisung der Fischtreppen,
Durchfrieren der Ausleitungsstrecke);
* Beschilderungspflicht (Betreiber, Wasserbehörde,
Mindestwasserabfluss, Genehmigung);
* Festsetzen und Umsetzen konkreter Strafmaße bei
Zuwiderhandlungen, die im Wiederholungsfall die Aufhebung des
Wasserrechts zur Folge haben.
Die Unterzeichner des Schreibens:
Landesjagdverband Sachsen e. V.
Landesverein Sächsischer Heimatschutz e. V.
NABU Landesverband Sachsen e. V.
Sächsischer Kanu-Verband e. V.
Grüne Liga Sachsen e. V.
Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Landesverband Sachsen e.
V.
Landesverband Sächsischer Angler e. V.
Sächsischer Landesfischereiverband e. V.