07.08.2022 | Kanu-Rennsport

14 Mal Edelmetall bei der Kanu-Rennsport-WM in Halifax

Deutsche Kanuten holen sich Sieg im Medaillenspiegel
Martin Hiller (vorne) und Tamas Grossmann haben der gesammelten Welt-Elite der Kajak-Herren eine Lehrstunde erteilt und überlegen Gold geholt.

Von Ludwig Degmayr

2x Gold und 14 Medaillen insgesamt für die deutsche Kanu-Rennsport-Nationalmannschaft - das ist die Abschluss-Summe von den am Sonntag zu Ende gegangenen Weltmeisterschaften in Halifax. Am abschließenden Wettkampftag drehten die Athletinnen und Athleten des deutschen Teams noch einmal besonders auf.
Der erste Titel war zugleich auch der unangefochtenste. Im K2 über 1.000 Meter ließen Martin Hiller und Tamas Grossmann der Konkurrenz keine Chance und holten Gold. Dabei hatte das Duo über drei Sekunden Vorsprung vor dem zweitplatzierten Boot. Schlagmann Hiller komplettiert damit seinen Medaillensatz, nach zuletzt je einmal Bronze und Silber bei den WMs. Nun darf also auch er sich erstmals Weltmeister nennen. „Wir wurden bis Ende der Rennhälfte nicht attackiert und konnten das dann ziemlich kontrolliert von vorne bestimmen. Der Gegenwind war für uns beide natürlich auch ein Segen“, erklärt Hiller den Weg zum Triumph.
Direkt im Anschluss war es dann das Duo Sebastian Brendel und Tim Hecker, das im Canadier-Zweier auf 1.000 Meter den nächsten Titel für das Kanurennsport-Team Deutschland holten. In einem engen Fight mit den Konkurrenten aus China setzten sich die beiden durch. Während es für Brendel bereits WM-Titel Nummer 13 ist, freut sich Tim Hecker über seine erste Goldmedaille bei einer Weltmeisterschaft überhaupt: „Wir sind unheimlich froh, das zu zeigen, was wir auch schon über die Saison gezeigt haben. Und mein erster Titel? Einfach ein richtig gutes Gefühl!“
Um einen Wimpernschlag hätte es noch ein drittes Mal Gold für Team D gegeben. Der Damen K2 über 500 Meter in der Besetzung Jule Hake/Paulina Paszek schob sich zwischenzeitlich in Führung, verlor den Sieg aber wegen eines Wacklers auf den letzten Metern. Trotzdem Silber für das junge Duo mehr als nur ein Achtungserfolg. Bereits am Vortag bestätigte Jule Hake mit Bronze im Einer, dass die deutschen Damen im Kajak wieder zurück in der Weltspitze sind.
Sehr erfreulich verliefen auch die noch recht neu bei der WM vertretenen Mixed-Rennen im C2 und K2. Während Tobias Schultz und Caroline Arft im Kajak Rang drei belegten, gab es für Sebastian Brendel und Sophie Koch den Vize-Titel im C2. „Wir wussten im Trainingslager noch gar nicht, ob wir antreten. Aber wir wollten es unbedingt und es hat sich wie zu sehen war ausgezahlt“, erklärt eine begeisterte Sophie Koch, die sich über ihre erste Medaille bei einer WM überhaupt freuen darf. Teamkollege und Dreifach-Olympiasieger stimmt Koch in der Analyse zu: „Du weißt, wenn Du gemeinsam ins Boot einsteigst sehr schnell, ob das funktionieren wird oder nicht. Und mit Sophie hatte ich von Beginn an ein gutes Gefühl. Nächstes Jahr gerne wieder!“ Seine kurz davor stattfindenden 1.000 Meter im C2 zuvor beeinträchtigten Brendel übrigens im Rennen nicht: „Wenn Du gewinnst, tut es nie wirklich weh. Da lässt sich gut vom Adrenalin ziehen und so war das auch bei mir.“

Die starke Ausbeute an den beiden Finaltagen lässt Jens Perlwitz, Präsident des Deutschen-Kanu-Verbandes, mit großer Freude auf die WM in Kanada zurückblicken: „Das Fazit ist völlig zufriedenstellend, manchmal sogar überraschend gut. Wir sind froh, am Ende im Medaillenspiegel ganz vorne mit dabei zu sein.“ Auch die Kulisse in Halifax konnte nach anfänglichen Zweifeln überzeugen: „Als ich am Montag ankam, hatte ich meine Bedenken. Aber sportlich betrachtet wurde dann alles gut umgesetzt. Und doch müssen wir uns mit Blick auf unsere Heim-WM nächstes Jahr in Duisburg sicher nicht verstecken.“

Am Nachmittag versuchten die in der Langstreckem über 5.000 Meter antretenden Athletinnen und Athleten der Kanu-Rennsport-Teams Deutschland, das I-Tüpfelchen auf eine erfolgreiche WM zu setzen - doch daraus wurde ein großes Ausrufezeichen. In allen Disziplinen kamen die deutschen Boote auf den Medaillenrängen ins Ziel. Zum Auftakt paddelte Jule Hake zu Silber, danach gelang Sebastian Brendel eine taktische Meisterleistung im C1. Der 34-Jährige timte die Portage, bei der die Sportler das Boot für eine kurze Zeit zum nächsten Einstieg tragen müssen, perfekt und überrumpelte damit die Konkurrenz. Aus seinem eigentlich in Stein gemeißelten fünften Platz machte Brendel so doch noch Bronze. Damit vollendet er seinen Medaillensatz bei der WM. Im C1 der Damen musste sich Annika Loske erst auf den letzten 200 Metern im Kampf um den Titel geschlagen geben, lieferte mit Silber aber eine weitere Glanzleistung ab. Selbiges gilt für Tamas Großmann, der im wohl hochkarätigsten Langstreckenrennen antrat. Im K1 der Herren waren 30 Boote gleichzeitig am Start, was zu einem großen Chaos am Start führte. Grossmann behielt in der Hitze des Gefechts aber die Ruhe und hielt sich stets in der Spitzengruppe auf. Nachdem er selbst in seiner Gruppe lange Führungsarbeit leistete, wählte er in der letzten Runde die Welle seines polnischen Gegners, den er im Zielsprint überholte und so ebenfalls zu Silber paddelte. 

 

Erschöpft, aber zurecht happy: Sebastian Brendel und Sophie Koch haben eine starke Silbermedaille eingefahren.
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