Zwar begrüßen die Verbände ausdrücklich den im
Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ unter Federführung des
Bundesverkehrsministeriums (BMVI) und des
Bundesumweltministeriums (BMUB) formulierten Ansatz, mit
Renaturierungsmaßnahmen der Fließgewässer sowohl zu deren
ökologischer Qualität als auch zu deren Freizeit- und
Erholungswert beizutragen und neue Akzente bei der
Hochwasservorsorge zu setzen, allerdings birgt er auch die
Gefahr, dass das rund 2.800 Kilometer lange Netzwerk der nicht
mehr für den Gütertransport genutzten Bundeswasserstraßen für
den regionalen Tourismus und für den Wassersport verloren geht,
falls es nicht gelingt, ökologische und wassersportliche
Interessen miteinander in Einklang zu bringen und schnell die
notwendigen Beschlüsse zu fassen. Schon kleine Störungen können
diese Strecken, für die es keine Ausweichverbindungen gibt,
großräumig lahm legen und das im Koalitionsvertrag der
Regierungsparteien verankerte Ziel der nachhaltigen
wassertouristischen Entwicklung vereiteln.
Experten des Bundesverkehrsministeriums haben ermittelt, dass
ein Teil der Schleusen schon bald außer Betrieb genommen werden
muss, weil keine ausreichenden Mittel zu ihrer Unterhaltung und
Instandsetzung zur Verfügung stehen. Dies hat Hafenbetreiber,
Marinas und Wassersportvereine, aber auch anliegende
Landkreise, Kommunen und Gewerbeverbände alarmiert.
Angesichts des Umstandes, dass zuletzt 120 Millionen Euro im
Bereich der Wasser- und Wirtschaftsverwaltung des Bundes nicht
verbraucht und daher ungenutzt zurück gegeben werden mussten,
ist es für Wassersport und Wassertourismus nicht akzeptabel,
dass gleichzeitig wichtige Schleusen aus angeblicher Finanznot
verfallen. Viele wenig kostenintensive und kleinteilige
Maßnahmen an wassertouristisch genutzten Bundeswasserstraßen
könnten unter Nutzung der vorhandenen regionalen Kapazitäten
der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung umgesetzt werden und so
zu Beschäftigung und regionaler Wirtschaftskraft
beitragen.
Zentrales Anliegen der Verbände ist, dass bei allen Maßnahmen
zugleich auf die Optimierung der ökologischen und auf die
Gewährleistung der verkehrlichen Durchgängigkeit der Wasserwege
geachtet wird. Sie darf weder durch Rückbauten beispielsweise
von Schleusen, noch durch Befahrungsverbote oder
-beschränkungen gefährdet werden. Derzeit gelten in Deutschland
bereits über 900 unterschiedliche Befahrungsregelungen, die aus
Naturschutzgründen erlassen wurden.
Die Verbände sind überzeugt, dass die Wasser- und
Schifffahrtsverwaltung mit einem erweiterten gesetzlichen
Gestaltungsauftrag gleichermaßen mehr Naturnähe und Freizeit-
und Lebensqualität, die Wassersport und Wassertourismus
einschließt, schaffen kann und so mit wohnortnaher Erholung
einen nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz leistet.
Die Verbände teilen die von Bundesverkehrs- und
Bundesumweltministerium geäußerte Einschätzung, dass die seit
Jahrzehnten mit der Verwaltung der Bundeswasserstraßen betraute
Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes geeignet und
kompetent ist, die Zukunftsaufgaben „Renaturierung und
Wassertourismusförderung“ wahrzunehmen. Ihr Gestaltungsauftrag
muss dazu allerdings gesetzlich erweitert und mit
Haushaltsmitteln ausgestattet werden.
Wassersport, Wassersportwirtschaft und Wassertourismus
fordern daher weiterhin:
• Das vorhandene Bundeswasserstraßennetz
muss in Gänze erhalten werden. Der Bund muss dazu die Wasser-
und Schifffahrtsverwaltung des Bundes beauftragen und so mit
Mitteln ausstatten, dass auch die wassersportlich und
wassertouristisch genutzten Bundeswasserstraßen weiterhin
unterhalten werden können.
Der von Bundesverkehrsminister Dobrindt beim Bürgerdialog am
03.09.2015 angekündigte gesonderte Etat für Wassertourismus
muss unverzüglich eingerichtet und so ausgestattet werden, dass
die für Wassertourismus erforderlichen Einrichtungen an
Bundeswasserstraßen erhalten und zukunftsfähig weiterentwickelt
werden können.
• Das bereits mehrfach verschobene
Wassertourismus-Konzept der Bundesregierung muss fertiggestellt
und mit den Betroffenen diskutiert werden. Es dürfen im Vorfeld
keine Maßnahmen ergriffen werden, die später mit Zielen des
Wassertourismuskonzeptes nicht im Einklang stehen.
• Abschließend fordern Wassersport,
Wassertourismus und Wasserwirtschaft eine angemessene
Einbindung in das Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“.
Hier muss die gleiche Beteiligungsmöglichkeit sichergestellt
werden, wie sie Naturschutzverbänden längst eingeräumt wurde!
Im Gegensatz zu den Naturschutzorganisationen wurden die
Verbände aus Wassersport, Wassertourismus und
Wassersportwirtschaft bisher nicht an den Beratungen
beteiligt.
Wassersport und Wassertourismus werden in vielfältiger Art und
Weise ausgeübt. Alle teilen jedoch den Wunsch, dass das
jeweilige Gewässer einen möglichst naturnahen Zustand haben
sollte. Gerade für Wassersportler sind naturnah gestaltete
Gewässer attraktiv und von besonders hohem Freizeit- und
Erholungswert. Der organisierte Wassersport, wassertouristische
Anbieter und Wassersportwirtschaft haben deshalb bereits in der
Vergangenheit erhebliche Beiträge zum Schutz und Erhalt
naturnaher Gewässer geleistet.
Zum Hintergrund:
Der Wassersport und Wassertourismus gehört zu den
Wachstumsbranchen in Deutschland und Europa. Rund 20 Mio.
Deutsche verbringen jährlich Urlaub oder Freizeit rund ums
Wasser. Laut Bundeswirtschaftsministerium sind 80 Prozent der
14- bis 70-jährigen an wassertouristischen Aktivitäten
interessiert. Mehr als sechs Millionen Bundesbürger üben eine
Wassersportart (Segeln, Motorboot fahren, Kanu/Kajak, Rudern,
Tauchen, Wind- und Kitesurfen) regelmäßig in ihrer Freizeit
und/oder während des Urlaubs aus. Hunderttausende nutzen die
Angebote der Personenschifffahrt für erlebnisreiche Momente auf
dem Wasser oder für Angel- und Tauchfahrten. Der Umsatz an
maritimen Gütern und Dienstleistungen betrug 2015 1,82
Milliarden Euro, die ökonomischen Effekte liegen um ein
Vielfaches höher.
Städte und Gemeinden entwickeln ihre Wasserlagen. Die Regionen
investieren in die Entwicklung des Wassertourismus.
Mit seiner gut ausgebauten maritimen Infrastruktur sowohl an
der Küste als auch im Binnenland hat sich Deutschland als
wichtige wassertouristische Destination etabliert und bietet
gleichzeitig weitere Wachstumschancen für die Zukunft.
Zusätzliche Wachstumschancen ergeben sich vor allem im
Binnenbereich. Deutschland verfügt über die größte
zusammenhängende Wasserfläche in Europa mit naturnahen
Erlebnisräumen und damit über eine große Attraktivität für in-
und auch ausländische Touristen. Diese positive Entwicklung
gilt es abzusichern und vorhandene Wachstumspotenziale zu
nutzen.
Involvierte Verbände und Institutionen:
• Allgemeiner Deutscher Automobil-Club
e.V. (ADAC)
• Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V.
(BVWS)
• Deutscher Boots- und Schiffbauer-Verband
(DBSV)
• Deutscher Kanu-Verband e.V. (DKV)
• Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V.
(DLRG)
• Deutscher Motoryachtverband e.V.
(DMYV)
• Deutscher Olympischer Sportbund e.V.
(DOSB)
• Deutscher Ruderverband e.V. (DRV)
• Deutscher Segler-Verband e.V. (DSV)
• Deutscher Tourismusverband e.V.
(DTV)
• Deutscher Wasserski- und Wakeboardverband
e.V. (DWWV)
• Bundesverband Kanu e.V. (BVKanu)
• Verband Deutscher Sporttaucher e.V.
(VDST)