06.03.2020 | Kanu-Rennsport

Der Anfang des Kanusports bei den Olympischen Spielen

Berlin 1936 - Faltboote beim olympischen Debüt im Kanu-Rennsport.
Rennen der Einer-Canadier bei den Olympischen Spielen 1936

Faltboote, ein österreichischer Orgelbauer und ein Athlet, der sein eigenes Boot bauen musste, weil er zu groß war, um in traditionelle Kanus zu passen, waren Teil des ersten offiziellen Auftritts des Kanu-Rennsports bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin.

Der Kanu-Rennsport war 1924 ein Demonstrationssport gewesen, aber es dauerte weitere drei Spiele, bis er offiziell in das Programm aufgenommen wurde.

Kurzvideo von den Kanu-Wettbewerben 1936 auf Youtube

Insgesamt neun Wettbewerbe standen dann beim Debut 1936 auf dem Programm. Darunter gab es auch zwei Rennen für Faltkajaks. 119 Athleten aus 19 Nationen nahmen an den Kanu-Wettbewerben teil. Österreich gewann die Medaillenwertung vor Deutschland. Insgesamt teilten sich acht Nationen die 27 Medaillen. Im Jahr 1936 waren die Wettkämpfe eine reine Männerdomäne. Die Rennen wurden über 1000 und 10.000 Meter ausgetragen.

Der Schwede Erik Bladstram war mit 18 Jahren der jüngste Athlet im Wettbewerb, während der 40-jährige William Gaehler aus den USA der älteste war.

Der Star des Jahres 1936 war der Österreicher Gregor Hradetzky, ein 27-jähriger Orgelbauer, der den Sport erst als 17-Jähriger erlernte. Er hatte sich aber bereits als außergewöhnlicher Sportler einen Namen gemacht, da man ihm aus dem Wintersport vom Langlauf und vom Skispringen kannte. Tatsächlich versuchte er sich auch für die Olympischen Winterspiele 1936 zu qualifizieren, musste sich jedoch wegen einer Handverletzung absagen. Hradetzky kam als zweifacher Europameister im F1 10.000 m nach Berlin und bestätigte diese Form mit einem beeindruckenden Sieg. Er gewann darüber hinaus auch den K1 1.000 m und war damit der zweite Österreicher, der bei den Olympischen Sommerspielen zwei Goldmedaillen gewann. Kein Österreicher hat dieses Kunststück seitdem wiederholt. Wie bei viele anderen Athleten beendete der zweite Weltkrieg Hradetzkys sportliche Karriere. Nach dem Krieg übernahm er das Familienunternehmen für Orgelbau und wurde international für die Qualität seiner Arbeit anerkannt. Seine Firma baute Orgeln für die USA und Japan. Sogar die Orgal in der Oper in Sydney entstammt dem Familienunternehmen. Hradetzky erhielt 1981 den olympischen Orden in Bronze und ist bis heute der erfolgreichste österreichische Kanu-Rennsporter aller Zeiten. Er starb 1984.

Interview mit Hradetzky auf Youtube

Frank Amyot gewann 1936 Kanadas einzige Kanu-Rennsport-Goldmedaille im C1 1000 der Männer. Sein Weg zum olympischen Ruhm war allerdings schwierig. Er war zu arm, um sein eigenes Kanu zu kaufen, als er mit dem Sport begann. Außerdem war er zu groß, um in die meisten anderen verfügbaren Boote zu passen, also baute er sein eigenes. Amyot war bereits ein kanadischer Held. Im Juni 1933 rettete er zwei Mitglieder der Fußballmannschaft der Ottawa Rough Riders vor dem Ertrinken im Lake Deschenes, nachdem ihr Kanu umgekippt war. Er kam als Kapitän und Manager der kanadischen Delegation nach Berlin, musste aber mit seinem eigenes Geld sämtliche Kosten für die Spiele bezahlen. Es war gut angelegtes Geld. Obwohl er bis zu seiner Ankunft in Deutschland nicht im C1 trainiert hatte, triumphierte er in einem Sechs-Mann-Feld und holte Kanada die einzige Goldmedaille der Olympischen Spiele in Berlin. Überraschenderweise schied er in seiner Lieblingsdisziplin dem Einer-Kajak in den Vorläufen aus. Amyot begann später eine erfolgreiche Karriere als Sportverwalter und setzte sich unermüdlich für die Finanzierung von Athleten ein, um an den Olympischen Spielen teilnehmen zu können. Er wurde 1949 in die Canadian Olympic Hall of Fame und 1955 in die Canadian Sports Hall of Fame aufgenommen.

Das Finale der Einer-Canadier 1.000m bei den Olympischen Spielen 1936 auf Youtube

Der Bergsteiger und Langlaufmeister Ernst Krebs gewann Einzelgold für das deutsche Team in Berlin. Der 29-jährige Deutsche triumphierte im Einer-Kajak über 10.000 Meter.

Kajakrennen bei den Olympischen Spielen 1936 auf Youtube.

Und die Faltboote? Diese hatten ihren einzigen Auftritt bei Olympischen Spielen mit den Rennen in F1 und F2 über 10.000 Meter. Die Boote hatten einen Holzrahmen im Inneren, was bedeutete, dass sie zur Lagerung oder zum Transport fast flach verpackt werden konnten. Zu dieser Zeit war das revolutionär. Allerdings waren sie nie wieder im Programm der Olympischen Spielen.

Quelle: www.canoeicf.com

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