04.08.2021 | Thomas Konietzko Blog

Der Blick ins deutsche Kanu-Team

#tokoblog (13) So langsam lassen die Ratlosigkeit und schlechte Laune nach. Keine fünf Stunden nach dem doch für viele von uns enttäuschenden Ergebnissen kommt langsam wieder Zuversicht im Team auf. „Ich habs verka…t – ich nehme die Schläge“ war das erste, was Jacob Schopf am Steg sagte.
Sebastian Brendel und Tim Hecker feiern ihre Bronzemedaille

Analysiert man sein Rennen genau, so hat er tatsächlich am Start fast zwei Sekunden verloren und auf der Strecke fast aufgeholt. Keine drei Stunden nach seinem Rennen hat er schon wieder mit seinem Partner im K2 Max Hoff trainiert und war guter Dinge.

Tim Hecker hat nach seiner Siegerehrung gestrahlt und sich über Bronze gefreut. Bastian war noch ein bisschen am Grübeln, weil er mit seiner Erfahrung schon gefühlt hat, dass nicht viel zu einer besseren Platzierung fehlte. Wie ich Basti kenne, motiviert ihn das noch zusätzlich für sein C1 Rennen am Samstag.

Die Mädels brauchen noch ein wenig mehr Zeit, ihre Rennen zu analysieren. Gerade der erste deutsche Zweier mit Hering und Dietze hat ein super Halbfinale gefahren, ist super gestartet und am Ende des Rennens durchgereicht worden. Ich bin mir sicher, dass Lars Kober die Mädels bis zum Viererrennen wieder aufbaut und wir dort unsere Chance nutzen werden.

"Krone richten und weiter" muss jetzt die Devise im Team sein. Wir haben noch mindestens vier realistische Medaillenchancen, auf die wir uns konzentrieren müssen. 

Gerade der Doktor in unserem Team ist für die gute Laune verantwortlich und versucht, alle wieder aufzumuntern. Unser Team ist relativ klein, jede Disziplingruppe hat einen Trainer, hinzu kommen der Cheftrainer und die Diagnosetrainerin sowie ein Mannschaftsarzt, ein Bootsbauer und ein Physio.

Doc Cassel sitzt immer nur rum, macht nichts 😊, aber muntert das Team auf. Wäre es anders, müssten wir uns Sorgen machen, weil irgend jemand krank ist. Er ist die gute Seele im Team und Ansprechpartner für eigentlich alle Probleme. Die Mädels heulen sich bei ihm aus und die Jungs fragen nach Rat.

Wenn es dann in der Vorbereitung trotzdem mal gesundheitliche Probleme gab, konnte man ihn zu jeder Zeit anrufen. Egal ob früh um 2 Uhr oder abends um 11 Uhr, der Doc war ansprechbar und setzte sich, wenn es ernst war, sofort ins Auto, egal, wie weit er fahren musste. Hier in Tokio kümmert er sich um Essen und Getränke, ist sich nicht zu fein, für die Sportler zu servieren und hat ein wachsames Auge darauf, dass jeder Sonnencreme nutzt und nicht zu lange in der Sonne bleibt.

 

Dirk Böhme ist unser Bootsbauer und begleitet den Bau der Olympiaboote vom Entwurf bis zum Wettkampf. Unsere Boote sind ja nicht von der Stange, zumindest die meisten. Nur sehr wenige unserer Athleten entscheiden sich dafür, andere Boote als die von der FES zu nutzen. FES ist übrigens die Abkürzung für "Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten".

Hier werden in Berlin alle unsere High Tech-Sportgeräte in allen Disziplinen gebaut. Unsere Sportler können, müssen aber nicht diese Boote nehmen. Und trotzdem sind die meisten der hier eingesetzten Boote, alle Mannschaftsboote und einige Einer FES-Boote. Jeweils zwei Jahre vor den Spielen wird angefangen, nachdem man die ersten zwei Jahre nach den Spielen versucht hat auszuwerten, was noch an den Booten zu verbessern ist, die Boote für die Olympiaflotte zu bauen. Dem gehen lange Gespräche mit Trainern und Athleten voraus, damit Böhmi weiß, wo er ansetzen muss, um zu optimieren.

Dann werden die ersten Bootsformen gebaut, die Boote in den Formen laminiert und das Zubehör bis ins kleinste Detail angepasst. Ca. 1,5 Jahre vor Olympia gibt es die ersten Tests, manchmal wird alles wieder eingestampft und von vorne gebaut. Im Jahr vor den Spielen gibt es Testfahrten und jedes Boot wird in zwei bis drei Ausführungen gebaut.

Zum Glück für uns, siehe das Drama um unseren Vierer.

Übrigens hat mir Böhmi erzählt, dass das Team sich lange nicht zwischen dem jetzt hier genutzten Ersatzvierer und dem zerstörten entscheiden konnte. Beide hatten sich gut angefühlt, so dass der jetzt hier genutzte und frisch eingeflogene Ersatzvierer keine große Umstellung bedeutet. Hinzu kommt, dass Böhmi das Equipment aus dem kaputten K4 ausgebaut und in den Ersatz-K4 eingebaut hat.

 

Einer der Wichtigsten im Team ist unser Physio Thorsten. Er hat die lange Reise mitgemacht und ist hier wie kaum ein anderer gefordert. Gestern musste er in nicht mehr als zwei Stunden sowohl den C2 als auch den K1 und den K2 zwischen Halbfinale und Finale durchkneten. Er ist der, der als erster mit der Arbeit beginnt und als letzter aufhören darf.

Heute standen die Vorläufe im C1 der Damen über 200 m und im K1 der Damen über 500 m an. Wind von hinten rechts, nicht Neues, aber immer wieder gerade im Canadier eine Herausforderung. Lisa Jahn mit einem vierten und Sophie Koch mit einem fünften Platz haben sich für den Hoffnungslauf qualifiziert und wollen heute Nachmittag angreifen um morgen im Halbfinale dabei zu sein.Hier wäre eine Qualifikation für das Finale schon eine tolle Sache.

Jule Hake hat sich den Weg über den Zwischenlauf erspart und mit einem dritten Platz im K1 der Damen bereits die Quali für das Halbfinale geschafft. Sabrina Hering-Pradler hat der zweimaligen Olympiasiegerin aus Neuseeland Lisa Carrington einen harten Kampf geliefert und hat sich als Zweite ebenfalls den Hoffnungslauf erspart.

 

Gerade ist auch der Hoffnungslauf der Damen gestartet worden. Sophie wurde knappe Vierte und kann sich jetzt auf den Zweier konzentrieren. Lisa hat sich als Zweite für das morgige Halbfinale qualifiziert. Die Teammitglieder, die gerade nicht dran sind, feuern aus der Athleten-Lounge an und gönnen sich danach eine Auszeit.

Souverän hat sich der K2 mit Max Hoff und Jacob Schopf als Zweiter für das morgige Halbfinale qualifiziert. Aber nicht erschrecken, die beiden sollten und haben nur soviel gemacht, wie sie mussten. Ich habe gerade mit Jacob gesprochen. Er sagte mir, dass sie auf ihren Zwischenspurt verzichtet haben und zehn Meter vor dem Ziel die Schlagzahl rausgenommen haben, da hier die Quali schon sicher war. Max hat gerade mit seiner Freundin telefoniert und mit ihr wohl im Detail sein Rennen ausgewertet.

 

Freuen wir uns auf die Halbfinals und Finals morgen ab 9.30 Uhr (2:30 Uhr MEZ)

Euer Thomas


 

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