22.12.2021 | Kanu-Slalom

Der Medaillen-Vater

Wegen der Verschiebung der Olympischen Spiele in Tokio fanden erstmals auch Weltmeisterschaften im selben Jahr statt. Das Ergebnis: Ein wahrscheinlich nicht zu wiederholender Medaillenregen für Apels Schützlinge.
Das obligatorische Bad des Trainers: Hier von Thomas Apel in Tokio nach dem Olympiasieg von Ricarda Funk. Foto: Philipp Reichenbach

Was für eine Saison. Olympia-Gold, Olympia-Bronze, zwei WM-Titel, zweimal WM-Silber – der Augsburger Trainer Thomas Apel hat mit seinen Athleten Ricarda Funk, Elena Lilik und Hannes Aigner bei den Wettkampf-Höhepunkten ganz groß abgeräumt. Doch wer angesichts dieser Erfolgsliste glaubt, der Coach flippt aus, wird enttäuscht. Apel ruht in sich. Klar, er ist stolz auf das Erreichte. Wenn er über die Saison spricht, leuchten immer wieder seine Augen, ein verschmitztes Lächeln umspielt seinen Mund. Doch Höhe bekommt Apel nicht.

Der Kanu-Slalom bestimmt das Leben des 48-Jährigen. Bereits als Kind begann der gebürtige Rudolstädter mit dem Paddeln. „Bis zu meinem 18. Geburtstag habe ich das mit annehmbaren Erfolg betrieben“, erzählt der zweimalige DDR-Junioren-Meister. In den Wende-Wirren 1989/90 rückte der Sport etwas in den Hintergrund. Zunächst lernte Apel in einer Berufsausbildung mit Abitur Mess- und Regeltechnik, um ab 1995 in Jena Sportwissenschaften auf Magister mit den Nebenfächern Pädagogik und Psychologie zu studieren. Nachdem es mit Anstellungen als Landestrainer in Thüringen und Sachsen nicht geklappt hatte, absolvierte Apel noch sein Diplom-Studium der Sportwissenschaften mit Schwerpunkt Leistungssport und wechselte im Juni  2001 praktisch vom Hörsaal an den Eiskanal nach Augsburg, wo er mischfinanzierter Trainer am Olympia-Stützpunkt Bayern und zudem für den U23-Bereich im Deutschen Kanu-Verband zuständig wurde. Seitdem ist das bayrische Schwaben der Lebensmittelpunkt der Familie Apel.

20 Jahre arbeitet Thomas Apel nun als Trainer – seit 2009 als Bundestrainer Kajak – und brennt weiter für den Job. „Es ist die Sportart, die mich reizt. Sie ist vielfältig, freizügig in Sachen Kreativität. Es gibt bei uns so viele Freiräume und Möglichkeiten, zum Erfolg zu gelangen, wo du dich als Trainer mit deiner Kreativität einbringen kannst. Du kannst im Kanu-Slalom an so vielen Rädchen drehen, dass du im Endeffekt zwar jedes Jahr das Gleiche machst, nur eben anders. Und deshalb ist der Trainerjob für mich noch nie langweilig geworden“, berichtet Apel, der auch noch eine zweite Seite des Bundestrainer-Daseins als sehr positiv für sich nutzt: Das Reisen. „Wenn ich eine Leidenschaft habe, dann sind es Reisen. Und da besonders Safaris. Wir waren schon sechsmal in Südafrika, zuletzt im Herbst. Wenn ich in den Krüger-Nationalpark hineinfahre, vergesse ich sofort alles andere. Da kann ich wunderbar abschalten.“

Vor wenigen Jahren wurde der gebürtige Thüringer vor eine neue, durchaus diffizile Herausforderung gestellt. Tochter Elena rückte als erfolgreiche Juniorin in seine Trainingsgruppe auf. Sie hatte als beobachtendes kleines Kind an der Arbeit des Vaters und am Paddeln Gefallen gefunden und es wie ihre jüngere Schwester Emily den Weg zum Kanu-Slalom gefunden. „Die ersten Paddelschläge habe ich ihnen beigebracht, aber danach war ich dann raus. Sie haben die ganz normale Entwicklung über die einzelnen Altersklassen im Verein genommen, ohne dass ich da irgendwie involviert war“, erzählt Apel, der sportlich auf vielen Ebenen mitreden kann. So spielte er in der Stadtliga Volleyball, stand auch im Handball-Tor und hat auch ein Faible für das Schachspielen entdeckt.

In der täglichen Arbeit mit Elena habe er einen guten Draht gefunden. „Es gehört zu meinen Trainer-Maximen, dass ich jeden Sportler abhole, ihm das vermittle, was er braucht und von daher keine Unterschiede bei den Verfahrensweisen oder der Behandlung mache. Von mir bekommt jeder Sportler das Gleiche: Nämlich 100 Prozent von mir als Trainer.“ Das gleichzeitige Trainer- und Vater-Sein wären aber dennoch zwei Ebenen. „Und das haben wir ganz gut geschafft, glaube ich, diese Ebenen zu trennen.“

Mit Elena, die eine der wenigen Doppelstarterinnen auf internationaler Ebene ist, hat die Arbeit des Kajak-Bundestrainers einen weiteren neuen Aspekt gefunden. Denn Apel betreut seine Tochter auch im Canadier. „Ganz neu ist das für mich nicht, denn schon als U23-Trainer hatte ich Canadier-Fahrer in der Gruppe. Wenn man für sich die Herausforderung annimmt, ist es gar nicht so viel anders.“ Elena sei mit dem Paddelwechsel groß geworden. „Man kann viel von dem, was man im Kajak lehrt und lernt, auch auf den Canadier übertragen. Da gibt es viele Synergieeffekte und das ist eben die Kreativität, die den Kanu-Slalom ausmacht.“ Elenas WM-Erfolg – Silber im Kajak und Gold im Canadier – zeigt, dass der Coach die richtige Mischung bei der Arbeit gefunden hat.

Und die nächste Herausforderung wartet bereits. Ab Paris 2024 ist Extremslalom olympisch. „Wir gehen davon aus, dass die Slalom-Kanuten bei Olympia auch Extreme fahren werden. Von daher ist es die Aufgabe des Trainers, sich auch da reinzufuchsen. Bei den Weltcups und der WM haben wir die Betreuung und die Beschäftigung mit der Disziplin schon etwas forciert. Jetzt müssen wir uns Gedanken machen, wie man das im Training verbinden kann. Die Professionalisierung im Extreme-Bereich wird mit ganz großen Schritten voranschreiten“, betont Apel.

Es wird also nicht ruhiger in der Arbeit von Thomas Apel, zumal die nächsten Höhepunkte die Schatten vorauswerfen. Im nächsten Jahr ist Augsburg Ausrichter der Slalom-WM. „Und da wollen wir natürlich wieder erfolgreich sein. Allerdings: So eine Saison wie diese wird es wohl nicht noch einmal geben. So etwas ist nicht planbar“, sagt Apel.  

Text: Uta Büttner

Safaris sind die Leidenschaft von Thomas Apel. (Foto: privat)

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