03.08.2021 | Thomas Konietzko Blog

Die lange Reise: Eine Zeit voller Entbehrungen

#tokoblog (12) Heute beginnt für unser Kanu-Rennsport-Team Deutschland der Endspurt einer Reise, die ziemlich genau zwei Jahre dauerte.
Glückwünsche für Sebastian Brendel

September 2019, Auftakttrainingslager in die Olympiasaison in Kienbaum - wohl keiner hatte bis dahin das Wort „Covid" gehört. Grundlagentraining in Florida bis kurz vor Weihnachten, zwei Wochen zu Hause und im Januar wieder für fast sechs Wochen nach Florida, Kienbaum, Sevilla - und plötzlich Stopp und zu Hause warten, was passiert. Trotzdem so viel wie möglich trainieren, um in Form zu bleiben, und immer dabei: die Angst vor dem Virus. 

Alles wurde 2020 nochmals gespiegelt. Ende September Auftakttrainingslager in den Alpen - erste Verletzungen - Kienbaum - die Türkei bis Weihnachten - wieder die Türkei nach Weihnachten - einige Tage zu Hause - Kienbaum - Quali - Weltcup - Trainingslager und dann fünf Wochen direkte Olympiavorbereitung in Duisburg.

Nie länger als zwei Wochen am Stück im letzten Jahr zu Hause gewesen und immer das Ziel Tokio vor den Augen.

Und jetzt hier wird sich zeigen, ob sich all die Mühen und persönlichen Entbehrungen ausgezahlt haben. Alle, ob Sportler oder Trainer, beklagen sich nicht, weil sie Freude am Kanusport habe und gewinnen wollen.

Es war eine Zeit voller Entbehrungen, aber auch voller Erinnerungen, die wahrscheinlich ein Leben lang bleiben.

Wer diesen Sport betreibt, weiß, dass er nur mit einem optimalen Training erfolgreich sein kann. Es gibt keine halben Sachen, und nur wer sich komplett diesem Sport verschreibt, kann erfolgreich sein. Keiner unserer Sportler wird mit dem Kanusport reich. Nur die wenigsten dürfen bei Olympischen Spielen an den Start gehen.

Die meisten unserer Sportler sind bei der Polizei oder der Bundeswehr angestellt oder befinden sich in einer Ausbildung bei der Bundespolizei. Sie bekommen ein auskömmliches Gehalt ihres Dienstgrades entsprechend, aber auch nicht mehr als vergleichbare Dienstgrade im Polizei- oder Armeedienst. Einige unserer Sportler befinden sich in der Ausbildung oder im Studium. Andere haben schon gearbeitet, meistens halbtags, und sich im vorolympischen Jahr freistellen lassen.

Zum Gehalt kommt meistens noch vom Verein eine monatliche Unterstützung dazu und abhängig vom Abschneiden bei den Wettkampfhöhepunkten eine dauerhafte monatliche Unterstützung der Deutschen Sporthilfe. Ich habe nie exakt gefragt, glaube aber, der Realität ziemlich nahe zu sein, wenn ich sage, dass das Durchschnittseinkommen unserer Olympiateilnehmer bei ca. 3.500 bis 4.000 Euro brutto im Monat liegt. Einige wenige werden mit Sponsor-Einnahmen höher liegen. Also vergleichbar mit gut dotierten Facharbeitern. Vielleicht auch gut, dass Geld in unserem Sport nicht als Motivation herhalten muss und kein Ziel der täglichen Quälerei ist.

Am Ende schaffen es nur die Wenigsten, die am Anfang die lange Reise nach Tokio mit begonnen haben, zu den Spielen. Ca. 45 Sportler, alle mit einer Chance, sich für Olympia zu qualifizieren, nahmen im vergangenen Jahr am Auftakttrainingslager teil. Davon sind nun 17 übrig geblieben, die hier um Medaillen kämpfen.

Einige, die jetzt zu Hause sitzen, vielleicht Martin Hiller oder Peter Kretschmer mal neben vielen anderen, die ich erwähnen müsste (beispielhaft erwähnt), wissen genau, dass, wenn Jacob Schopf oder Conrad Scheibner hier um Medaillen mitfahren, sie auf dem gleichen Leistungslevel waren und manchmal Zehntelsekunden über Tokio oder "zu Hause bleiben" entschieden haben. Diese starken Trainingsgruppen, die tägliche Konkurrenz macht uns stark und deshalb haben alle, die es versucht, aber nicht geschafft haben, sich zu qualifizieren, einen wichtigen Anteil an unserem hoffentlich erfolgreichen Abschneiden.

  

Die Semifinals heute waren ein guter Einstieg. Bis auf unseren zweiten K2 der Damen haben sich alle Boote souverän qualifiziert. Zeiten und Platzierungen sagen nichts, da hier meistens taktiert wurde. Gleich zählen die Finals. 

Hier bin ich dann raus zum Schauen der Finals gegangen und mittlerweile wissen wir alle, dass wir am heutigen Tag mehr erwartet haben.
Das Finale im C2 war knapp, kein Vorwurf an die Jungs, wir hätten gedacht, dass die Chinesen viel weiter vorn sind. Ein tolles Finale und Bronze gewonnen. Klar wollten sie Gold, und das war auch im Bereich des Möglichen. Man muss mit Respekt anerkennen, dass die Chinesen und Kubaner heute das kleine Quäntchen besser waren.

So wie viele der Goldmedaillenkandidaten tat sich Jacob Schopf im Finale von Anfang an schwer. Erst ein Fehlstart und dann zu spät aus dem Start gekommen, hatte er von Anfang an eine Länge Rückstand. Zwischenzeitlich sah es gar nicht gut aus, aber Jacob kämpfte sich noch heran. Mit einem starken Endspurt war er sich sicher, eine Medaille gewonnen zu haben, und musste nach der Auswertung des Zielfotos feststellen, dass es nur der undankbare Vierte war. Auch, wenn die Ungarn auf Platz 1 und 2 nicht viel älter sind, kann er das unter Erfahrung abbuchen und hat seine beste Zeit noch vor sich.

Traurig waren unsere Damen nach dem Zweier-Rennen. Beide Boote hielten in allen Rennen immer bis zur 300 m-Marke mit. Am Ende konnten unsere Boote weder im A-Endlauf noch im B-Endlauf im Finale um die Plätze mitfahren. Allerdings lässt die Leistung der beiden Boote Hoffnung, im K4 mit um Medaillen zu kämpfen. 

Man sagt immer, dass die Besten über 300 m den Vierer über 500 m stellen sollen. Geht man von den Rennverläufen aus, so könnte das passen und mit viel Glück für eine Medaille reichen. 

War nicht unser Tag und ich bin sofort zum Team, um es aufzumuntern. Viel wurde im Teambereich nicht gesprochen und alle hingen ganz schön durch.

Aber wir haben noch zwei Finaltage und einige Medaillenchancen, auf die wir uns jetzt konzentrieren müssen.

Morgen geht es ab 10.05 Uhr (3:05 Uhr MEZ) im C1 der Damen um die Semifinals und 11.22 (4:22 Uhr MEZ) sind unsere K2 Herren das erste Mal dran.
 

Sebastian Brendel und Tim Hecker paddeln zu Bronze
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