03.12.2019 | Kanu-Slalom

Erik und Stefan Pfannmöller: „Der Vergleich mit anderen ist irrelevant“

Interview mit den ehemaligen weltklasse Slalomkanuten
Erik und Stefan Pfannmöller

Erik und Stefan Pfannmöller gewannen als Weltklasse-Athleten im Kanu-Slalom WM- und Olympia-Medaillen. Nach der sportlichen Karriere suchten sie neue Herausforderungen als Start-up-Gründer in der freien Wirtschaft, bauten millionenschwere Unternehmen auf. Ein Gespräch im Rahmen der Sporthilfe Start-up Academy.

Deutsche Sporthilfe: Stefan, Erik, Ihr seid nicht nur Brüder, sondern habt auch die gleiche Sportart betrieben und seid zudem inzwischen beide als Unternehmer tätig. Vergleicht Ihr Euch ständig miteinander?

Erik: Durchaus. Ich finde es zum Beispiel blöd, dass Stefans Wikipedia-Artikel häufiger aufgerufen wird als meiner. (lacht)

Stefan: Im Sport war es ein Vorteil, dass wir aufgrund des Altersunterschieds nie direkt gegeneinander im Wettkampf standen. Jeder hatte da seine eigenen Erfolge. Und jetzt im Unternehmertum merken wir, wie irrelevant der Vergleich mit anderen ist. Formel-1-Rennfahrer Lewis Hamilton sagt immer, er versuche, die beste Version seiner selbst zu sein. Heißt, das einzige, an dem man arbeiten kann, ist man selbst. Es gibt immer jemanden, der besser ist, aber das sollte als Motivation dienen.

Erik: Ich würde deshalb schon sagen, dass wir kompetitive Menschen sind. Aber es ist wichtig, bei sich zu bleiben und darauf zu schauen, was man selbst schafft. Ich freue mich, wenn Stefan erfolgreich ist. Wir sehen das als gemeinschaftlichen Familienerfolg.

Deutsche Sporthilfe: Nach Weltklasseniveau im Sport musstet Ihr als Unternehmer zunächst wieder ganz klein anfangen. Wie schwer fiel dieser Neustart?

Erik: Die Umstellung ist schwierig. Es wird dir nichts geschenkt. Sport ist eher Schwimmen im Pool, in der Wirtschaft ist es ein Haifischbecken.

Stefan: Am Anfang empfand ich das als riesen Problem. Es gibt erst einmal keinerlei Anerkennung. Als Sportler bekomme ich, wenn ich erfolgreich bin, soziale Anerkennung und Wertschätzung in Form einer Medaille. Das gibt es als Unternehmer nicht.

Erik: Doch, ich finde, das gibt es schon. Nämlich, wenn ein großer Kunde einen Vertrag unterzeichnet, das ist dann ähnlich wie eine Medaille. Aber ansonsten passiert es in der Tat selten, dass jemand sagt: „Das ist aber toll, was ihr da macht.“ Deshalb muss man selbst definieren, was man als Erfolg wahrnimmt und sich Ziele setzen.

Stefan: Das musste ich aber erst lernen. Man arbeitet ohne Ende, aber keiner sagt einem, dass es gut ist, was man tut. Aus dem Grund ist es auch so wichtig, dass die Sporthilfe einen Blick auf die Karriere nach dem Sportlerdasein wirft.

Deutsche Sporthilfe: Warum habt Ihr Euch beide für das Unternehmertum entschieden, was fasziniert Euch daran, denn es ist ja auch Risiko-behaftet?

Erik: Ich glaube, Unternehmer zu sein ist eine Sache, die steckt in einem drin. Als ich das Gefühl hatte, im Sport alles erreicht zu haben, spürte ich eine Unzufriedenheit und wollte nach etwas Neuem streben. Mein Bruder ist viereinhalb Jahre älter, bei ihm habe ich gesehen, wie es ist, Unternehmer zu sein. Dadurch ist der Wunsch auch in mir gewachsen. Im Leben kommt es nicht auf Sicherheit an, sondern darauf, etwas zu erreichen und etwas zu tun. Ich habe nie daran gezweifelt, dass es das Richtige für mich ist.

Stefan: Ich habe Ideen und will diese umsetzen. Ich habe ein ziemlich gutes Gefühl, ob ich links oder rechts gehen muss. Das ist, glaube ich, eine wichtige Führungseigenschaft. Ich schaffe es auch, Menschen zu begeistern und mitzureißen. Und ich ordne mich nicht so gerne unter, sondern bin lieber selbst der Chef.

Deutsche Sporthilfe: Welche Rolle spielt dabei das Geld-Verdienen?

Stefan: Geld ist das Mittel, mit dem du Sachen verändern kannst. Dabei geht es aber nicht um das Interesse, reich zu werden. Die Bedeutung von Kapital ist für mich nicht der Konsum, sondern Unternehmen oder Organisationen aufzubauen, mit denen man etwas verändern kann. Wenn man die Welt verändern möchte, braucht man dazu Kapital, und mit mehr Kapital kann man auch mehr verändern. Unsere Eltern sind Wissenschaftler, da schaue ich immer neidisch drauf, sie entwickeln etwas, können die Welt zum Beispiel mit einem Katalysator verändern. Wissenschaftler haben Ideen, und Unternehmen führen diese dann aus. Es gibt da viele Wege. Egal, ob Wissenschaftler, Unternehmer, Künstler oder Sportler - jeder ist Vorbild an verschiedenen Stellen.

Deutsche Sporthilfe: Habt Ihr das Gefühl, dass Ihr aufgrund Eurer sportlichen Erfolge beim Berufseinstieg anders behandelt oder bevorzugt wurdet?

Erik: Sport ist ein super Türöffner. Dadurch erhält man einen Vertrauensvorsprung, kommt leicht ins Gespräch und mögliche Investoren stehen einem positiv gegenüber.

Stefan: Ich glaube auch, ich hätte nie Geld von einem Investor bekommen, hätte ich nicht die Olympiamedaille gewonnen, von daher hat sich diese gleich mehrfach bezahlt gemacht. Ich habe meine Stärken als Sportler ausgespielt. Damals wurde studi.vz als heißestes Start-up in Deutschland gehandelt, und ich dachte mir: „Wieso gibt es sowas nicht für Sportler?“ Als Sportler ein Netzwerk für Sportler zu kreieren, das war mein USP. Deshalb konnten wir im Pitch vor den Investoren mit „Netzathleten“ auch schnell überzeugen. Sport ist super positiv besetzt, und die Menschen nehmen einen entsprechend wahr. Prominente Sportler, wie beispielsweise ein Felix Neureuther, könnten ohne Probleme eine Marketingagentur aufbauen.

Deutsche Sporthilfe: Wie wichtig ist Fachwissen dabei?

Stefan: Am Anfang ist es wichtig, sich Fachwissen anzueignen, auch über Arbeitsverträge etc., aber irgendwann ist das trivial. Natürlich weiß ich, dass ein Unternehmen gut läuft, wenn es Gewinn macht, dazu muss ich keine fünf Jahre BWL studieren. Wichtiger sind grundlegende Eigenschaften wie Zielstrebigkeit, Optimismus. Ich bin am Anfang einfach ins kalte Wasser gesprungen. Man lernt in solchen Situationen am schnellsten, hat Lernkurven wie nirgendwo anders.

Erik: Als Anfänger muss man aber brutal aufpassen. In meine erste Firmengründung bin ich sehr blauäugig gegangen. Da habe ich die Erfahrung gemacht, dass man im Geschäftsleben knallhart übers Ohr gehauen wird, wenn man sich nicht vorher überlegt, ob der andere den gerade unterzeichneten Vertrag missbrauchen könnte. Ich habe damals im wahrsten Sinne des Wortes Lehrgeld bezahlen müssen. Seitdem habe ich mir angewöhnt, ein „Was wäre wenn“-Szenario durchzuspielen.

Stefan: Es schadet nicht, wenn man als junger Mensch erstmal nichts zu verlieren hat und das Risiko ein bisschen hochdreht. Dann kommen auch erst einmal viele Probleme und die ein oder andere schlaflose Nacht. Aber irgendwann merkt man, dass sich die Welt trotzdem weiterdreht und es für alles eine Lösung gibt. Das ist spannend. Man kann mit allen Problemen auch die Welt entdecken. Ich sage immer, Unternehmer sind Problemlösungsmaschinen, und das ist etwas Tolles.

Deutsche Sporthilfe: Was war die größte Hürde vor der Ihr – aus beruflicher Sicht – standet?

Erik: Die größte Herausforderung ist es, wenn man als Geschäftsführer keinen Ausweg mehr sieht und trotzdem die Energie aufbringen muss, die Probleme zu lösen, jeden Tag aufs Neue. Ich sage immer, es gibt einen „Hell-yeah“-Tag und neun „Shit-no“- Tage. Aus diesem einen guten Tag muss man wieder neue Energie schöpfen. Diese Energie aufzubringen ist die größte Herausforderung, als Unternehmer muss man immer ans Limit gehen.

Deutsche Sporthilfe: Wohin führt Euch das, welche Ziele verfolgt Ihr weiter?

Erik: Jeder gute Unternehmer führt eine Liste mit möglichen Ideen für neue Projekte, auch wenn er gerade eine Firma hat. Auch ich habe jetzt schon neue Ideen und würde gerne die nächste Firma gründen, aber man muss sich als Unternehmer auch fokussieren.

Stefan: Mein unternehmerisches Denkmal habe ich noch vor mir, was auch immer das bedeutet. Ich versuche, immer innovative Geschäftsmodelle und Start-ups zu entwickeln. Dabei spielt Geschwindigkeit eine wichtige Rolle. Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.

Quelle: Deutsche Sporthile

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