Von Jürgen Stecher
Als Alternative bieten sich die Bergseen an. Sie haben sogar noch Badetemperaturen. So kommen statt der kurzen Wildwasserboote die langen Seekajaks auf das Auto.
Die Jakobinsel auf dem Staffelsee vom Morgenlicht umspielt. |
liegt als erster auf dem Weg. Von etwas oberhalb rollen wir durch voralpine Landschaft auf den See zu. Ruhig liegt er vor uns. Die Berge spiegeln sich und die sieben Inseln liegen wie verwunschen in der weiten Wasserfläche verstreut. Darüber wölbt sich ein weiter blauer Himmel. Oberbayern wie aus dem Bilderbuch.
Beim Ausfluss der Uffinger Ache ist ein guter Startplatz. Mit ein paar Schlägen verlassen wir die Enge des Baches und kommen hinaus auf die Weite des Sees. Es ist windstill, Ursels schlanker Eski durchschneidet das Spiegelbild und hinterlässt kleine Wellen. Bäume und Sträucher am Ufer leuchten im Herbstlaub.
Die Insel Buchau bietet sich als erstes Ziel an. Auf dem dortigen, nur mit dem Boot erreichbaren Campingplatz, ist bereits Ruhe eingekehrt. Die meisten Zelte sind abgebaut, nur ein paar Camper sind dabei, alles winterfest zu machen. Die Jakobinsel lockt als nächstes. Weich werden ihre kleinen Birken und die große Kiefer vom Morgenlicht umspielt. Mitten auf dem Felsen steht ein von Papst Benedikt XVI geweihtes Kreuz. Bei Umrundung der Insel sehen wir im klaren Wasser Reste des alten Holzsteges, der zwischen der Halbinsel Burg und der Insel Wörth bestand. Ihn nutzten früher die Gläubigen, um zur ehemaligen Kirche auf der großen Insel zu gelangen. In die Richtung wollen wir auch. Aus dem Inneren einer tiefen Bucht leuchtet das kleine Schloss und von einem Hügel grüßt die Simpertkapelle herüber. Auf dem weiteren Weg kreuzen verschiedene Wasservögel unsere Bahn. Die Blässhühner, Gänsesäger und Graugänse zeigen keine große Scheu, da sie sich im Laufe der Saison an Kajaks und Ruderboote gewöhnt haben.
Die Insel hat einen alten Baumbestand, von dem jetzt besonders die knorrigen Eichen in ihrem Herbstlaub leuchten. Von den Uferbäumen ragen die Äste weit über das Wasser. Solch ein Platz bietet sich mit feinem Geröllstrand für eine Pause an. Wir wollen vor dem Essen noch etwas schwimmen und so drehen wir erst einmal unsere Runde im klaren, aber bereits herbstlich kühlen Seewasser. So erfrischt schmeckt die Brotzeit nochmal so gut. Auf dem Hochufer sitzend geht der Blick hinüber zum gegenüber liegenden Ufer und zu den nahen Vorbergen. Auf dem Hügel hinter uns grasen einige Rinder und Schafe und sorgen dafür, dass die Landschaft offen bleibt. Biberfamilien fühlen sich seit einiger Zeit wieder in dem See heimisch. Sie sind so aktiv, dass die alten Uferbäume in der Nähe mit Stahldraht vor ihnen geschützt werden.
"Wo können wir nach so erlebnisreichen Stunden den Tag besser ausklingen lassen als in einem bayrischen Biergarten?" |
Gut gesättigt und ausgeruht geht es wieder in die Kajaks. Es warten weitere Inseln darauf, erkundet zu werden. Sogar das Ausflugsboot ist bei dem schönen Wetter noch unterwegs. Ruhig zieht es seine Bahn und lässt die Kajaks in seinen Wellen schaukeln. Die unbewohnte Insel „Kleinen Birke“ lädt zu einer weiteren Badepause. Als wir in die Nähe des Schilfgürtels schwimmen, kommen neugierig Blässhühner auf uns zu, denn da nur unsere Köpfe aus dem Wasser ragen, erkennen sie wohl nicht sofort, wer da in ihrem Revier schwimmt. Im DKV-Camp auf der Insel „Große Birke“ ist noch reges Lagerleben. Einige Zelte sind aufgebaut und im Wasser davor wird die Rolle geübt.
Gleich hinter der Insel beginnt das Naturschutzgebiet „Westlicher Staffelsee“, das normal nicht befahren werden darf. Die Schutzzeit endet am 15. Oktober und da wir später unterwegs sind, besteht die seltene Möglichkeit in diesem Gebiet zu paddeln. Es wird immer flacher und einzelne Schilfinseln treiben im See. Wo in dieser Schilfwildnis ist denn eigentlich die Mündung der Ache? Einige Buchten sehen zuerst nach dem Bach aus, doch jedes Mal endet der Versuch in einer flachen und morastigen Sackgasse. Der Bach hat im Spätherbst einfach nicht genug Wasser für eine Erkundung.
Es ist spät geworden und so geht es quer über den See an der Halbinsel Lindenbichel vorbei zum Startpunkt. Wo können wir nach so erlebnisreichen Stunden den Tag besser ausklingen lassen als in einem bayrischen Biergarten? Im Gasthof „Alpenblick“ in Uffing finden wir das Richtige für unseren Hunger und Durst. Bei einem frischen Bier genießen wir den Blick auf Berge und See.
Auf dem Lech Stausee begegnen uns Baumleichen vom letzten Hochwasser |
Am nächsten Morgen wechseln wir nach Tirol hinüber. Die Kajaks liegen startbereit am Ufer des Plansees. Bevor es los geht, holen wir noch wärmere Kleidung aus dem Auto, denn die fast 1000 Höhenmeter machen sich durch eine frischere Temperatur bemerkbar. Der See ist von hohen Bergen umgeben, die sich in dem ruhigen Wasser spiegeln. Die Sonne steht um diese Jahreszeit recht tief und lässt große Schattenbereiche entstehen, während auf den Sonnenseiten der letzte Nebel der Nacht langsam verschwindet. Es scheint ein Traum-Tag zu werden. Ursel, die vor mir paddelt, zerschneidet mit ihrem Eski das Spiegelbild des Schrofenas Gipfel. Der lange, schmale See erinnert uns an Touren auf norwegischen Fjorden. Auf der rechten Seite führt die Straße Richtung Reutte am Ufer entlang. Das Geräusch der Fahrzeuge stört und so wechseln wir zum anderen Ufer hinüber. Inzwischen ist die Sonne so weit gewandert, dass ihre wärmenden Strahlen diese Uferseite ebenfalls erreichen. Der See hat kaum Schwebalgen und ist dadurch sehr klar. Dicht am Ufer paddelnd geht der Blick tief hinunter, wo sich die Schatten der Boote mit entgegenkommenden Fischen treffen. Ursel deutet auf die andere Seite der Bucht. Gelber Kies mit einer anschließenden Wiese sieht nach einem guten Landeplatz für die Pause aus. Ein paar Paddelschläge sind es noch, dann rauschen die Kajaks auf den feinen Kies und wir entdecken am Rande der Wiese sogar einen Baumstamm, der sich als recht bequeme Sitzgelegenheit anbietet. Vor dem Essen lockt das klare Wasser zu einem Bad. Die Probe mit der Hand geht noch, der erste Fuß auch, doch als das Wasser bis zum Knie reicht, ist klar, dass es heute nicht mehr als ein Fußbad wird, denn der hochgelegene Gebirgssee ist um einiges frischer als gestern der Staffelsee. So verschaffen wir uns nach dem Essen nur etwas Bewegung mit einer Strandwanderung.
Die Brücke an der Einmündung zum Heiterwanger See. |
Anschließend steht die Entscheidung über die weitere Routenführung an. Geradeaus geht es zum Seeausfluss, wo der Archbach als Wildwasser Richtung Reutte talwärts stürzt und links um die Ecke lockt der Heiterwanger See. Die Entscheidung wird mir abgenommen, denn Ursel ist etwas früher gestartet und biegt bereits in den Kanal zum Nachbarsee ab. Ganz ruhig ist das Wasser dort, so dass sich die umliegenden Berge und die hohen Uferfichten auch hier spiegeln. Bald ist die alte Holzbrücke erreicht und damit auch die Einfahrt zum See. Hier ist jetzt mehr Betrieb. Wanderer rasten auf der Wiese am See und Mountainbiker rumpeln geräuschvoll über die Brückenbohlen. In der Ferne sind sogar die Umrisse von zwei Seekajaks im Gegenlicht zu sehen. Nach einer großen Runde auf dem Heiterwanger See geht es zurück.
Auf dem Plansee ist es nicht mehr so windstill. Aus dem Tal von Reutte bläst ein starker Wind über den See. Die ersten beiden Buchten wollen wir auf dem Rückweg nicht mehr ausfahren. Das bedeutet 1,5 Kilometer freies Wasser, da greifen wir doch lieber hinter uns in die Luke und ziehen die Schwimmwesten an. Zur Seemitte hin schiebt der Wind gewaltig und die Wellen haben Schaumkronen. Sie haben ausreichende Energie für so mache Surfeinlage. Ein tolles Bild wie der gelbe Eski vor mir durch das grün leuchtende Seewasser rauscht. So ist die nächste Ecke schnell geschafft und die restliche Strecke verläuft durch den Schutz der Bergflanke ruhiger.
Mit vorgestrecktem Hals und den typischen Rauschen der Flügel begegnet uns der Schwan am Lech-Stausee. |
Einen Tag haben wir noch und der sollte auf dem Forggensee verbracht werden. Doch die Wasserbauer haben uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Am See erwartet uns ein trauriger Anblick. Der Staudamm Roßhaupten soll nach 64 Jahren Betriebszeit neu abgedichtet werden. Dazu wurde das Wasser des Forggensee komplett abgelassen. Was jetzt? Der Lech hat ja abwärts noch mehr Stauseen, schauen wir dort einmal vorbei. Eventuell geht sogar die rasante Fließstrecke in den Stau von Schongau. Das mit der Fließstrecke wird den nächsten Morgen nichts, denn der Lech schafft im Spätherbst einfach nicht mehr genug Wasser heran. Bis zur nächsten Stromschnelle kämpfen wir uns bergauf, doch die kommt sehr flach über das Kiesbett daher und verwehrt eine weitere Tour in stromauf. So bleibt es bei dem kurzen Ausflug auf dem Fluss und die Spitzen der Kajaks zeigen Richtung Stausee. Steile Wände auf der einen und verbuschtes Kiesufer begleiten uns auf dem Weg abwärts. Durch die Ablagerungen seines Geschiebes hat der Lech in seinem Mündungsbereich verschiedene Arme und Inseln gebildet. Eine kleine Wildnis-Oase mit angeschwemmten Baumriesen und den wuchernden Weidenbüschen. Welchen der verschiedenen Wasserarme sollen wir wählen? Bald merken wir, dass unsere die falsche Wahl war, denn es wird flacher und flacher und dann sitzen wir fest. Also zurück und den nächsten Arm versuchen. Bevor der See erreicht wird, ist ein Graureiher zu beobachten, der sich am Rande des Ufergestrüpps versteckt hat. Ich hole vorsichtig die Kamera heraus, doch Ursel schüttelt schon den Kopf, den bekommst du doch nicht. Sie hat Recht, denn auch dieser Reiher bestätigt unsere Erfahrung, dass diese Vögel eine große Fluchtdistanz haben. Elegant erhebt er sich und schwebt mit lautem Protestschrei davon.
"Das waren drei wunderschöne, erlebnisreiche Tage auf Alpenseen und im nachherein sind wir gar nicht böse, dass die Wildbäche so geringe Wasserstände hatten." |
Der Stausee begrüßt uns mit einer kleinen, mit Fichten und Buchen bestandenen Steilküste, deren Herbstlaub sich im Wasser spiegelt. Von weitem lockt die bizarre Wurzel eines angetriebenen Baumriesen. Das ist ein toller Vordergrund fürs Foto, doch so leicht wird die Aufnahme nicht, denn starke Strömung zieht am Stamm vorbei und schiebt die Kajaks in den See hinein. Dort wird der Blick weiter. Vor uns zieht eine Schwanenfamilie ihre Bahn, die sich beim Näherkommen in die Luft erhebt. Ein majestätisches Bild, wie die großen Vögel wild mit ihren Schwingen schlagend über das Wasser laufen und sich dann in die Lüfte erheben. Mit weit vorgestrecktem Hals und dem typischen Rauschen der Flügel fliegen sie dicht an uns vorbei. Ursel hat ihre Kamera bereit und lässt sie rattern. Stolz zeigt sie den gelungenen Schnappschuss. Auf der linken Seite liegt ein einsamer Bauernhof am Hang und erweckt unsere Neugier. Oberhalb ist der Bauer mit seinem Trecker am Arbeiten und unten am kleinen Anleger sind seine Kinder beim Angeln. Petri Heil! Habt Ihr denn schon etwas gefangen? Ihre Augen leuchten, als sie uns ihren Fang präsentieren.
Die Zeit ist inzwischen weit fortgeschritten und so geht es zurück. Die Westseite ist die Innenkurve des langgestreckten Sees und dort kommt uns erst einmal keine Strömung entgegen, doch als wir in den Mündungsbereich kommen, ist der Lech deutlich zu merken. Mit klassischer Seilfähre-Technik erreichen wir schnell das andere Ufer und damit den Ausgangspunkt. Das waren drei wunderschöne, erlebnisreiche Tage auf Alpenseen und im nachherein sind wir gar nicht böse, dass die Wildbäche so geringe Wasserstände hatten.
Der Staffelsee und Lech-See liegen am Rande der Bayrischen Vorberge. Während der Staffelsee auf natürlichem Weg in der Würmeiszeit aus dem Loisachgletscher geformt wurde, ist der Lech-See ein Teil der von Menschenhand entstandenen Stauseekette des Lech.
Der Plan- und Heiterwanger See liegen auf tiroler Seite in den Ammergauer Bergen. Beide sind ebenfalls Hinterlassenschaften ehemaliger Gletscher. Der Kanal zwischen den Seen wurde 1908 erbaut. Aufgrund ihrer Lage sind die Seen sehr verschieden.
Der Staffelsee ist ein flacher See mit vielen Insel, dessen bräunliches Seewasser sich schnell erwärmt und zum Baden einlädt. Beim Paddeln sind immer die nahen Berge auf der Südseite im Blick. Direkt am See gelegen strahlen die Orte Murnau, Seehausen, Rieden und Uffing typisch bayrische Gemütlichkeit aus und bieten die Möglichkeit zur Versorgung. Campingmöglichkeit gibt es in auf der Halbinsel Burg www.camping-staffelsee.de, beim Aichalehof nahe Uffing www.aichalehof.de
Eine besondere Campingmöglichkeit bietet die Campinginsel Buchau, die nur mit dem Boot erreichbar ist
www.buchau-campinginsel.de
Der Plan- und Heiterwanger-See im Naturpark-Reutte in Tirol sind von hohen Bergen umrahmt und werden von mehreren Bergbächen gespeist. Sie haben sehr klares kaltes Wasser, das sich im Sommer aber für ein erfrischendes Bad eignet. An den Seen fehlen große Ortschaften, nur an der Nordecke des „Plansee“ gibt es ein Hotel und den Campingplatz Sennalpe www.camping-plansee.com/de/camping/sennalpe.html. Auf der Südseite des „Heiterwanger-See“ ist eine kleine Siedlung mit dem Camping-Heiterwanger-See www.camping-heiterwangersee.at
Der Forgensee, der aufgrund von Sanierungsarbeiten an der Staumauer kein Wasser hatte, ist inzwischen wieder gefüllt und bietet sich für Touren mit dem Kajak an.
Der Lech-Stausee bei Schongau hat bei dem kleinen Weiler Niederwies einen guten Startplatz für Kajakfahrten auf dem See. Die Strömung aus der Fließstrecke lässt im See schnell nach. Der See hat teilweise Steilufer und ist von der hügeligen Voralpenlandschaft umgeben.
Bei gutem Wasserstand bietet sich eine Kombination mit der vorherigen sehr schnellen Fließstrecke ab dem Wehr beim Campingplatz Via-Claudia an. Dabei ist auf rechtsseitigen Schotterwegen die Möglichkeit, mit dem Rad das Auto nachzuholen.
Auf dem Campingplatz Via-Claudia am Beginn der Fließstrecke besteht eine gute Campingmöglichkeit. www.via-claudia-camping.de
In den Tourenberichten stellen wir unabhängig von einem aktuellen Bezug besonders schöne oder abwechslungsreiche Paddelstrecken aus Deutschland vor. Die dort beschreibenenen Bedingungen, Befahrungsregeln, Zugangsmöglichkeiten etc. können unter Umständen nicht mehr den aktuellen Bedingungen vor Ort entsprechen!
Bitte plant jede Tour Gewässer vor Fahrtantritt sorgfältig!
Zunächst wird dabei das Paddelrevier ausgewählt. Dort muss es für alle Mitfahrer Gewässer und Abschnitte geben, die in ihrem Können entsprechen. Bei der näheren Planung wählt man dann ein bestimmtes Gewässer und dort einen genauen Abschnitt aus, sucht sich die passenden Ein- und Ausstiegspunkte und informiert sich über aktuelle Befahrungsregelungen, das Wetter, die Pegelstände (z.B.: Wildwasser), die Gezeitenverläufe (z.B.: Nordsee) und eventuelle Gefahren (z.B.: Wehre).
Wichtig ist es dann vor Ort vorm eigentlichen Fahrtbeginn zu überprüfen, ob die Planungen im Vorfeld mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmen und eine Fahrt problemlos begonnen werden kann. Sollte dies nicht der Fall sein müssen eventuell noch Änderungen vorgenommen werden oder sogar die Fahrt abgesagt werden. Bei der Planung sollten unbedingt auch Fragen der Nachhaltigkeit geklärt werden.
Online-Übersicht der Befahrungsregelungen:
In allen Bundensländern gelten an einigen Flüssen, Bächen und Seen sowie an der Küste bestimmte Einschränkungen (BV = Befahrungsverbot, UV = Uferbetretungsverbot) für Paddler. Sie sollen das Gewässer sowie die Pflanzen und Tiere in ihnen oder in der Umgebung schützen. Befahrungsregeln dienen bei größeren Wasserstraßen auch zur Erhöhung der Sicherheit aller Wassersportler.
WICHTIG: Der Deutsche Kanu-Verband weist aufgrund zahlreicher Kanuunfälle eindringlich alle Paddler :innen auf die Notwendigkeit von Schwimmwesten hin.
Weitere Infos: www.kanu.de
KANU SPORT 11/2021 |