30.10.2024 | Inklusion

Inklusion ja, und ohne aber ...! (6)

Ein Kommentar des DKV-Referenten für Inklusion Heinz Ehlers
Handadaption

Adaptionen für die Hände

In der letzten Ausgabe hatte ich euch zwei besondere Adaptionen aus den USA vorgestellt, die ihr trotz Schmerzen, Paresen in den oberen Extremitäten oder fehlenden oberen Gliedmaßen u.a. verwenden könnt um weiter zu paddeln, und wie ihr dabei eure Arme, Schulter und Gelenke mit diesen adaptiven Paddelsystemen schützen könnt.

Neben Schulterproblemen im Alter stellen sich häufig Erkrankungen bzw. Einschränkungen der Hände oder der Handgelenke ein, die ein kräftiges Zupacken des Paddelschaftes verhindern, um effiziente Druck- und Zugkräfte auszuüben. Krankheiten wie z.B. Arthritis, Arthrose, Gicht oder Zustand nach einem Schlaganfall behindern nicht selten, das der Paddelgriff mit den Händen umschlossen oder mit den Händen gehalten werden kann. Dann wird es notwendig mit Handadaptionen zu arbeiten. Mit einfachen Mitteln ist es möglich Adaptionen selbst herzustellen. 

Bevor du mit Adaptionen arbeitest solltest du dir ein eigenes Bild über die Griffeinschränkungen machen. Hierzu einige Technik-Tipps, die du zuerst ausprobieren solltest: 

  • Ermutige den Paddler, mit einer Hand zu schieben und mit der anderen Hand zu ziehen. Um Energie zu sparen, kann der Paddler die Hand, die schiebt, entspannen. 
  • Achte darauf, dass der Paddler mit der Kante des Paddelblatts, die am Ende des Schlags sauber aus dem Wasser kommt, aufschneidet, anstatt die flache Seite des Paddelblatts aus dem Wasser hebt.  
  • Das Drehen des Oberkörpers, wenn Rumpfdrehung möglich ist, bringt nicht nur zusätzliche Kraft für den Schlag, sondern macht auch die die Bewegung des Schneidens und Hebens natürlicher

Mit unserem Kajak-Dummy sind wir in der Lage, verschiedene Problematiken an Land auszutesten. So können z.B. durch das mit Gummibändern (Fahrradschläuche) am Bug fixierte Paddel Druck- und Zugkräfte ausgetestet werden. Bei eingeschränkter Kraft in den Händen können verschiedene Handadaptionen getestet werden. Ferner kann eine Kontrolle des Gleichgewichts und der Rumpfstabilität erfolgen.

 

 


 

Hier einige Beispiele für Adaptionen der Hand:

Übergroßer Paddelgriff

Wer den Paddel Schaft nicht kräftig umschließen kann, oder die Hand nicht zu einer Faust schließen kann, für den besteht die Möglichkeit diesen mit Schaumstoff zu belegen. An der Stelle, an der die Hand den Paddel Schaft umgreift, befestigst du mit Klebeband ein ca. 15 cm. breites Stück Rohrisolierschaum.  dann klebst du den Schaumstoff fest.

Du kannst die Größe anpassen, indem du den Schaumstoff kürzt oder das Klebeband fester um den Bereich wickelst. Sorge dafür, dass du beim Kleben Falten und Knicke vermeidest, die leicht zu Blasen oder Wunden durch Abschürfungen führen können.

Durch einfache Adaption ist es dem Paddler möglich, einen kräftigen Griff zu ermöglichen.

Paddel mit Handrückenbügel an einen Paddel Schaft (Canadier oder Kajak)

Der Fahrradschlauch-Paddelgriff ist eine einfache und kostengünstige Anpassung, die einen Mangel an Griffkraft ausgleichen kann. Es benötigt nur Teile eines Fahrrad-schlauchs (oder festen Schaumstoff) und Kabelbinder: Ggf. zuerst einen übergroßen Griff herstellen. Nun schneidest du den Schlauch zu beiden Seiten 5 cm breiter als die Handfläche des Paddlers breit ist (ca. 25 cm.). Markiere die Position der Hand des Paddlers auf dem Paddel Schaft mit einer Linie auf beiden Seiten der Hand. Lege einen Schlauchstreifen entlang des Schafts über die Handlinien. Lege an der Handlinie, die der Mitte des Paddels am nächsten ist, einen Kabelbinder um das Paddel und ziehe ihn fest. Lege einen weiteren Kabelbinder um das Paddel und den Schlauch an der anderen Handseite. Ziehe diesen nur ein wenig fest, so dass er den Schlauch gerade noch am Paddel hält. Wenn ein Paddler diese Griffunterstützung für beide Hände benötigt, wiederhole diesen Vorgang für die andere Hand. Bitte nun den Paddler, seine Hände durch den Schlauchabschnitt zu stecken. Ziehe das Ende des Schlauches durch den losen Kabelbinder, bis der Schlauch gerade fest genug ist, um das Paddel an der Hand zu halten. Wenn der Paddler plant, auf dem Wasser Handschuhe zu tragen, muss die Anpassung mit Handschuhen erfolgen. Stelle sicher, dass der Paddler seine Hand aus der Anpassung und vom Paddel ziehen kann, ohne die andere Hand benutzen zu müssen. Nachdem du dich vergewissert hast, dass die Person das Paddel sicher loslassen kann, ziehe den losen Reißverschluss bis zum Anschlag fest. Um den Schlauch an seinem Platz zu halten, muss du eventuell zwei Kabelbinder an jedem Ende des Innenrohrs verwenden. Achtung: Drehe alle Köpfe der Kabelbinder von den Händen des Paddlers weg, schneide die Enden ab, falte den überschüssigen Schlauch über die Köpfe der Kabelbinder und sichere die Enden mit Klebeband. Überprüfe nach Abschluss der Anpassung, ob der Paddler das Paddel selbständig loslassen kann. Wenn die Hände des Paddlers oder die Paddelanpassung nass werden, kann die Hand aus der Anpassung rutschen, so dass die Adaption erneut festgezogen werden muss.

Handadaption für SUP -/und oder Kanadier-Paddel  

Auch bei einem SUP bzw. Kanadier-Paddel ist es möglich eine Handadaption effektiv anzubringen. Hier wurde aus Neopren die Handadaption hergestellt. Der Paddelknauf wurde hierbei mit Neopren überzogen und festgenäht. Ein Klettband wurde auf das Neo angebracht. Die Hand des Paddlers kann mit diesem Klettband über dem Handrücken individuell eingestellt und so gesichert werden. Alternativ kann ein Neoprenhandschuh mit Klett auf dem Paddelknauf befestigt werden. Wichtig auch hier, dass der Paddler sich im Notfall aus der Fixierung jederzeit lösen kann.


Aus den USA kommen zwei innovative Handadaptionen, die ich nur empfehlen kann. Die Firma Creating Ability aus den USA vertreibt diese Handadaptionen, die bei Bedarf dort bestellt werden können. 

 

Anpassung des Paddels an den Handrücken

Die Anpassungen des Handrückens von Creating Ability sind so konzipiert, dass es die Belastung des Paddels von den Fingern auf die Arme verlagert. Wenn der Paddler die Fähigkeit hat, das Paddel zu greifen, aber keine Ausdauer hat oder leicht ermüdet, ist dies die richtige Anpassung.

Die Position ist mit einer Schlauchklemme einstellbar, und der Arm der Adaption lässt sich mit einer Daumenschraube einfach und schnell nach oben und unten verstellen.

 

Handgelenksanpassung zur besseren Stabilität des Handgelenks 

Für diejenigen, die die Paddelwelle zwar greifen können aber zu wenig Kraft im Handgelenk besitzen, hat die Firma Creating Ability ein zweiteiliges System entwickelt.

Am Handgelenk wird eine Art Armband mit Knauf getragen, und an der Paddelwelle ist eine Befestigungsplatte montiert.

Das Armband gleitet dann mit dem Knauf in den Paddelaufsatz und ermöglicht volle Leistung, Drehung und Kontrolle des Paddels, ohne es loslassen zu müssen. Im Notfall lässt sich durch einfaches Herausziehen das Armband vom Paddel Schaft lösen.

Es ist möglich die beiden Systeme miteinander zu kombinieren.

 


Der Ausleger

Wenn wir über Adaptionen sprechen, so dürfen Ausleger hierbei nicht fehlen. Für Paddler, deren Rumpfstabilität durch eine körperliche Behinderung beeinträchtigt ist, kann die Herausforderung, das Gleichgewicht auf dem Wasser zu erreichen und aufrechtzuerhalten, entmutigend sein. Die Stabilität des Kerns erreichen wir mit angepassten Sitzen sowie Sitzkeilen. Manchmal ist es auch hilfreich, das Kajak selbst zu stabilisieren, und Ausleger sind eine Möglichkeit, dies zu tun. Sie verhalten sich wie Stützräder und machen ein Wasserfahrzeug stabiler. Kajak- und Kanu-Ausleger sind schwimmende Vorrichtungen, die parallel zum Rumpf an den Seiten eines Bootes angebracht sind und dem Boot zusätzlichen Auftrieb verleihen.

Sie bieten Paddlern ein zusätzliches Maß an Stabilität und Sicherheit, helfen beim Ausbalancieren des Kajaks und verringern die Wahrscheinlichkeit eines Umkippens. Die Kajakstabilisatoren eignen sich sowohl für Sit-In-Kajaks als auch für Kanus. Sie können sowohl nach oben und unten als auch nach innen und außen verstellt werden. Sie kommen zum Einsatz, wenn es z.B. aufgrund einer neurologischen Erkrankung oder einer Behinderung am Corpus zu einer Gleichgewichtsstörung kommt. Doch Vorsicht: Auch mit Auslegern ist ein Kentern möglich, und Standardrettungsaktionen können durch Ausleger behindert werden.

Derzeit gibt es nur zwei Wassersportvereine in Deutschland, die mit diesen beiden adaptiven Systemen arbeiten. Diese sind in Niedersachsen das Inklusive Wassersportzentrum in Wilhelmshaven, sowie in Rheinland-Pfalz der WSV Sinzig. In beiden Vereinen besteht nach Terminabsprache die Möglichkeit diese Systeme einmal auszuprobieren und für sich zu testen.
 

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