26.05.2020 | Kanu (Allg.)

Jürgen Klein: "Zuversicht, Kreativität und Mut zu neuen Wegen"

Jürgen Klein ist 1. Vorsitzender des Kanu-Club Bietigheim. Aus den Einschränkungen rund um den Coronavirus haben die Mitglieder des Vereins aus der Not fast schon eine Tugend gemacht. Im Interview berichtet der Wildwasserfahrer Klein von den letzten Wochen.
Jürgen Klein im Wildwasser

Jürgen, wie stellte sich die Situation während der Corona-Krise für Euren Verein derzeit dar?
Jürgen Klein: Die gesamte Situation fordert ein hohes Maß an Zuversicht, Kreativität, Mut zu neuen Wegen, Verständnis, Ausdauer und Einsatzbereitschaft aller Mitglieder, Trainer und Ehrenamtlichen! Die aktuellen Richtlinien sind nicht leicht umzusetzen und schränken die Individualität der Paddler auf unserem Gelände ein. Fixe Gruppen, feste Trainingszeiten für alle Teilnehmer, Aufsicht und Dokumentationspflicht - das sind wir nicht gewohnt. Letztendlich verstehen wir den Grund dieser Einschränkungen und setzen sie auch um. Aktuell bringen 17 Trainer 15 Gruppen mit max. 4 Teilnehmern wöchentlich aufs Wasser. Die Rückmeldungen sind sehr positiv – die Teilnehmer reagieren sehr froh und glücklich wieder mit anderen Kameraden auf dem Wasser zu sein!

Also seid ihr gut durch die Krise gekommen?
Jürgen Klein: Das ist Stand heute nicht einfach zu beantworten. Ich denke, dass man diese Frage differenziert beantworten muss. Finanziell hat uns die Krise sicher empfindlich getroffen. Da geht es uns wie allen anderen Vereinen. Fehlende Kursgebühren, ausgefallene Feste, reduzierte Fördergelder aufgrund ausgefallener Trainingseinheiten und Wettkämpfe. Seitens aktiver Sportler und Freizeitpaddler haben wir sicher ein sehr gutes Not-/Übergangsprogramm auf die Beine gestellt. Die aktuellen Verlierer sind sicher die Familien, Einzelpaddler und Senioren die unser großartiges Gelände mit Steg, Grillplatz oder das Bootshaus wie gewohnt nutzen wollen.

Wie habt ihr aus der Not eine Tugend gemacht?
Jürgen Klein: Wir haben uns nicht entmutigen lassen und haben uns stets eng mit den Verbänden und der Stadt Bietigheim-Bissingen seitens möglicher Lösungen für einen eingeschränkten Trainingsbetrieb abgestimmt. In der Zeit vor den ersten Lockerungen haben wir den Verein innerhalb kürzester Zeit deutlich digitalisiert. Alle Mitglieder konnten sich an unserem Portal registrieren und ihre aktuelle Kontaktdaten eigenständig eintragen und aktualisieren. Nur so waren wir in der Lage unsere gut 430 Mitglieder möglichst breit zu erreichen und zusammen zu halten. Erreichbarkeit und Zusammenhalt ist in der Krise der wichtigste Faktor – reißt der Kontakt zu den Mitgliedern ab ist es nur noch ein kurzer Weg zu frustriert motivierten Reaktionen. Wir haben in der kontaktlosen Zeit wöchentlich Trainingseinheiten (Kraft- und Ausdauersport und Yoga) per Konferenzsoftware angeboten. Des Weiteren gab es sehr dynamische Aktionen wie unser bekannter Kurzfilm „Klopapier Challenge Bietigheim“ oder diverse digitale Spielabende, an denen sich die Teilnehmer per Bild und Ton auch mal wieder richtig ausquatschen konnten. Alle diese Angebote wurden sehr gerne angenommen!

Wie ist nun die Stimmung bei den Mitgliedern?
Jürgen Klein: Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Ich habe sehr viel Kontakt zu unseren Mitgliedern und ein sehr großer Anteil dieser reflektiert uns Vertrauen, Dankbarkeit für unseren Einsatz und für die geschaffen Möglichkeiten dem tristen Alltag zu entfliehen.  Es gibt sicher einzelne Stimmen, die mit der aktuellen Situation und den Richtlinien nicht klarkommen und das auch entsprechend diskutieren wollen. Ich bin sehr froh, dass mich unsere Mitglieder als Privatperson und Vorstand differenziert sehen, verstehen und erkennen, dass nicht der Vorstand die Regeln definiert, sondern für die Umsetzung dieser zuständig ist. Aktuell sehr erschwerend für uns ist das Verhalten von Privatpersonen und vielen Kunden kommerziellen Anbietern auf der Enz. Hier wird offensichtlich in großem Still gegen geltende Richtlinien verstoßen. Das ist sehr bedauerlich und nicht zu verstehen.

Ihr seid ja in der Regionalpresse sehr gut vertreten, wie habt ihr das geschafft?
Jürgen Klein: Unser Pressewart Laila Klein (meine Frau 😊) ist hier sehr findig und schreibt sehr gute Berichte, die in der Presse gerne angenommen werden. Zudem lädt sie die Presse gerne auch mal zum Probetraining aller Sparten ein. Kontakte zu den Verbänden und anderen Vereinen runden das Ganze ab.

Wie sieht es nun nach den Lockerungen aus?
Jürgen Klein: Du meinst, die Zeit, in der dann wieder alles ganz normal ist? Da geben wir dann nochmal richtig Gas und holen nach was es nachzuholen gibt. Wir werden sicher bald wieder auf den Wildbächen, Seen und Flüssen anzutreffen sein und unsere ganzes Standard-Programm wie Trainings, Wettkämpfe, Clubabende, Seniorenwanderungen, Ausfahrten und den gemeinsamen Spaß hochfahren. Zudem werden wir sicher ein Vereinsfest mit allem Drum und Dran aus dem Boden stampfen. Ich freue mich sehr darauf!

Und noch ein Tipp für andere Kanu-Vereine?
Jürgen Klein: Haltet Kontakt zueinander und zu den Behörden - sucht gemeinsame Wege – vermeidet eigene Interpretation – unterschätzt nicht die Auswirkungen einer Unterbrechung der sozialen Kontakte – seid kreativ und mutig – kommuniziert offen und sichtbar!
 

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