Heute hieß es Umstellen von der nötigen filigranen Technik im Kanuslalom auf Kajak-Cross. Boote, Paddel, Schwimmweste – alles ist anders. Und auch die Tore, die zudem berührt werden dürfen. Und im Kanuslalom unerwünschte Eskimorolle ist im Cross sogar Pflicht. Bei dem heutigen Time Trials – dem Einzelzeitfahren – waren die Ellbogen noch nicht gefragt. Denn es galt die möglichst schnellste Linie durch den Cross-Parcours zu finden. Zum einen, um mit einer guten Platzierung die Chance zu haben, sich die beste Position auf der Rampe für die Kopf-an-Kopf-Rennen wählen zu dürfen. Zum anderen natürlich, um ein gutes Gefühl für die Strecke mit in die Kopf-an-Kopf-Rennen mitzunehmen. Anders als bei Meisterschaften oder Weltcups, bei denen viel mehr Sportler an den Start gehen, ist bei den Time Trials niemand ausgeschieden. Es ging einzig und allein um die Zusammenstellung der Heats.
Das Stadion heute wirkte etwas surreal: Die ersten Wettkämpfe in der neuen olympischen Disziplin fanden vor leeren Tribünen statt.
Trotz der langen Nacht für Noah Hegge (KS Augsburg) – er war noch in den TV-Studios bei Eurosport und ZDF zu Gast – war der 25-Jährige zufrieden mit seinem ersten olympischen Cross-Lauf. So war er am Vormittag noch zum Training auf der Strecke, „um sich in den Modus einzufahren. Damit man den Switch findet und auch die Technik anpasst. Das hat, glaube ich, ganz gut funktioniert.“ Am Ende paddelte er auf Rang acht in dem 38-köpfigen Feld.
Stefan Hengst (KR Hamm) ist heute als letzter Deutscher in die Wettkämpfe bei den Olympischen Spielen eingestiegen. Dieser war ihm jedoch nicht so geglückt. Der 30-Jährige befuhr ein Abwärtstor nicht korrekt und katapultierte sich deshalb auf den letzten Rang. Mit seiner Fahrzeit hätte er sich auf Platz 15 eingeordnet. Lange musste Hengst warten, bis er dran war. „Ich habe jeden Tag trainiert. Zwar war es nicht auf der Wettkampfstrecke möglich, aber das sei okay gewesen.“ Dass sein erstes olympischen Rennen vor leeren Tribünen stattfand, „war natürlich schade. Ich hatte natürlich auf ein bisschen Stimmung gehofft. Gerade am Anfang, als man noch nicht wusste, dass es wirklich ein leeres Stadion ist“, sagte der Hammer.
Für Elena Lilik (KS Augsburg) galt es nach ihrem Silbergewinn im Canadier-Einer sich wieder auf den Wettkampf zu fokussieren. Dies sei ihr recht gut gelungen, meinte sie. Allerdings wirkte sie etwas müde, „ich konnte die letzten zwei Tage nicht viel schlafen.“ Zudem so sagte die 25-Jährige, „die Strecke ist lang und anstrengend, was es schwierig macht. Aber eigentlich passt es.“ Mit ihrer Zeit rangierte sie sich in den 37-köpfigen Feld auf Rang 13 ein.
Auf eine Medaille nun im Kajak-Cross hofft Ricarda Funk (KSV Bad Kreuznach). Dabei wird es nicht einfach. Die Voraussetzungen sind viel schlechter als im Kanu-Slalom, da die Deutschen im Gegensatz zu vielen anderen Nationen den Trainingsfokus auf die klassische Disziplin gelegt haben. Im Time Trial paddelte die 32-Jährige auf Platz sieben. Etwas Probleme hatte sie bei der Rolle, „die war nicht ideal“, sagte sie. „Die Head-to-Head-Rennen werden definitiv nicht einfach. Die Mädels sind stark, haben teilweise den Schwerpunkt auch ein bisschen mehr auf Cross gelegt, im Vergleich zum deutschen Team. Aber ich denke auch, dass alles drin ist. Dennoch muss man auch ein bisschen Glück haben.“
Die leeren Tribünen machte auch sie traurig, „es hatte ein bisschen was von Corona-Spielen. Ich verstehe es ehrlich gesagt auch nicht.“ Klar falle am heutigen Tag niemand aus dem Wettkampf, „aber ich glaube schon, dass Leute gekommen wären. Und ich glaube wir Sportler hätten uns alle gefreut.“
Noch gibt es keine Informationen von den Organisatoren, warum an dem heutigen Tag keine Tickets verkauft wurden.
Uta Büttner