31.07.2022 | Kanu-Slalom

Zweimal WM-Gold und einmal WM-Bronze in Canadier-Entscheidungen

Sideris Tasiadis, Franz Anton und Andrea Herzog. Foto: Philipp Reichenbach

Es sind die Kanuslalom-Weltmeisterschaften der Superlative für die Deutschen in Augsburg. „Es ist unsere WM auf unserem Kanal hier in Augsburg. Es ist unser Wasser“, hatte Cheftrainer Klaus Pohlen sein Team am Abend vor den Wettkämpfen angefeuert. Heute ging das Sommermärchen im Canadier-Einer der Damen und Herren weiter. Andrea Herzog (Leipziger KC), Tokio-Olympiadritte und Weltmeisterin 2019, paddelt im Eiskanal zu Gold. Der Augsburger Kanu-Schwabe Sideris Tasiadis macht seinen Traum wahr, wird Weltmeister vor einem tobenden heimischen Publikum und Teamkollege Franz Anton, Weltmeister 2018, vom Leipziger KC paddelt zu Bronze.

Für Tasiadis ist es der Titel, der in seiner großen Sammlung noch fehlte. „Geil, jetzt ist er da und das auch noch daheim. Das ist in Worte zu fassen, ist nicht so einfach.“, sagte der 32-Jährige jubelnd. Dabei war es schwer, sich vor dem Start überhaupt zu konzentrieren: „Drei Sekunden vor meinen Start haben die Leute mich schon angefeuert, da war ich kurz aus meinem Konzept“, erzählte er. „Ich habe versucht, bei mir zu bleiben. Das war ein bissel anstrengend. Mich hat es fast zerrissen da oben.“ Tasiadis war als Drittletzter auf die Strecke gegangen, beim Überfahren der Ziellinie war klar, eine Medaille ist es. Teamkollege Franz Anton war als Halbfinalschnellster zuletzt am Start. Er hatte einen fabelhaften Lauf im Semifinale gezeigt, nahezu perfekt. Im Endlauf etwas verhaltener paddelte der 32-Jährige dann zu Bronze. Im Vorfeld der WM hatte er im Spaß gesagt, „vielleicht nehme ich mir mal vor, Sideris auf seiner Heimstrecke zu schlagen, das ist mir bisher noch nie gelungen.“ Voller Freude über den dritten Platz sagte er dann lachend, „ich kann schneller fahren als Sideris. Im Halbfinale war ich schneller. Ich habe es nur nicht im Finale gemacht. Aber mit Sidi auf dem Podium, was will man mehr.“ Tasiadis ergänzte noch: „jetzt haben wir uns abgewechselt. 2018 war Franz Weltmeister und ich Dritter.“ Silber ging an Alexander Slavkovsky aus der Slowakei.

Kurz vor dem Männerrennen raste Andrea Herzog zu Gold. Trotz einer Torstabberührung, verbunden mit zwei Strafsekunden, konnte sich die 22-Jährige vor Jessica Fox aus Australien schieben. Bronze ging an die Britin Mallory Franklin. Die Leipzigerin musste als zwischenzeitlich Führende noch zwei weitere Starterinnen abwarten. Das Warten in der Leaderbox, so sagte sie, seien harte Minuten gewesen. „Mein Einstieg von Tor eins zu zwei war nicht so perfekt. Ich hatte einfach keine Welle, die mir geholfen hat. Jess ist dann genau das Gleiche passiert und hat sich dann aber super gefangen. Und an Tor 14 hatte ich eine blöde Berührung, die einfach hätte nicht sein müssen. Aber den letzten Abschnitt bin ich richtig gut gefahren.“ Der Sieg, so meinte sie, „vor dem mehr oder weniger heimischen Publikum ist natürlich unfassbar.“

Lilik und Trummer im Halbfinale ausgeschieden

Die beiden anderen deutschen Halbfinalisten Elena Lilik (KS Augsburg) und Timo Trummer (KV Zeitz) konnten sich nicht für den Endlauf der besten Zehn qualifizieren. Trummer schied als Halbfinal-26. bei acht Strafsekunden aus. Zunächst gut in den Lauf gekommen und mit einer sehr guten Geschwindigkeit unterwegs, touchierte der 26-Jährige Torstab Nummer zwölf und verlor etwas die Linie dabei. Es folgten zwei weitere Strafsekunden drei Tore weiter – und damit war dem Zeitzer klar, das wird wahrscheinlich nicht mehr reichen. „Die Torkombination 15, 16, 17 hat nicht geklappt wie geplant. Und danach war so ein bisschen der Flow raus. Ich war leider nicht mehr auf der Linie und kam auch nicht mehr zurück.“ Die C1-Weltmeisterin von 2021, Elena Lilik (KS Augsburg),  konnte ihren Titel nicht verteidigen, da sie als Halbfinal-16. den Endlauf verpasste. „Ein bisschen enttäuscht bin ich. Nach dem Weltmeistertitel letztes Jahr hätte ich gern noch im Finale performed. Aber es ist überhaupt nicht schlimm. Ich hatte meinen magischen Moment gestern und auch über die ganze Woche“, sagte sie. Die Strecke war im Canadierboot definitiv schwerer zu fahren als im Kajakboot, „man musste mehr taktische Rückschlüsse ziehen. Es ist mir nicht ganz so gut gelungen, den Plan umzusetzen. Nach dem Tag gestern hatte einfach die Konzentration nachgelassen.“

Die dritte deutsche Canadierfahrerin, Nele Bayn (Leipziger KC), war bereits in den Qualifikationsläufen am Freitag gescheitert. Die 22-Jährige verpasste im Hoffnungslauf um zwei Plätze den Halbfinal-Einzug. Am letzten Tor, einem Aufwärtstor, dass noch einmal viel Kraft abverlangte, touchierte sie kaum merklich einen Torstab. Doch selbst ohne den Zweier hätte es nicht gereicht, das kostete sie nur einen Platz. Die besten zehn der Hoffnungsrunde sind weitergekommen. „Ich hatte an zwei Stellen ein paar Probleme. Dann gingen mir auch langsam die Kräfte aus“, sagte sie nach ihrem Rennen am Freitag.

Nach den Kanuslalom-Disziplinen zog Cheftrainer Klaus Pohlen eine erste Bilanz. „Ich bin komplett geplättet. Ich kann es gar nicht so ganz fassen und einordnen. Aber ich möchte diese Erfolge vor allem diesem fantastischen Publikum widmen. Wie die unsere Leute hier runtergeschrien, runtergetragen haben, das war sensationell. Und dann ein Riesendank an mein Trainerteam Felix Michel, Thomas Apel, Thorsten Funk, Paul Böckelmann. Das haben die Jungs supergut gemacht. Das Team lebt. Wir haben auch gute Trainingswissenschaftler und Physiotherapeuten. Und noch einmal einen ganz großen Dank an unseren Doc, der in den schweren Coronazeiten uns immer mit Rat und Tat zur Seite stand. Riesenkompliment auch die Organisation hier, das war nicht so einfach in den letzten 14 Tagen, was hier geleistet werden musste.“

Deutschland gewinnt Nationenwertung

Die Kanuslalom-Weltmeisterschaften sind ein Sommermärchen. Das deutsche Team feierte fünf Weltmeistertitel, darunter drei Einzel-Goldmedaillen. Zudem kamen eine silberne Teammedaille und zwei Bronzemedaillen. Damit gewinnt Deutschland die Nationenwertung bei der Heim-WM in Augsburg. „Es ist ein Riesending, dass wir hier vor heimischem Publikum die Nationenwertung verteidigen konnten. Riesenkompliment an meine Mannschaft, insbesondere an die Trainer Thomas Apel, Felix Michel, Paul Böckelmann und Thorsten Funk. Dank auch an die Physiotherapeuten und unsere beiden Trainingswissenschaftler, die hier die Analysen gemacht haben. Und an unseren Doc, der uns durch die superschere Coronazeit mit Rat und Tat durchgesteuert hat.“

Text und Videos: Uta Büttner, Fotos: Thomas Lohnes

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