15.03.2012 | Kanu-Rennsport

Der Weg zu Olympia führt über vier knallharte Wettkämpfe

Wenn sich am Karfreitag viele auf ein frohes und entspanntes Osterfest einrichten, läuten die Rennsport-Asse unseres Landes beim ersten Ranglisten-Wettkampf auf der Wedau in Duisburg ihren heißen Fight um die begehrten Olympiatickets ein. Sieben Wochen später wird im Ergebnis der zweiten Weltcupregatta der Saison in Duisburg zum Abschluss der Olympiaqualifikation feststehen, wer diesmal die Hoffnungen des Deutschen Kanu-Verbandes und der vielen Kanufans im Lande bei den Spielen in London trägt.

Zwischen beiden Veranstaltungen liegen mit dem zweiten nationalen Ranglistenwettkampf einschließlich der Deutschen Einer-Meisterschaften in den olympischen Disziplinen ebenfalls in Duisburg (27.-29. April) und dem ersten Weltcup in Posen (18.-20. Mai) zwei weitere Prüfungen von entscheidender Bedeutung für die Olympiaqualifikation. Alles in allem wartet damit auf die Aktiven wieder ein Ausleseprozess, der es in sich hat. "Die Qualifikation ist neben den Olympischen Spielen selbst der wichtigste Wettkampf des Jahres, denn wer sie nicht besteht, ist bei Olympia gar nicht erst dabei", betont DKV-Sportdirektor Dr. Jens Kahl und unterstreicht zugleich ihren besonderen Anspruch: "Im Unterschied zu ebenfalls knallharten Qualifikationen wie etwa den Trials der US-amerikanischen Leichtathleten besteht unsere Qualifikation eben nicht nur aus einem Wettkampf, sondern die Athleten müssen sich bei mindestens drei bzw. gar vier Veranstaltungen der hochkarätigen Konkurrenz stellen und somit auch Kontinuität nachweisen."

Bonus für die Athleten der Kernmannschaft ist kein Ruhekissen

Dabei wird den erfolgreichen WM-Teilnehmern des Vorjahres, die in Szeged in neun von zwölf olympischen Bootsdisziplinen Quotenplätze für den DKV erkämpft haben (siehe Auflistung am Ende), zwar ein gewisser Bonus eingeräumt, in Sicherheit wiegen aber kann sich niemand. Dazu erklärt der DKV-Sportdirektor: "Wir wollten die Athleten der Kernmannschaft im Sinne eines langfristigen Saisonaufbaus ganz bewusst davon befreien, bereits zum Qualifikationsauftakt Bestform an den Tag legen zu müssen. Für die Sportler gilt es abzuwägen, wie intensiv sie sich speziell auf den Einstieg in die Qualifikation vorbereiten oder ob sie auf eine spezifische Vorbereitung verzichten und den Einstieg weitgehend aus dem Training heraus bestreiten. Das ist nicht einfach. Um diesen Weg letztlich auch erfolgreich zu bewältigen, bedarf es viel Erfahrung und auch einer gehörigen Portion Selbstvertrauen."

Gleichwohl dürfte für die meisten die Devise lauten, sich bereits beim Qualifikationsauftakt am 6./7. April mit den Einer-Prüfungen über 200, 500 und 1000m für die Kajak- und Canadier-Herren sowie über 200, 250 und 500m für die Kajak-Damen eine komfortable Ausgangsposition zu verschaffen, wobei die Kajak- und Canadier-Herren bei Konzentration auf die Kurzstrecke auf die 1000m und umgekehrt bei Priorität für die Mittelstrecke auf die 200m verzichten können. Chefbundestrainer Reiner Kießler rechnet jedenfalls mit reichlich Andrang im Kampf um die heiß begehrten Nominierungsplätze: "Die Sportler haben in den Vorbereitungstrainingslagern in Florida, Südafrika, Sevilla und Sabaudia alle sehr zielstrebig und professionell trainiert, denn natürlich möchte jeder von ihnen den Sprung in die Olympiamannschaft schaffen. Ich hoffe, dass diejenigen, die sich im Laufe der Saisonvorbereitung die besten Leistungsvoraussetzungen erarbeitet haben, sich auch am Ende durchsetzen können und ihr Niveau im weiteren Saisonverlauf über die Wettkampf-Strecken dann noch eine Steigerung Richtung Olympia erwarten lässt. Außerdem würde ich mir wünschen, dass wir bei der Qualifikation für alle gleich faire Bedingungen haben und der Leistungsstand der Athleten nicht durch unterschiedliche äußere Begleitumstände verfälscht wird."

Vordere Ranglistenplätze eröffnen die attraktivsten Einsatzchancen

Drei Wochen nach dem Qualifikationsauftakt stehen bei der zweiten Ranglistenprüfung vom 27.-29. April wiederum auf der Wedau im Kajak und Canadier der Herren noch einmal die gleichen Distanzen wie beim ersten Ranglistenwettkampf auf dem Programm, während die Kajak-Damen sich über 200 und zweimal 500m beweisen müssen. Zugleich werden die diesjährigen Deutschen Meister in den olympischen Einerdisziplinen ermittelt. In der Addition beider Ranglistenprüfungen wird im Kajak und Canadier der Herren jeweils eine Kurz- und eine Mittelstreckenrangliste gebildet, die Ergebnisse bei den Kajak-Damen fließen dagegen in eine Gesamtrangliste und zusätzlich teilweise in eine Kurzstreckenrangliste ein (2x200m, 250m und das 500m-Rennen der Deutschen Meisterschaft). Außerdem wird beim zweiten Ranglisten-Wettkampf eine Qualifikation im C2 über zweimal 1000m ausgefahren.

Um für die anschließende internationale Qualifikation bei den Weltcups in Posen (18.-20. Mai) und in Duisburg (25.-27. Mai) nominiert werden zu können, gilt es für die Athleten der Kernmannschaft, neben einem entsprechenden Leistungsnachweis an Hand der Fahrzeiten in den jeweiligen Finalläufen weitere Mindestanforderungen zu erfüllen. So müssen die Kajak-Herren bei Ambitionen auf einen 1000m-Einsatz mindestens einen Platz unter den ersten zehn der Mittelstreckenrangliste erreichen oder einen 1000m-Sieg zu Buche stehen haben. Für einen Einsatz auf der Sprintdistanz sind eine Platzierung unter den ersten vier der Kurzstreckenrangliste oder zwei Siegleistungen über 200m erforderlich. Im Kajak der Damen müssen sich die Athletinnen unter den ersten acht der Rangliste platzieren oder zweimal über 500m gewinnen und im C2 müssten die Weltmeister Tomasz Wylenzek (Essen) und Stefan Holtz (Leipzig) beim Ausscheid in Duisburg mindestens Platz drei erreichen.

Wenn es den Athleten der Kernmannschaft gelingt, die Vorgaben für eine Nominierung zu erfüllen, dann wird schnell klar, wie anspruchsvoll die Aufgabe für die nicht zur Kernmannschaft gehörenden Seiteneinsteiger wird. Zu welch hochkarätigen Auseinandersetzungen es dabei voraussichtlich kommt, zeigt sich vor allem bei den Damen, wo nicht nur die vierfache Olympiasiegerin Katrin Wagner-Augustin (Potsdam) nach der Geburt von Klein-Emil und der Wiederaufnahme des Trainings mit Beginn der Wintersaison erneut und hoch motiviert mit von der Partie ist, sondern auch Rekordolympiasiegerin Birgit Fischer – wie von den Medien bereits berichtet – mit einem erneuten Comeback liebäugelt. Die Brandenburgerin hat sich im Winter über mehrere Wochen in Australien vorbereitet und man darf gespannt sein, welche Form sie erreicht und ob sie ihre Ankündigung in die Tat umsetzt. Auch bei den Kajak-Herren hat sich u. a. mit dem K2-Olympiasieger und 7-fachen Weltmeister Tim Wieskötter (Potsdam) ein namhafter Athlet als Seiteneinsteiger den Kampf um ein Olympiaticket vorgenommen. Ganz gleich ob Kernmannschaft oder Seiteneinsteiger – Chefbundestrainer Reiner Kießler gibt den Athleten einen grundlegenden Rat mit auf den Weg: "Auf den Punkt gebracht lässt sich sagen: je besser ein Sportler oder eine Sportlerin in den jeweiligen Ranglisten plaziert ist, desto attraktiver sind auch die Chancen insbesondere bei der Berücksichtigung für die Mannschaftsboote. Ich hoffe, dass nach dieser Maxime alle um eine saubere Nominierung kämpfen. Das würde uns viel nachträglichen Stress in der Olympiavorbereitung ersparen."


Auflistung Kernmannschaft London 2012

Kajak Damen

Dietze, Tina (Leipzig)
Hörmann, Silke (Karlsruhe)
Leonhardt, Carolin (Mannheim)
Reinhardt, Nicole (Lampertheim)
Weber, Franziska (Potsdam)

Kajak Herren

Bröckl, Norman (Berlin)
Ems, Jonas (Essen)
Gleinert, Robert (Berlin)
Groß, Markus (Berlin)
Hoff, Max (Essen)
Hollstein, Martin (Neubrandenburg)
Ihle, Andreas (Magdeburg)
Mittelstedt, Paul (Neubrandenburg)
Rauhe, Ronald (Potsdam)

Canadier

Holtz, Stefan (Leipzig)
Wylenzek, Tomasz (Essen)

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