09.08.2014 | Kanu-Rennsport

WM Moskau: Sebastian Brendel wird Doppelweltmeister, Max Hoff holt Langstrecken-Silber

Der C1-Olympiasieger von London Sebastian Brendel (Potsdam) sorgte am Vormittag des ersten Finaltages der Kanu-WM in Moskau für den einzigen deutschen Medaillenerfolg: In einem hochdramatischen Rennen erkämpfte er mit Weltbestzeit von 3:44,578 Minuten erstmals den WM-Titel über die olympische 1000m-Distanz. Am Nachmittag fügte er seiner Bilanz noch den Titel auf der Langstrecke hinzu. Für Max Hoff (Essen) gab’s über 5000m Silber.
Erstmals Weltmeister über 1000m: Seb. Brendel

Noch bis etwa einen Meter vor der Ziellinie schien im C1-Finale über 1000m der Brasilianer Dos Santos den Sieg erringen zu können, Sebastian Brendel war ihm Zentimeter um Zentimeter näher gekommen. Doch zu früh setzte der Brasilianer zum Zielsprung an, konnte sich nicht mehr halten und kenterte noch vor der Ziellinie – Gold für Brendel, der in einem hochdrama- tischen Finale das Letzte aus sich heraus geholt hatte und hinter der Ziellinie ebenfalls kenterte. „Es war ein super Rennen. Ich bin einfach nur gefahren, gefahren, gefahren und war nach dem Rennen so fertig wie noch nie zuvor. Nach dem Ziel hatte ich dann absolute Sauerstoffnot, da musste ich mich erstmal ins Wasser retten. Ich bin überglücklich, auch weil ich die bislang schnellste Zeit über 1000m gefahren bin – Weltbestzeit, die wollte ich schon immer knacken“, meinte der 26-jährige Bundespolizist nach dem Rennen. Ganz Sportsmann fügte er zum Schicksal seines Kontrahenten hinzu: „Dass der Brasilianer nicht ins Ziel gekommen ist, ist schade, aber so ist nun mal der Sport. Mein 1. WM-Titel über 1000m - es ist einfach ein tolles Gefühl, ich habe dafür lange und hart gearbeitet. Großen Dank an meine Familie und meinen Trainer, ihm vertraue ich voll, wir hatten vorher abgesprochen, wie ich fahren soll und es ist voll aufgegangen. Ich hoffe, dass das unserem Team jetzt weiter Auftrieb gibt.“
Auch von Chefbundestrainer Reiner Kießler fiel ein Trauma ab: „Das war ein Rennen für die Geschichtsbücher. Nach zwei Finals zuvor, die nicht so gut für uns liefen, lässt uns der Sieg von Sebastian erstmal tief durchatmen“, so seine erste Reaktion nach dem Erfolg von Brendel.

In den anderen Disziplinen unterlegen
Zuvor war der K4 der Damen mit Verena Hantl (Karlsruhe), Franziska Weber (Potsdam), Tina Dietze (Leipzig) und Conny Waßmuth (Potsdam) hinter Ungarn, Polen und Weißrussland auf Rang vier gepaddelt. Übereinstimmend schätzten die vier ein: „Mit dem Rennen sind wir eigentlich nicht unzufrieden, es war kein schlechtes Rennen. Aktuell müssen wir uns in der Entwicklung des K4 um Platz vier herum sehen. Die anderen sind halt momentan stärker. Bis Rio haben wir noch viel Arbeit vor uns. An unserem Ziel, eine olympische Medaille, halten wir auf jeden Fall fest“, so Verena Hantl.
Enttäuschend endete auch das K1-Finale über 1000m der Männer für Titelverteidiger Max Hoff (Essen). Er fand diesmal kein Mittel, um in die Entscheidung mit eingreifen zu können und wurde am Ende Neunter, die Medaillen holten Josef Dostal (CZE) vor Miroslav Kirchev (BUL) und Rene Holten Poulsen (DEN). Mit etwas Abstand äußerte er später: „Ich habe das Rennen abgehakt. Wir müssen in Ruhe analysieren, woran es gelegen hat. Es ist jedenfalls einiges schief gelaufen.“
Auch der als Medaillenkandidat geltende K2 der Männer mit Max Rendschmidt (Essen) und Marcus Groß (Berlin) blieb auf Rang vier hinter den Booten aus der Slowakei, Australien und Serbien ohne Edelmetall. Max Rendschmidt quittierte das Abschneiden mit den Worten: „Das war sch…anstrengend. Ich hatte tierische Probleme mit der Nervosität, habe fast die ganze Nacht nicht schlafen können. Aber so ist das eben, an einem guten Tag wirst du erster, an einem schlechten ist das Podium weg". Marcus Groß ergänzte: „Mehr ging heute einfach nicht. Wir müssen ehrlich eingestehen, die anderen haben enorm aufgeholt, sowohl am Start wie z. B. die Australier als auch im Finish wie z. B. die Slowaken. Wir können niemanden mehr überraschen.“
In den weiteren Finals am heutigen Vormittag kamen die DKV-Boote im C4 über 1000m mit Sebastian Hennig (Leipzig), Erik Leue, Michael Müller (beide Magdeburg) und Peter Kretschmer (Leipzig) auf Rang fünf, Melanie Gebhardt (Leipzig) fuhr im K1 der Damen über 100m auf Rang sieben und im C2 der Männer über 500m belegten Robert Nuck und Stefan Holtz (beide Leipzig) Platz neun.
DKV-Präsident Thomas Konietzko bilanzierte zum Abschneiden des deutschen Teams: „Für uns zeigt sich Licht und Schatten. Ich nehme mit, dass in den meisten Disziplinen noch mehr Boote in die Weltspitze vorgedrungen sind und es immer enger an der Spitze wird. Wir sehen hier deutlich, dass man nicht nur in Europa, auch in anderen Kontinenten einen deutlichen Schritt nach vorn gemacht hat.“

Fünf DKV-Boote in den Sprintfinals

Mit einem ungefährdeten Semifinalsieg und bester Zeit aller Boote unterstrich am Nachmittag der Herren-Sprint-Zweier Ronald Rauhe (Potsdam) und Tom Liebscher (Dresden) seine Medaillenambitionen im morgigen Finale. Mit jeweils couragierten Semifinalläufen und Rang zwei sicherten sich auch Sabine Volz (Karlsruhe) im K1 und Stefan Kiraj (Potsdam) im C1 die Endlaufteilnahme. In den gestrigen Vorläufen über 200m hatten sich als Sieger Franziska Weber (Potsdam) und Tina Dietze (Leipzig) sowie Robert Nuck und Stefan Holtz bereits direkt für die Finals qualifiziert. Einzig Jonas Ems (Essen) musste mit Rang sechs im Semifinale mit dem C-Endlauf vorlieb nehmen.

Gold und Silber auf der Langstrecke

In den spannenden Langstreckenrennen zum Abschluss des heutigen Tages erkämpfte Sebastian Brendel dann seinen zweiten Titel. Er gewann erneut im Duell mit Attila Vajda (HUN): „Ich bin glücklich, dass meine Serie gehalten hat: alle Langstreckenrennen, die ich bei EM und WM  gefahren bin, habe ich gewonnen“, sagte der zweifache Champion und kündigte an, auch mit der Staffel noch um eine weitere Medaille kämpfen zu wollen. Etwas Balsam auf die wunde Seele gab’s für Max Hoff, er holte hinter dem Australier Ken Wallace Silber: „Das ist schon ok, jetzt habe ich wenigstens meine Medaille. Ich bin froh, dass ich noch vor den beiden anderen geblieben bin. Mich so richtig freuen – das ist aber im Moment etwas schwierig.“ Ein couragiertes Rennen zeigte auch Neuling Melanie Gebhardt (Leipzig) bei den Damen. Sie hielt sich von Beginn an im Vorderfeld auf, lag lange Zeit auf Medaillenkurs, musste am Ende aber noch die Ungarin Renata Csay vorbei lassen. So blieb am Ende nach starker Leistung Platz vier. Den Sieg holte Louisa Sawers (GBR) vor Maryna Litvinchuk (BLR). DKV-Präsident Thomas Konietzko sprach nach den Langstrecken-Entscheidungen von einem einigermaßen "versöhnlichen Abschluss. Das hübscht unere Bilanz etwas auf."

Komplette Ergebnisse:

http://www.results.imas-sport.com/imas/regatta.php?competition=wettkampf_112

Text: H.-P. Wagner

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