DKV-Umweltsymposium

Gewässerökologie und Kanusport - Ist Kanusport auch in Zukunft noch möglich?

Am 23. und 24. Februar 2019 veranstaltete der Deutsche Kanu-Verband in Kooperation mit der Universität Kassel, Fachbereich Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen ein Umweltsymposium. Ziel der Veranstaltung war es, sich mit Vertretern des Naturschutzes darüber auszutauschen, ob und wie zukünftig ein Nebeneinander von Naturschutz und Kanusport möglich ist ,und wie Beteiligte auf beiden Seiten sich gemeinsam für den Schutz und Erhalt naturnaher Gewässer bei gleichzeitiger Ausübung natur- und landschaftsverträglichen Kanusports einsetzen können.

Mittlerweile beeinträchtigen fast 1.000 Regelungen aus Naturschutzgründen den Kanusport in Deutschland. Den Auftakt des Symposium machte deshalb Prof. Franz Brümmer, Vorsitzender des Kuratoriums Sport und Natur mit seinem Impulsvortrag „Wassersport im Spannungsfeld von Natura 2000, Wasserrahmenrichtlinie und nationalen Entwicklungen!“

Die Sicht nicht nur des Naturschutzes wurde im zweiten Impulsvortrag von Iris Brunar vom BUND-Elbeprojekt in Dessau-Roßlau betrachtet. „Das Elbekonzept – wie finden Naturschutz und Erholung zueinander?“ lautete der Titel ihres Impulsvortrages, bei dem sie nicht nur kurz das Elbe-Auenprojekt vorstellte, sondern auch aufzeigte, wo Gemeinsamkeiten bei Wassersport und Naturschutz liegen.

Den dritten Impulsvortrag hielt Dr.-Ing. Reinhard Hassinger von der Universität Kassel (Versuchsanstalt und Prüfstelle für Umwelttechnik und Wasserbau). In seinen Ausführungen stellte er die „Möglichkeiten der Kombination von Fischaufstieg und Bootspassage“ anhand der Weiterentwicklung des Borsten-Rippen-Passes vor.

 

In parallel laufenden Arbeitskreisen wurden samstags und sonntags verschiedenartige Aspekte des Kanusports und des Umweltschutzes behandelt.

Arbeitskreis 1:   Wasserbau und Aquatische Fauna

Dr. Dirk Hübner von BFS Marburg stellte „Gewässerökologische Aspekte zum Kanusport“ vor und erläuterte die Ansprüche der einzelnen Fischarten und anderen Wasserlebewesen an ihren Lebensraum, wobei er auf besonders sensible Gewässerstrukturen und das naturverträgliche Verhalten von Kanusportlern einging.

Das Projekt „Surf- und Kanurodeowelle in der Fulda in Kassel“ wurde von Dr. Sebastian Fischer vom Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Kassel vorgestellt. Durch die Schaffung einer Fluss-Welle mitten in der Stadt können neue Nutzungsmöglichkeiten urbaner Räume geschaffen, das Freizeitangebot für Sport ausgeweitet und Freestyle als Breitensport etabliert werden.

 

Arbeitskreis 2:   Kanusport und Klimawandel

Prof. Franz Brümmer vom Kuratorium Sport und Natur stellte in seinem Vortrag „Klimawandel/Klimafolgen und Kanusport“ am Beispiel Bodensee dar, welche Änderungen heute schon durch den Klimawandel zu spüren sind. Eingewanderte Arten wie Kaliko-Krebs, Ochsenfrosch und Quagga-Muschel profitieren von der Klimaerwärmung und können ganze Gewässer-Ökosysteme innerhalb kurzer Zeit zerstören. Zudem müssen sich Kanusportler auf dauerhaft niedrige Wasserstände einrichten.

In seinen Ausführungen zu „Auswirkungen des Klimawandels auf den Kanusport“ ging Jens Prüller vom Landessportbund Hessen auf die CO2- Bilanz der Menschen, den langfristigen Temperaturanstieg und die zukünftigen Szenarien durch extreme Hitze ein. Bei unverändertem Lebensbedingungen wird es zunehmend mehr heißere Tage über 30°C und eine Abnahme von Frosttagen geben, dazu kommt es im Winter zu mehr Regen mit hohen Pegelständen, im Sommer zu mehr Niedrigwasser.

Das Fazit der beiden Experten: wir müssen unseren bisherigen Lebenswandel überdenken und neue Wege aus der Klimakrise finden!

 

Arbeitskreis 3:   Aktionen für saubere Gewässer

Der Deutsche Kanu-Verband arbeitet seit einigen Jahren mit dem Deutschen Segler-Verband, dem Verband Deutscher Sporttaucher und dem NABU beim Projekt „Gewässerretter“ mit. Isa Winter-Brand, DKV-Vizepräsidentin Freizeitsport, erläuterte dieses Projekt und stellte den „MUSS – mein Fluss muss sauber sein“ vor. Dieser Müll-Unrat-Sammel-Sack ist ein Projekt des DKV, des Deutschen Ruderverbands und des Teams Kunststoff. Der Sack ist aus recycelten PET-Flaschen hergestellt und mit ihm können Wassersportler helfen, dass möglichst wenig Müll über die Flüsse ins Meer gelangt. Er ist hier beim DKV erhältlich.

Sigrun Lange, Referentin Kommunikation Alpenflusslandschaften und Naturschutz WWF, berichtete über die „Big-Jump-Aktion 2018“ am Sylvensteinspeicher der Isar, die in Zusammenarbeit des WWF, der Naturfreunde Wolfratshausen und dem Bayerischen Kanu-Verband durchgeführt wurde. Forderungen sind lebendige Flüsse und der Erhalt der EU-Wasserrahmenrichtlinie als wichtiges Instrument zur europaweiten Verbesserung der Flüsse, Seen und des Grundwassers.

Die Aktion fand im Rahmen des Europäischen Flussbadetags (www.bigjump.org) statt. Dieser wird seit 2002 jährlich durchgeführt und soll mit feuchtfröhlichen Aktionen saubere Seen und lebendige Flüsse (ein-) fordern. www.alpenflusslandschaften.de/de/bootsaktion.html

Über die Aktion wurde ein Film gedreht. Abrufbar unter: vimeo.com/279526767

 

Arbeitskreis 4:   Umweltbildung, Nutzerlenkung und der Europäische Paddel-Pass Deutschland

Am Beispiel „Erfahrungen aus dem Flussparadies Franken“ stellte Anne Schmitt dar, wie mit wenig Aufwand, z.B. mit naturnah angelegten Kanu-Anlegestellen, guter Beschilderung und klaren Regeln für das naturverträgliche Kanufahren, das Naturerlebnis auf dem renaturierten Main www.main-wasserwandern.de für Bootswanderer ermöglicht wird. Über den regelmäßigen Austausch der Beteiligten wird das Projekt ständig aktuell gehalten und weiterentwickelt. 

Als gutes Mittel für eine Qualifizierung von Kanusportler*innen wurde von Gabriele Koch, DKV-Ressortleiterin Service, der „Europäische Paddel-Pass Deutschland“ vorgestellt. Sie verdeutlichte die Entwicklung dieses mittlerweile von elf europäischen Kanu-Verbänden angewendeten Kanusport-Abzeichens, welches eine standardisierte Ausbildung gewährleistet. Solchermaßen geschulte Kanut*innen beherrschen nicht nur die Paddeltechnik, sie sind auch ausgebildet in den Themen Kanu-Sicherheit und Umweltschutz. Sie sind somit in der Lage, ihren Kanusport naturverträglich auszuüben.

 

Arbeitskreis 5:   Verfahrensbeteiligung des Kanusports bei Schutzgebietsregelungen

DKV-Geschäftsführer Freizeitsport und Justiziar, Ulrich Clausing, erläuterte das grundlegende System der Verfahrensbeteiligungen und zeigte in seinem Vortrag „Verfahrensbeteiligung des Kanusports bei Schutzgebietsausweisungen“ wie einzelne Kanut*innen, Kanu-Vereine, Bezirke, Landes-Kanu-Verbände und der Bundesverband in die Verfahren eingebunden sind.

Sven Wollesen, Ressortleiter Naturschutz und Gewässer im Landes-Kanu-Verband Schleswig-Holstein, schilderte den ungewöhnlichen Weg in Schleswig-Holstein bei der Ausweisung von Natura 2000-Gebieten. Das dortige Umweltministerium ergriff die Initiative und schloss mit dem Landessportverband S-H freiwillige Vereinbarungen über die Nutzung der Gebiete durch den Sport ab. Die Fachverbände brachten ihre Belange in die Gespräche mit ein, so dass schon im Vorfeld der Schutzgebietsausweisungen Konflikte weitgehend verhindert wurden. Bei der Erstellung der Managementpläne werden die sportrelevanten Regelungen der freiwilligen Vereinbarungen mit aufgenommen.

 

Dr. Stefan Schmidt, Bayerischer Kanu-Verband e.V., Ressortleiter Umwelt und Gewässer stellte die neu erstellte Publikation „Naturnahe Sohlenbauwerke und Bootswandern“ des Bayerischen Kanu-Verbands vor, in der Möglichkeiten aufgezeigt werden, bei der Umgestaltung von Querbauwerken im Rahmen der WRRL-Umsetzungsmaßnahmen Naturschutzaspekte und kanusportliche Befahrbarkeit synergetisch zu kombinieren.

 

Abends hatten die Teilnehmer*innen die Gelegenheit, den Film „2467 km – eine Reise ins Schwarze Meer“ von Pascal Rösler zu sehen und im Anschluss daran mit ihm über seine Fahrt auf dem SUP von München bis ins Schwarzes Meer zu diskutieren. Das Anliegen des Umweltaktivisten von Pure Water for Generations (https://pure-water-for-generations.com/) ist es, sich für sauberes trinkbares Flusswasser einzusetzen.

 

Abgeschlossen wurde das Symposium mit einem „Round-Table-Gespräch“, an dem Karsten Dufft vom DOSB, Bereich Sportstätten und Umwelt, Ulrich Clausing, Isa Winter-Brand (beide DKV) und Dr.-Ing. Reinhard Hassinger, Universität Kassel, ein positives Resümee zogen. Die Beiträge hatten ein hohes fachliches Niveau, es wurde viel nachgefragt und diskutiert, und es wurde der Wunsch eines erneuten Umweltsymposiums geäußert.

 

Das Ziel der Veranstaltung wurde erreicht, möglichst viele Anregungen aufzugreifen und deutlich zu formulieren, wie ein gemeinsames Auftreten für Naturschutz und Kanusport möglich ist. Deshalb richtete sich das Umweltsymposium an alle Mitarbeitenden in den Kanu-Vereinen, den Kanu-Bezirken, den Landesverbänden und dem Bundesverband, die im Spannungsfeld Naturschutz und Kanusport tätig sind und die gewonnenen Anregungen in ihrer täglichen Arbeit umsetzen können. Aber auch sonst am Thema interessierte Personen waren herzlich eingeladen. Besonders angesprochen wurden DKV-Lizenzinhaber, die die Anregungen als Multiplikatoren weitergeben können.

Veranstalter

Deutscher Kanu-Verband e.V.
Bertaallee 8
47055 Duisburg
Telefon 0203 / 99759 - 0

Kontakt

Petra Schellhorn
Ressortleiterin Umwelt und Gewässer
Kelsterbacher Straße 22 E
60528 Frankfurt am Main
Telefon 0172 / 5887679
umwelt@freizeit-kanu.de