16. März 2021

Ab in die Brandung!

Bildquelle: Christian Zicke, Outdoordirekt

Brandungszonen sind das Salz in der Suppe für jeden Seekajaker. Kein anderes Revier zeigt dir so deutlich deine Grenzen auf. Gleichzeitig kannst du auch nirgendwo besser deine Skills trainieren als hier. Willst du deine Paddelkompetenzen weiterentwickeln, heiße die Brandung willkommen.


Von Lars Everding, DKV-Referent Ausbildung Küste

 

Die Faszination von Seekajakfahren ist eng verbunden mit seinen nicht unerheblichen Ansprüchen an den Paddler. Zwischen der atemberaubenden Kulisse einer Küstenlandschaft oder der Begenung von Küstenbewohnern kann nur ein Paddelschlag zu möglichen Gefahren liegen, wie z.B. starkem Wind und Strom, Wellen, kaltem Wasser und Schiffsverkehr. Trotzdem einsteigen und losfahren?
Unbedingt, aber nicht planlos!

Sicheres Seekajakfahren berücksichtigt bereits vor Fahrtantritt im Wesentlichen die drei Kernaspekte Technik, Sicherheit und Seemannschaft. Es schadet nicht, wenn auch erfahrene Paddler sich selbstkritisch fragen, ob ihre eigenen Paddeltechniken fit für die hohe See sind.

 

Checkliste – sind meine Paddeltechniken fit für die hohe See?
 

 

  • Heben und tragen, starten und landen – Gebrauch von Bootswagen oder Tragegurten, Ein- und Ausstieg mit Auslegertechnik, Auswahl eines geeigneten Start- und Landeplatzes, Brandungsstart (allein, aber mit Support), Starten (Robbenstart) bei leichter Brandung („Bumpdrop“), Landen: Beine aus dem Cockpit heben, Aufstehen bei Grundberührung, Boot an Land ziehen (seeseitig)
  • Effizientes Vorwärtspaddeln – Grundschlag mit Oberkörperrotation, aktives Sitzen, Kraftschluss zum Boot; Oberkörperrotation, Beinarbeit, Catch, obere Führhand, Ellenbogen; 4 Phasen des Paddelschlags
  • Stoppen – max. drei Schläge genügen, um das Boot zum Stehen bzw. in leichte Rückwärtsbewegung zu bringen, Notstopp (Bremschlag)
  • Rückwärts paddeln – Rückwärtsschlag mit effizientem Umsetzen des Paddels, rückwärtiges Geradeausfahren und Kurshalten
  • Kurshalten/ fahren im Wind – Kanten, Heckruder(zum Steuern), Ankanten bei leichtem Seitenwind, asymmetrische Paddelhaltung, S-Schlag („Keyhole-Stroke“),v J-Schlag („SternDraw“)  
  • Richtungswechsel – Bogenschlag vorwärts  Kanten (Edging), Bogenschlag rückwärts  Lehnen (Leaning), Bugruder, Heckruder, Konterschlag, Schlagkombinationen
  • Seitwärts versetzen – Ziehschlag, statisch, Wriggen (zum seitlichen Versetzen), Ziehschlag, dynamisch (Hanging Draw)    
  • Stützen (Stand und Fahrt) – Aktives Sitzen, Kraftschluss zum Boot, Bereitschaftshaltung, C to C, flache Stütze, Kopfkontrolle
  • Einseitiges Rollen auf flachem Wasser – C to C, Hüftknick; Kopfsteuerung, Bogenschlag oder Paddelhangrolle in Rück- bzw. Vorlage        

 

Deutsche Brandungsreviere


Unsere deutsche Nordseeküste hat viele abwechslungsreiche und einzigartige Reviere zu bieten. Neben dem Weltnaturerbe Wattenmeer sind es die weiten Brandungszonen vor den Ost- oder Nordfriesischen Inseln, die das Seekajaken in unseren heimatlichen Gefilden so einzigartig machen. Das Gleiche gilt natürlich auch für unsere schöne Ostsee und ihre kilometerlangen Strände, die ebenfalls beste Bedingungen für Brandungszonen schaffen.


Dein Trainingsspot

 


Auflandiger Wind vor Ort oder einlaufende Dünung aus einem weiter entfernten Windgebiet begünstigen die Brandungsbildung. Je länger die Windphase, je größer das Gebiet (Fetch) und je stärker der Wind, umso größer die zu erwartende Brandung. Je flacher der Küstenbereich, hier am besten Sandstrand, desto sauberer brechen sich die Wellen und bilden keine „Dumper“. Dumper bauen mit einem Brecher ihre gesamte Energie ab und sind zum Trainieren ungeeignet. Sie sind häufig zu finden, wenn es im Untergrund steile Verwerfungen oder Hindernisse gibt. Im Tidengewässer hängt die Brandung auch von der Höhe des Wasserstandes ab. Bei Niedrigwasser entstehen die Brandungszonen meist weit draußen auf den vorgelagerten Stränden. Bei steigender Tide verlagern sich die Brandungszonen immer mehr Richtung Land, bis sie die Seeseiten der Inseln oder eben die Strandzonen erreichen. Fang mit einer kleinen Brandung mit dem Üben an. Hier eignet sich am besten eine Altdünung die am Folgetag nach dem Windereignis an den Strand läuft. So brauchst du dich nur auf die Wellen konzentrieren und nicht auf den Wind zu achten.
Brandungszonen entstehen immer dann, wenn eine Dünung oder die Wellen einer lokalen Windsee auf Flachwasserbereiche wie z.B. den Inseln vorgelagerten Stränden oder an die flachen Strandzonen unserer Inseln treffen. Das Wirkprinzip ist einfach. Der Wellenboden wird stärker abgebremst als der Wellenkamm, der hierauf den Wellenboden überholt und sich somit anfängt zu brechen. Es gilt, je höher die Dünung umso stärker die Brandung.

 

Definition Wellen

Wir unterscheiden grüne Wellen von sich brechenden Wellen mit Walzenkamm. Eine grüne Welle ohne Walzenschaum hat quer zum Kajak keine Auswirkung auf das Boot. Es wird lediglich angehoben und senkt sich danach wieder. Stimmen Fahrtrichtung und Wellenverlauf dagegen überein kommen wir je nach Geschwindigkeit und Wellenhöhe durch die sogenannte Hangabtriebskraft in den Surf. Wir beschleunigen mit dem Kajak in Richtung der Welle. Eine Welle mit Walzenkamm hat immer Auswirkungen auf unser Kajak. Das luftdurchsetzte Wasser fängt unser Boot sozusagen ein und möchte es solange wie möglich festhalten, am liebsten quer zur Welle.
 

 

Sicherheitstipps zum Brandungspaddeln: „Safety First!“

  • Trainiere niemals allein
  • Trainiere immer mit Helm und trage grundsätzlich eine Schwimmweste
  • Trainiere nur bei auflandigen Wind und auf Tidengewässer bei auflaufendem Wasser
  • Achte auf dein Clean Cockpit und Clean Deck, also keine dem Ausstieg behindernde Einbauten, z.B. Kniepumpen, oder durchhängende Steuerseile etc., damit du jederzeit schnell und sicher dein Boot verlassen kannst und du keine Gegenstände verlierst
  • Aufklappsteuer sollten vor dem Brandungstraining wegen hohem Verletzungsrisiko demontiert werden.
  • Fahre grundsätzlich in der Brandung ohne Paddelleine oder andere geschlossene Seilsysteme.
  • Vermeide Kollisionen durch zeitlichen und räumlichen Abstand zu deinen Mitpaddlern
  • Bilde im Trainingsbetrieb vorher definierte Korridore zum Starten und Anlanden
  • Stelle dich nie zwischen dein Kajak und der dem Land zugewandten Seite. Bleib hier immer auf der zur See gewandten Seite
  • Nutze bei Kollisionsgefahr das Manöver des letzten Augenblicks. Beide Paddler auf Kollisionskurs lassen sich sofort kentern, um den Surf zu beenden und den Oberkörper zu schützen.
  • Im Falle einer Kenterung bleibe immer bei deinem Boot. Nimm es am Heck oder Bug zwischen deine Beine. Drücke deinen Kopf an die Rumpfseite. Halte dich so fest, dass die Bootsenden nicht dein Gesicht verletzen können.
  • Nutze aktuelle Seenotsignalmittel (PLB/DSC-UKW/SafeTrx) um im Notfall schnell Hilfe zu organisieren zu können
  • Im Trainingsbetrieb bleibt immer ein Mitpaddler als Koordinator an Land, um die Übersicht zu behalten.                

 

 


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