23. November 2023

Bereit für die Winter-Paddeltour?

Paddeln im Winter (Foto: Christian Zicke)

Bei kalten Temperaturen passend gekleidet zu sein, ist existenziell wichtig. David Ernst, Geschäftsführer beim Denk Outdoor Kajakshop, gibt Tipps zur Vorbereitung. Mit praktischen Checklisten!

Von David Ernst und Dr. Stefan Bühler (Auszüge)

 

Kaufberatung Denk Outdoor Kajakshop

 

Kleidung für die Winter-Kanutour

„Dress for water not for air“ ist die Ansage zum Kälteschutz beim Paddeln. Bekannterweise wird das Wasser im Winter eiskalt. Eine Kenterung mit Schwimmeinlage unter diesen Bedingungen nur im Neo-Shorty und Paddeljacke kann tödlich enden. Deshalb ist eine den Paddel- bzw. Wetterbedingungen angepasste Bekleidung äußerst wichtig.


Welche Möglichkeiten zum Kälteschutz steht Paddlern grundsätzlich zur Verfügung?

  • Der Trockenanzug vermeidet den direkten Wasserkontakts und minimiert damit den Kälteschock  und die Auskühlung. Deshalb ist der Trockenanzug mit Füßlingen die beste Wahl bei kalten Bedingungen und wo eine Kenterung eher möglich ist (z.B. SUP). Der Trockenanzug allein hat fast keine isolierende Wirkung. Erst die darunter getragene Kleidung verhindert den Wärmeverlust. Die Unterkleidung ist entsprechend der Wassertemperatur zu wählen. Hier bieten sich Textilen an, die entstehende Feuchtigkeit (Schweiß) vom Körper wegleiten und auch in leicht feuchten Zustand noch isolierend wirken (Funktionsbekleidung wie Fleece oder Wolle). Probleme: Der vergleichsweise hohe Preis, der fehlende Stoßschutz im Wildwasser und der Verlust der isolierenden Wirkung bei der er je nach Beschädigung deutlich schlechter isoliert als z. B. ein Neopren. Daher ist auch ganz wichtig beim Trockenanzug: Ein nicht vollständig geschlossener Reißverschluss kann fatale Folgen haben!
    Die Kombination aus Trockenjacke mit (Latz-)Trockenhose bietet die Möglichkeit sich auf unterschiedliche Wetter- und Wasserbedingungen einzustellen. Jedoch ist diese Kombination nicht 100% dicht. Bei längerem Aufenthalt im Wasser (über 5 min) ist mit Eindringen von Wasser zu rechnen. Die Isolationswirkung lässt dann rapide nach. Für das Tourenpaddeln sind gut verbundene Kombinationen eine gute und günstigere Option.
  • Bei sehr gut sitzenden Neoprenanzügen mit ausreichender Dicke (5 bis 7 mm) befindet sich zwischen der Außenhaut des Neoprens und der Körperoberfläche und in den Neoprenzellen eine Wasserschicht, die durch die eigene Köperwärme aufgewärmt wird. Das bedeutet: der Padder muss vor der Tour mit dem Neopren ins Wasser, damit dieser nass ist. Eine Option für Hartgesottene. Die notwendige Dicke des Neoprens schränkt die Beweglichkeit beim Paddeln ein. Der Ganzkörperneopren bietet zwar im Vergleich weniger Bewegungsfreiheit, ist aber der Kombination aus ärmelfreiem „Long John“ und Paddeljacke als Kälteschutz überlegen, da beim Ganzkörperneopren der Austausch des körpernahen, aufgewärmten Wassers gegenüber einem Long John deutlich vermindert ist.
    Rein technisch vermeidet ein nasser Neopren besser den Kälteschock, da das bereits vorhandene aufgewärmte Wasser verhindert, dass kaltes Wasser direkt an den Körper gelangt. Ein Argument für den Neoprenanzug im Wildwasser.

 

   


Entweder oder?

Gerade in Sachen Winter-Bekleidung und -Ausrüstung dreht es sich immer wieder um die gleichen Entscheidungen.
David Ernst nennt die TOP-3 Klassiker-Fragen bei Denk Outdoor.

 

  1.  Welche Funktionsunterwäsche ist die bessere? Fleece oder Merinowolle?
    Wenn man es genau nimmt, gibt es kein „Entweder Oder“. Merinowolle ist die beste erste Schicht, weil sie relativ mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann, ohne an Isolationsfähigkeit einzubüßen und sich dabei nass anzufühlen und außerdem sehr atmungsaktiv ist. Merinowolle ist angenehmer auf der Haut und stinkt weniger. Die zweite Schicht ist wahlweise Merino oder (dickes)Fleece, je nach Außentemperatur, Einsatz und Gefühl. Bei gleichem Gewicht ist Fleece im trockenen Zustand wärmer. Tipp: Auch die Unterwäsche muss aus Funktionsmaterial sein und nicht Baumwolle!
     
  2. Einteiler oder Zweiteiler?
    Ganz klar - Einteiler. Der Zweiteiler verschafft dir mehr Flexibilität in der Kleidungskombination - gerade wenn die Temperaturen etwas wärmer werden. Aber bei einem Sturz ins Wasser hält ein Einteiler besser dicht. Und gerade im Winter muss die Sicherheit an erster Stelle stehen.
     
  3. Handschuhe oder Paddelpfötchen
    Ein großes Thema: Der große Vorteil von Paddelpfötchen ist der, dass man direkten Kontakt zum Paddel hat. Gerade im Wildwasser ist die bessere Haptik für die eigene Sicherheit wichtig. Alternativ gibt es hier auch Fäustlinge mit ausgesparter Handfächen. Neopren ist hier die beste Wahl, da die Finger meist nass sind und das Material so seine volle Wirkung erzielt. Ja, die Finger können trotzdem kalt sein. Im Touring wo eher der kalte Wind entscheidend ist, hat man mehr Möglichkeiten und kann auf den Komfort achten. Hier sind Neopren-Fäustlinge bzw. -handschuhe oder Paddelpfötchen mit einem wasserabweisenden Obermaterial und Fleeceinnenfutter eine gute Wahl.

 
 

 


Ausrüstung für die Winter-Tour

  • Kopf: 30% des Wärmeverlusts erfolgt über den Kopf! Neoprenhauben (ggf. unter einem Helm) sind besser geeignet als Mützen, da sie auch noch im nassen Zustand für eine Isolierung sorgen. Für Tourenpaddler geht auch eine Fleecemütze oder Qwark Aquashell (ein Fleece, das so glatt ist, dass es von außen wasserabweisend ist)
  • Hände: Je nach Disziplin und Paddelrevier sind Paddelpfötchen oder Handschuhe der bessere  Kälteschutz. (siehe „Entweder - Oder“)
  • Beine und Füße: Woll- oder Fleecesocken unter dem Trockenanzug bieten zusätzlichen Kälteschutz. Geeignete Schuhe über dem Trockenanzug schützen die Füßlinge vor Beschädigungen und geben Halt. Neoprenschuhe oder -socken sind die richtige Wahl beim Neoprenanzug ohne Füßlinge.
  • Und nicht zu vergessen: Die Neoprenanzügen Schwimmweste gehört zur Ausrüstung. Gutes Extra - sie wärmt auch ein wenig - zumindest die Hände. Manche Modelle haben sogar Einschubtaschen mit Fleece.  

 

 

Empfehlungen zum Kälteschutz beim Paddeln:

Revier / Bedingungen

Kälteschutz

Seekajak, Meer, große Flüsse oder Seen

Trockenanzug mit warmer Unterkleidung, Neohaube, Paddelpfötchen -oder Handschuhe, Schwimmweste

Touring, Flüsse, Kleinflüsse, Seen
 

Paddelhose und -jacke mit warmer Unterkleidung, Neohaube, Paddelpfötchen -oder Handschuhe, Schwimmweste!

Wildwasser

Trockenanzug oder Paddeljacke mit (Latz-)Trockenhose mit warmer Unterkleidung und Paddeljacke, Helm, Paddelpfötchen, Schwimmweste!

SUP Trockenanzug mit warmer Unterkleidung (ggf. auch dicker Neopenanzug möglich), Neohaube, Handschuhe, Leash, Schwimmweste!
Training >15°C, abgesichert, See, WW-Kanal 2mm Neoprenoberteil, -unterteil, Shorty

 

 

   


Checkliste

Kleidung und Ausrüstung für die Paddel-Tour im Winter

  • Schwimmweste !
  • Wasserabweisende Kleidung
  • (ideal: Trockenanzug)
  • Dann zusätzlich wärmende Funktionsunterwäsche (auch an dicke Socken denken)
  • Handschuhe oder Paddelpfötchen
  • Neoprensocken oder (Neopren-) Paddelschuhe
  • Neoprenmütze, -haube oder Helm
  • Spritzdecke
  • Sonnenbrille
  • Wurfsack
  • Thermoskanne für warme Getränke
  • Müsliriegel als kleiner Energielieferant
  • Wasserdichte Hüllen z.B. für Kartenmaterial und Smartphone
  • Erste-Hilfe-Set mit Rettungsdecke

 

 

Und zu guter Letzt…

Genieße die Tour. Mit guter Vorbereitung und der richtigen Ausrüstung steht diesem Abenteuer nichts im Weg.

 

 

 


 

 


Diesen Artikel sowie weitere Touren, Beiträge und Themen findest du im KANU-SPORT 1/2021:

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