26. Februar 2021

Durchblick im „Wildwasser-Paddelwald”

Foto: Prijon

Soviel vorweg – es gibt nicht das eine Paddel. Wäre ja auch zu einfach. Aber zumindest gibt es einige simple Fragen und Faktoren, mit denen sich die Auswahl eingrenzen lässt. Eine „Wanderung” mit Christof Langer (Geschäftsführer blue and white) durch die Paddelvielfalt.

Von Sabine Stümges

 

1. Welchen Paddelstil habe ich? Welches Boot fahre ich?

Auch wenn bereits fest steht, dass Boot, Fahrer und Paddel auf „wildem Wasser” unterwegs sein werden, hilft eine genauere Beschreibung um das große Produktangebot an Wildwasserpaddeln weiter einzugrenzen. Sei es Riverrunning, Creeking und Squirtboating oder auch die Wettkampfformen Wildwasserrennsport, Kanuslalom, Extreme Racing, Squirtboating und Freestyle. Da der Stil meist auch mit einer bevorzugten Bootsform verbunden ist, ist auch dieses ein Selektionskriterium.
Jeder Stil mit seiner typischen Schlagfrequent bedingt andere Anforderungen an den Vortrieb oder an die Manövrierfähigkeit. Und das wiederrum bedingt die Anforderungen an das Paddelblatt und an die Paddelblattlänge. Zu einer groben Einschätzung hilft die Abgrenzung zwischen den beiden Extremen: Freestyle oder klassisches Wildwasserpaddel. Der Verlgeich dieser Extremen macht deutlich, worauf es bei der Paddelauswahl ankommt.

 

2. Paddellänge: Worauf kommt es eigentlich an?

Die Körpergröße ist ein wichtiger Faktor für die Paddellänge. Falsch ist es jedoch, die Körpergröße isoliert für sich als Entscheidungskriterium zu bewerten und deshalb beispielsweise die „Über-Kopf-Messmethode” als einziges Auswahlfaktor (und nicht nur als einschränkendes Kriterium) gelten zu lassen. Warum?

  1. Es kommt darauf an, welchen Stil man fährt. Der klassische Wildwasserfahrer ist anders unterwegs als der Freestyle-Fahrer, der weniger Vorwärts-, dafür um so mehr Steuer- und Kontrollschläge einsetzt und grundsätzlich mit kurzen Schlägen in einer hohen Frequenz sowie einer starken Beschleunigung unterwegs ist. Um bei den Zieh- und Steuerschlägen das Blatt nicht zu tief eintauchen oder die Arme extrem hoch halten zu müssen, werden Wildwasserpaddel vergleichsweise kurz gefahren. Im Gegensatz dazu fährt der klassische Wildwasserfahrer ein etwas längeres Paddel um mehr Vortrieb zu generieren.
  2. Es kommt darauf an, welches Boot man fährt. Je breiter das Boot, desto länger das Paddel, da der Weg zum Wasser weiter ist. Zu diesem Punkt kommt auch noch die Sitzhöhe und die Höhe des Cockpitrandes.
  3. Wie viel Kraft habe ich? Je länger das Paddel, desto mehr Kraft brauche ich, um das Paddel durch das Wasser zu bewegen. Daher paddeln Frauen tendenziell kurze Paddel (und auch mit kleineren Paddelblättern), Männer dagegen ein wenig längere.
  4. Wie lange paddle ich schon? Kürzere Paddel machen es leichter, das Kajak in einer geraden Linie zu halten. Klar, je länger das Paddel, desto größer die Dreh-Hebelwirkung. Und: Der aufrechte und nahe am Boot eingesetzte Schlag bringt mehr Kraft in eine gerade Bewegung. Mit einem kürzeren Paddel ist diese Technik einfacher, weil die Paddelblätter näher am Boot geführt werden.
  5. Und schließlich natürlich auch die Körpergröße. Pi x Daumen x Kanulänge? So einfach ist es natürlich nicht. Die oben dargestellte Tabelle ist daher auch nur als Diskussionsgrundlage für die Feinabstimmung beim Fachhändler zu betrachten.

     

3. Die Paddelblattform

Was lässt sich grundsätzlich zu der Blattform eines Wildwasserpaddels sagen? Wie bereits dargestellt, ist die grobe Richtung, kürzer und breiter als das Touringpaddel, die Feinabstimmung übernimmt jeder selber nach einem Geschmack und Vorlieben. Hier entscheidet oft auch die persönliche Entstellung und eigene Vorlieben über die geeignete Blattform.
 

Die Führungsrippe ist eine, in der Verlängerung des Schaftes erhabene oder „eingekerbte“ Linie auf der
Blattinnenseite, die das Wasser gleichmäßig über das Paddelblatt verteilt, um auf diese Weise einen dem Paddelblatt eine Führung zu geben.

Ein hydrodynamischer Blattrücken hat wenig Versteifungsrippen oder Hohlkehlen. Das Wasser wird so schneller verdrängt, was zu einem effektiven Druckaufbau führt. Die „gekehlte Form (= das Blatt ist wie ein Löffel gebogen) bei gleicher Fläche sorgt dafür, dass der Druck besser aufs Wasser übertragen wird. Freestyle-Paddel sind in der Regel weniger, klassische Wildwasser-Paddel stärker gekehlt.

 

4. Der Paddelschaft

Wir wollen uns NICHT in die Diskussion um die Vor- und Nachteile des abgewinkelten Ergonom- vs. des geraden Schaftes einschalten und listen an dieser Stelle die Pro und Contras beider Varianten auf – entscheiden Sie bitte selber. Nicht jedes Argument wird von jedem Paddler geteilt. Hier entscheidet der persönliche Eindruck. 

 

  • Das Paddelblatt ist der Schaftachse vorgelagert
    • Das Paddelblatt stabilisiert sich automatisch beim Eintauchen, was ein ruhiges Durchzugsverhalten bewirkt.
    • Mehr Vortrieb bei weniger Kraftanstrengung, da das Paddel 2-4 cm weniger weit vorne eingetaucht wird
  • Beide Hände umfassen locker den abgewinkelten Schaft – somit weniger Verkrampfen und Entlastung von Muskeln und Sehnen
  • Das Paddelblatt liegt auf der Mittelachse des Paddelschaftes
  • Das waagerecht gehaltene Paddel kippt durch das Eigengewicht nicht nach unten ab, es bleibt in der optimaten Position, auch bei leicht geöffneter Hand.
  • Das Blatt läuft nicht aus der Richtung und muss nicht mit Kraft stabilisiert werden.
  • Traditionales Paddelgefühl
  • günstiger in der Anschaffung
  • Gerader Schaft ermöglicht eine einfache Handbewegung über den ganzen Schaft
  • Griffposition kann selber bestimmt werden


Achtung: Oft muss ein Ergonom-Schaft an Schulterbreite des Kanuten ausgerichtet werden.

 

5. Der Drehwinkel oder die Schränkung

Traditionell lag die Schränkung von Paddeln – vor allem im Touring-Bereich – bei einem Winkel von etwa 90º. Inzwischen hat sich in der ergonomischeren (rotierenden) Fahrweise hat eine Schränkung von 30º-55º bei geraden Schäften etabliert, da allein die Bewegung des Oberkörpers rund 30º Schränkung übernimmt. Grundsätzlich gilt, je höher die Schlagfrequenz, desto schwieriger ist es, den Körper zu rotieren. Daher haben Freestyle-Paddel häufiger eine Verschränkung von 15º-30º, während klassische Wildwasser-Paddel eher Richtung 45º-55º tendieren.

 


 


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