Habt ihr auch noch alte Kajaks in der Garage liegen? Stapeln sich im Bootshaus die alten Weggefährten Eurer Kanukarriere? Wie wäre es mit einem Comeback?
Denn: "Alte Liebe rostet nicht!"
Habt ihr auch noch alte Kajaks in der Garage liegen? Stapeln sich im Bootshaus die alten Weggefährten Eurer Kanukarriere? Wie wäre es mit einem Comeback?
Denn: "Alte Liebe rostet nicht!"
Von Rainer Nieger, Kajaklehrer bei WasserFest
Unser Rückblick in die WW-Kajakhistorie basiert auf persönlicher Erfahrung und erhebt keinen Anspruch auf Vollzähligkeit bei der Nennung der verschiedenen Hersteller oder Modelle. Es gibt und gab viele weitere tolle Kajaks mit vielen Geschichten dazu aber das würde den Rahmen sprengen. Wer eine persönliche Geschichte zu seinem "Golden Oldie" erzählen kann, schickt sie gerne an redaktion@dkvgmbh.de
"Sie machen immer noch Spaß, sind oftmals in bestimmten Einsatzbereichen neuen Modellen ebenbürtig, haben tolle Fahreigenschaften und lassen viele Erinnerungen der bisherigen Kanulaufbahn wieder präsent werden!" |
Das Angebot an WW Kajaks ist riesig und jede Saison gibt es neue Modelle, doch auch bei den Kajaks lässt sich das Rad nicht immer wieder komplett neu erfinden. Gebt es zu - wie oft habt ihr schon im Keller oder in der Garage oder im Bootshaus gestanden und darüber nachgedacht euch von alten Schätzen zu trennen um Platz für Neues zu schaffen und dann habt Ihr es doch nicht übers Herz gebracht? Wir sagen: gut so! Denn in vielen Fällen verbergen sich wahre Perlen unter der leichten Staubschicht. Klar, die gute alte Rippenweste oder der Römerhelm, sollten möglichst gegen zeitgemäßes Sicherheitsequipment ausgetauscht werden, aber für die meisten der alten Kult Kajaks stehen die Chancen gut, dass sie auch eine längere Lagerzeit gut verkraftet haben. Im Folgenden möchten wir euch mit nehmen auf eine kleine Reise durch die Geschichte des WW-Kajaksports und euch einige unserer persönlichen Lieblinge vorstellen. Vielleicht erinnert Ihr euch an den einen oder anderen „Golden Oldie“…
Weit über 3 m lang, voluminös, rudimentäre Ausstattung (nur Sitzschale & Rückengurt; man machte gar kein Aufheben darüber - das Kajak wurde gefittet und los ging es.) Aber – es gab einen Haken: Besonders berüchtigt waren die Reparaturen – beim Laminieren mit den Glasfasermatten gab es Splitter und unangenehme Dämpfe kostenlos dazu. Doch Abhilfe war in Sicht...
Anfangs war der Markt noch recht übersichtlich, farblich eher monoton und wenig individuell: Gefühlte 98% der Kajaks auf dem Wasser bestanden aus dem Prijon Taifun in orange und den weißen Kajaks von Bavaria K3 & K5. Dazu die klassische orangene Rippenweste und der Römerhelm in Rot oder Gelb. Jeder Paddler sah in etwa gleich aus, auf spektakulären Photos konnte man sich gut als der ausführende WW Held verkaufen.
Verglichen zu heute wirkten die damaligen Kajaks eher wie ein Einbaum- und wären wohl größtenteils aus heutiger Sicht der "Mega Creeker" Klasse zuzuordnen. Doch halt da war noch was- kurz, rund, stummelig – der legendäre Eskimo Topolino! Er wurde zum Helden vieler Fahrer im schwersten WW und zur Legende. Nicht weniger legendär und berühmt berüchtigt waren über lange Jahre die TOPOTreffen mit spektakulären Rennen und sehr freizügig gestaltetem Regelwerk.
Der Topolino (Foto: WasserFest) |
Photo: RotoBat Jan Kellner, zu beachten ist der staunende Paddler im Hintergrund -noch in einem der damals vorherrschenden GFK Kajaks. |
Pyranha mischte mit dem Roto Bat mit - der Name war Programm - das vollkommen runde Unterschiff machte Rollen zum Kinderspiel. Spielerisch hatten die größeren Boote doch nicht die Performance Eigenschaften späterer Generationen- aber eine Kerze (die war damals "State of Art") und Surfen ging immer - vorausgesetzt Welle und Walze waren groß genug. Aber gefahren wurden mit diesen Booten alle möglichen WW Schwierigkeitsgrade, was beinhaltet, dass man durchaus auch (kleinere) Kehrwasser anfahren und treffen musste.
"Ein Hoch auf die Paddeltechniken der Fahrer – die damaligen Kajaks erforderten durchaus eine präzise Fahrweise – speziell beim Kehrwasserfahren."
Die Kajaks wurden etwas kürzer, mit etwas weniger Volumen ausgestattet waren sie auch durchaus wendiger - aber immer noch ganz schöne Brummer: Klassiker: Pyranha Mountain Bat, Eskimo Gattino, Prijon Canjon. Doch auch daran wurde gefeilt – die Boote wie z.B. die Eskimo Kajaks Diablo und Salto, oder der Perception Corsica waren weniger volumig, kürzer, wendiger und fanden viele Fans.
Photo: Diablo Jan Kellner | Photo: Salto Jan Kellner |
Der Thunderbird von Lettmann |
Doch es ging auch anders: Der Trend ging zu einer sportlichen, eleganten Fahrweise mit spielerischen Komponenten. Nicht nur einen Fluss runterkommen und nur die zwingend notwendigen Kehrwasser anfahren – nein jetzt ging es darum einen Fluss auszufahren indem man so viele Kehrwasser wie möglich mitnahm und vor allem auf dem Fluss zu spielen. Surfen, Kerzen, Unterschneiden – dazu brauchte man weniger volumige, wendigere Kajaks – den so genannten Riverrunner.
Pyranha brachte mit dem Stunt Bat Stunt Bat (der Name war damals Programm) ein hervorragendes Kajak auf den Markt – schnell wie eine Rakete, wendig und spaßig.
Inspiriert von den vergleichsweise eleganten Slalomkajaks gab es bei Lettmann eine sportliche, auch optisch, zu andern Kajaks, unterschiedliche Kajakfamilie: Moskito, Rapidfire, Thunderbird. Prijon spielte mit dem Taifun Slalom mit. Viele Hersteller nahmen diesen Trend zum Glück mit in Ihr Programm – eine große Zahl der Boote auf dem Wasser waren nun Riverrunner. Und damit stieg auch sofort das Fahrkönnen der Paddler – üben und üben – so kam man voran und wurde besser – eine relativ kleine Welle brachte nun schon Spaß zum Surfen- eine kleine Walze ermöglichte die begehrte Kerze… und vor allem ging das schon auf relativ leichtem WW oder kleinen lokalen Spots.
Schnell war man bereit zum Playboaten früher als Rodeo bezeichnet. Da konnten die Kajaks ja auch gerne noch etwas kürzer und weniger voluminös werden:
Beim Übergang zu den neuen kurzen und spezialisierten Freestylekajaks mussten noch einmal die Riverrunner ran. Prijon war da mit dem legendären Hurricane vorne mit dabei. Zuweilen wird er als das erste Rodeokajak bezeichnet. Dagger bezeichnete Ihren gelungenen Kandidaten gar als Radical Play Machine (RPM).
Der legendäre Hurricane von Prijon | Dagger bezeichnete sein Playboa als Radical Play Machine (RTM) |
Ein schönes Beispiel für ein besonders extravagantes Kajak war der Scorpion von Savage, hier in der besonders gewagten Farbe Pink. |
Der Eskimo Kendo zeigte sich nicht nur beim Namen rodeotauglich. Viele gelungene, einige weniger oder bisweilen etwas skurrile Kajaks folgten – es wurde bunter (auch die Bootsfarben und Ausrüstung belegen dies. Legendäre Modefarbe war z.B. lila – auch bei den Männern voll im Trend) Ein schönes Beispiel für ein besonders extravagantes Kajak war der Scorpion von Savage. Letztendlich waren diese Kajaks aber eher sportliche Riverrunner aber der Weg zu den modernen extrem kurzen und spezialisierten reinrassigen Freestyle Kajaks war geebnet.
Doch irgendwann ging die Hochzeit der Riverrunner ihrem vorläufigen Ende entgegen- es gab noch eine Art Übergangsphase mit sogenannten Semi Creekern – kürzere Boote mit wieder mehr Volumen und daher auch Sicherheitsreserven, sowie durch neue Technologien entwickelten Shapes (Kastenform löst den Rundboden ab) ermöglichten vielen Paddlern das Befahren höherer Schwierigkeitsgrade. Das schien einen Boom auszulösen – vermehrt sah man im (auch leichten WW) Kajaks der sogenannten
Creekerklasse – noch mehr Volumen, große Sicherheitsreserven verbunden mit einer guten Fahrperformance rechtfertigen sicher den Einsatz dieser Kajaks im oberen WW Bereich. Das war auch der Trend bei vielen Paddlern: Höher, steiler, schwerer! Aber auf leichtem WW oder bei leichteren Fahrern, Jugendlichen, Frauen und vor allem Einsteigern wirken sie oft zu überdimensioniert. Beim Trainieren und Üben sind sie Kajaks der Riverrunnerklasse unterlegen.
Der Speedo mit Jan Kellner im Einsatz auf der Saalach. |
Doch Land in Sicht- seit einiger Zeit tummeln sich wieder vermehrt Riverrunner auf den Flüssen. Aktuell hoch im Trend sind die sogenannten Half- Slice Kajaks, z.b. der Pyranha Ripper - sie sind recht schnell, durch viel Volumen im Bug bieten sie viel Reserven und das flache Heck ermöglicht viel Spielpotential – Unterschneiden und Kerzeln leicht gemacht.
"Wie in alten Zeiten!"
KANU-SPORT 10/2022 |