09. November 2023

Auf der Oker von Schladen nach Wolfenbüttel

Eindrucksvolle Herbststimmung auf der Oker (Fotos: Arno Wüstefeld)

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch so nahe liegt? Für unser „Abpaddeln“ im Spätherbst haben wir uns dieses Jahr unseren Heimatfluss, die Oker, ausgesucht. Von Schladen nach Wolfenbüttel geht es auf 18 km zunächst mit flotter Strömung und einigen Schwällen, nach dem Wehr in Ohrum dann ruhiger und beschaulicher durch den farbenfrohen Herbst.

Entspanntes Genusspaddeln

Die Oker entspringt im Harz und speist zunächst die Okertalsperre. Diese Talsperre dient sowohl der Trinkwassergewinnung als auch dem Ausgleich des Wasserstandes der Oker, die in früheren Zeiten im Vorharz für noch deutlich mehr Überschwemmungen gesorgt hat als das heute der Fall ist. Etwa zweimal jährlich werden die Schleusen der Talsperre für Wildwasserpaddler geöffnet, die dann von weit her in den Harz kommen, um das Spektakel zu genießen. Für uns Wanderpaddler ist die Oker ganzjährig ab Schladen befahrbar und hier setzen wir auch ein.


Los geht´s mit flotter Strömung

Es ist bereits der 1. November, aber wir haben sagenhaftes Glück mit dem Wetter. Als wir uns um 10 Uhr in Schladen am Parkplatz neben der Zuckerfabrik gleich hinter der Okerbrücke treffen, ist es noch etwas diesig und der Fluss mutet mystisch an. Der Steg, der dort extra für Paddler vor einigen Jahren angelegt wurde, ragt recht weit in die flotte Strömung hinein. Daher ist es durchaus gut, eine helfende Hand am Steg zu haben, die das Boot während des Einstiegs halten kann. Unsere Männer sind wahre Ritter und helfen den Damen gern beim Einstieg. So kommen wir alle gut ins Wasser und die Strömung treibt uns schnell unter der Brücke hindurch und an der Zuckerfabrik vorbei. Dass in dieser Zeit die Rübenkampagne noch in vollem Gange ist, riecht man übrigens noch kilometerweit.
Die Oker ist auf den ersten Kilometern noch recht schmal und vor allem flach. Ab und an kommt es zu Grundberührung, also lassen wir unsere Steuerblätter brav hochgeklappt. Kleine Schwälle erfordern einige Aufmerksamkeit und machen das Paddeln abwechslungsreich.

Gelegentliche Schwälle bieten dem Paddler auf der Oker Abwechslung.

Bereits nach einer knappen halben Stunde hat die Sonne den Morgendunst vertrieben und strahlt nur so vom Himmel. Das Laub der Bäume leuchtet in allen Farben und wir genießen diesen wundervollen Tag.
Da es entlang der Oker zwischen Schladen und Wolfenbüttel keinen Rad- oder Wanderweg gibt, ist es sehr ruhig um uns herum. Neben unglaublich vielen Vögeln aller Art, die bei dem schönen Wetter recht aktiv sind, erspähen wir sogar noch Libellen und andere Insekten, die so spät im Jahr sonst nicht mehr zu sehen sind. Einige Greifvögel ziehen über uns ihre Kreise. An den bunten Farben des Herbstes kann ich mich gar nicht satt sehen.
Etwa in Höhe von Werlaburgdorf verbreitert sich die Oker und erfordert nicht mehr ganz so viel Aufmerksamkeit. So können wir den schön wieder aufgebauten Turm der alten Kaiserpfalz Werla ausgiebig bestaunen. Auf der Werla entsteht die ehemalige mittelalterliche Burganlage ganz allmählich neu und der bereits wieder hergerichtete Turm gibt davon weithin Zeugnis. Hier kann man übrigens auch Heiraten. Etwas für Paddler mit dem Hang zum Besonderen.

Auf Höhe von Börßum wird es dann noch einmal spannend. Ein verfallenes Wehr sorgt für einen kräftigen Schwall, der bei ausreichend Wasserstand mittig gut zu paddeln ist. Am heutigen Tag klappt es bei allen gut und unsere jüngste Mitpaddlerin, die siebenjährige Johanna, juchzt vor Freude, sicher im Boot von Papa durch den Schwall geleitet. Mutter Alex guckt nicht ganz so glücklich, aber auch sie kommt heil durch. Mit einem Faltboot wären wir an diesem Tag allerdings nicht so gut bedient gewesen, einige Steine schrammen doch hörbar unter dem Bootsboden entlang. Petra und Willi sind daher froh, die Kunststoffkajaks anstelle des Klepper-Faltbootes gewählt zu haben. In recht kurzen Abständen paddeln wir nun noch einige Schwälle, die alle problemlos zu bewältigen sind, bevor die Oker langsam ruhiger wird. Wir nähern uns dem Wehr in Ohrum, was man deutlich an der verlangsamten Strömung merken kann.


Rast in der Nachmittagssonne

Der Herbst zeigt sich in seiner ganzen Pracht

Der Ausstieg am Wehr ist vor allem für unsere Knie eine kleine Herausforderung. Eine Metallgitterrampe führt ans Ufer und der Ausstieg gelingt aufgrund des Gefälles der Rampe für die meisten von uns nur auf Knien. Das Metallgitter wäre eine prima Massage, aber wer will sich schon Knie und Hände beim Paddeln massieren? Hier würde ein Holzsteg, wie er an vielen Stellen im Verlauf der Oker in den letzten Jahren bereits entstanden ist, für deutlich mehr Komfort sorgen.
Nach dem wir alle den anspruchsvolleren Teil unserer Herbsttour gut und trocken überstanden haben, genießen wir in der Nachmittagssonne ein schönes Picknick. 13 km sind es von unserer Einsatzstelle in Schladen bis zum Wehr in Ohrum, da haben wir uns die Pause jetzt redlich verdient.


Zum Abschluss eine Genussetappe

Der Einstieg auf der anderen Wehrseite nach dem Picknick ist leider auch nicht komfortabler als der Ausstieg über die Rampe. Hier ist es recht steil und matschig. Zwar wurden einige Steine zur Uferbefestigung ausgelegt, aber so richtig überzeugt uns das noch nicht. Nachdem Ingo vor einigen Jahren beim Einstieg an dieser Stelle im Schlamm ausgerutscht ist und dabei sein Paddel zerbrochen hat, freuen wir uns dennoch über den Versuch, den Einstieg etwas sicherer zu machen. In diesem Jahr schießt Hörby den Vogel ab. Schwungvoll lässt er sein Boot den Hang hinunter ins Wasser rutschen und schwungvoll treibt es dann auf der Oker. Ohne Hörby. Der steht mit seinem Paddel in der Hand etwas verdutzt am Ufer. Also bringt Britta ihrem Gatten das Boot am langen Seil wieder zurück und wir haben ordentlich was zu Lachen.
Hinter dem Wehr geht es zunächst recht flott weiter, aber schnell beruhigt sich die Oker wieder und wird zunehmend breiter und tiefer. Die letzten Kilometer bis zur Ausstiegsstelle in Wolfenbüttel sind Genusspaddeln pur. Vorbei geht es noch an den Reitanlagen in Halchter und am Segelflugplatz, bevor wird das Stadtgebiet von Wolfenbüttel erreichen. Hier sind wegen des schönen Wetters viele Radler und Spaziergänger unterwegs. Aufgrund der Ruhe, die wir in den letzten Stunden genossen haben, empfinden wir das lebhafte Treiben jetzt schon fast als turbulent. Wir sind wieder in der Zivilisation!
Durch die südliche Okeraue geht es in einigen Kehren zu unserer Ausstiegsstelle an der Okerbrücke auf Höhe des Freibades an der Wasserentnahmestelle der Feuerwehr. Wir haben das große Glück, von hier aus in wenigen Minuten zu Fuß mit den Booten zu Hause zu sein. So haben wir noch ausreichend Zeit für ein umfangreiches Kaffeetrinken, bevor wir die Autos aus Schladen holen.
Es war ein unvergesslicher Tag, besonders wegen des unglaublich schönen Wetters. Indian Summer im Vorharz, wann kann man das schon erleben?!   
 

   

 


 

Vor der Paddeltour steht die Planung


Hinweis der Redaktion

In den Tourenberichten stellen wir unabhängig von einem aktuellen Bezug besonders schöne oder abwechslungsreiche Paddelstrecken aus Deutschland vor. Die dort beschreibenenen Bedingungen, Befahrungsregeln, Zugangsmöglichkeiten etc. können unter Umständen nicht mehr den aktuellen Bedingungen vor Ort entsprechen!
Bitte plant jede Tour Gewässer vor Fahrtantritt sorgfältig!
Zunächst wird dabei das Paddelrevier ausgewählt. Dort muss es für alle Mitfahrer Gewässer und Abschnitte geben, die in ihrem Können entsprechen. Bei der näheren Planung wählt man dann ein bestimmtes Gewässer und dort einen genauen Abschnitt aus, sucht sich die passenden Ein- und Ausstiegspunkte und informiert sich über aktuelle Befahrungsregelungen, das Wetter, die Pegelstände (z.B.: Wildwasser), die Gezeitenverläufe (z.B.: Nordsee) und eventuelle Gefahren  (z.B.: Wehre).
Wichtig ist es dann vor Ort vorm eigentlichen Fahrtbeginn zu überprüfen, ob die Planungen im Vorfeld mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmen und eine Fahrt problemlos begonnen werden kann. Sollte dies nicht der Fall sein müssen eventuell noch Änderungen vorgenommen werden oder sogar die Fahrt abgesagt werden. Bei der Planung sollten unbedingt auch Fragen der Nachhaltigkeit geklärt werden.



Online-Übersicht der Befahrungsregelungen:

In allen Bundensländern gelten an einigen Flüssen, Bächen und Seen sowie an der Küste bestimmte Einschränkungen (BV = Befahrungsverbot, UV = Uferbetretungsverbot) für Paddler. Sie sollen das Gewässer sowie die Pflanzen und Tiere in ihnen oder in der Umgebung schützen. Befahrungsregeln dienen bei größeren Wasserstraßen auch zur Erhöhung der Sicherheit aller Wassersportler.
 


Die Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bitte informieren Sie sich bei den Sportkameraden vor Ort oder bei den zuständigen Naturschutzbehörden, bevor Sie eine fremde Strecke befahren.
 

 

 

 


 

 

 


Diesen Artikel sowie weitere Touren, Beiträge und Themen findest du im KANU-SPORT 10/2016:

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