01. März 2021

Das 1x1 des Wildwasserfahrens

Bildquelle: Christian Zicke, Outdoordirekt

Vor allem fortgeschrittene Paddler, die sich ihre Technik selbstständig angeeignet oder diese von Freunden beigebracht bekommen haben, kommen ab einem gewissen Punkt nicht mehr weiter. Oft müssen dann keine neuen, weiterführenden Techniken eingeführt werden, damit diejenigen weiterkommen. Vielmehr ist ein grundliegendes Basiswissen schlichtweg nicht vorhanden. Es fehlt das kleine Einmaleins des Wildwassersports. Kanulehrer Christian Zicke von Outdoordirekt vermittelt Basiswissen in Sachen Wildwasser.

Von Christian Zicke, Outdoordirekt

 

1x1 Sitzposition

Ein Profi erkennt an der Sitzposition des jeweiligen Paddlers auf Anhieb, wie ernst er es mit seinem Sport meint. Nur wer in aufrechter Körperhaltung im Kajak sitzt, die Bauchmuskeln anspannt und den Rückengurt entlastet, hat sein Sportgerät voll unter Kontrolle. Dabei ist der Oberkörper leicht nach vorne gebeugt, der Körperschwerpunkt liegt also über dem Bootsmittelpunkt. Genauso wie bei vergleichbaren Sportarten, beim Mountainbiken oder Skifahren, sorgt ein nach hinten verlagerter Oberkörper oftmals für ein völlig unkontrolliertes Verhalten des Sportgeräts und für ein früheres oder späteres Scheitern des Adjutanten.

Falsch

Richtig

 

2x1 Bootskontakt

Um das Kajak im Wildwasser immer unter Kontrolle zu haben, ist eine gute Verbindung von Paddler und Boot Grundvoraussetzung. Der richtigen Sitzposition folgt daher das Wissen über korrekte Anpassen des Kajaks.
Die drei wichtigsten Kontaktpunkte sind dabei die Füße an der Prallplatte, die Oberschenkel in den Schenkelstützen und die Hüften, die einen guten Kontakt zum Sitz haben sollten. An allen drei Punkten sollte das Kajak so eng sitzen, dass er gerade nicht schmerzt oder bereits nach fünf Minuten die Beine oder die Hüften absterben. Am Anfang kann es aber durchaus sein, dass man sich an die feste Position im Kajak gewöhnen muss und es anfangs schon zu einschlafenden Gliedmaßen kommen kann. Dieser Zustand sollte aber nach ein oder zwei Tagen auf dem Wasser vergehen.
Natürlich spielt auch der Rückengurt eine wichtige Rolle beim Bootskontakt. Allerdings sollte dieser den Paddler nicht in das Kajak pressen, sondern lediglich die Lendenwirbelsäule unterstützen.
 

Sitzposition gefunden? Boot angepasst (umgangsprachlich: gefittet)? Dann kann es losgehen.
Doch bitte nicht sofort auf das Wildwasser. Vorher solltet ihr noch mindestens euren Vorwärtsschlag kontrollieren.

 

3x1 Grundschlag vorwärts

Ein Wildwasserkajak ist sehr kurz. Und sehr breit. Es ist so kurz und breit, dass es eigentlich gar nicht geradeaus fahren mag. Damit es das trotzdem tut, bedarf es eines sehr guten Vorwärtsschlags, auch Grundschlag vorwärts genannt.

Da jeder von euch mindestens so gut in Physik aufgepasst hat wie ich (ich war eine echte Lusche), kennt ihr mit Sicherheit das Hebelgesetz. Mit einem langen Hebel ist es leichter, Dinge zu bewegen, wegzurollen oder in die Luft zu katapultieren. Genauso verhält es sich mit unserem Paddel. Es ist auch ein Hebel. Setze ich es ganz nah am Kajak ein, weit vorne an der Spitze, und ziehe es nah am Boot (es berührt fast das Kajak) bis auf Hüfthöhe durch, so generiere ich Vortrieb und das Kajak bewegt sich fast ausschließlich nach vorne. Je weiter ich das Paddelblatt vom Kajak entfernt durch das Wasser ziehe, desto größer wird mein Hebel und ich beschleunige das Kajak nicht nur nach vorne, sondern auch zur Seite. Das Ergebnis sind Schlangenlinien.

Schlangenlinien kann ich im Wildwasser allerdings nicht gebrauchen. Denn ich habe ja nicht unendlich Platz um das Kajak wieder abzufangen. Vielmehr benötige ich einen effektiven Vorwärtsschlag, um bei möglichst wenig Strecke möglichst viel Geschwindigkeit aufzubauen. Wenn diese Technik auf Druck und Zug bereits sitzt, dann kann ich damit beginnen, meinen Vorwärtsschlag aus der Oberkörperrotation zu fahren um noch mehr Power zu generieren. Aber das gehört nicht zum kleinen Einmaleins.
 

Schritt für Schritt zum effektiven Vorwärtsschlag  

1. Eintauchphase
Die obere Hand (Druckhand) befindet sich auf Augenhöhe und der Ellbogen ist angewinkelt. Das Paddelblatt wird weit vorne und komplett eingetaucht, der Zugarm wird dabei nahezu gestreckt und der Oberkörper befindet sich in leichter Vorlage. Die Schulterachse dreht leicht zum aktiven Paddelblatt.
2. Durchzugsphase
Die Druckhand „boxt“ gradlinig auf einer Höhe nach vorne, dabei greift sie nicht über die Bootsmittelachse. Gleichzeitig zieht die Zughand das Paddelblatt nah am Kajak durch das Wasser. Je bootsferner das Paddel gezogen wird, desto größer wird der Drehimpuls.
3. Aushubphase
Spätestens wenn sich die Zughand auf Hüfthöhe befindet, ist der Schlag beendet. Um wieder in die Ausgangsposition zu gelangen, bringe die Gegenhand auf Augenhöhe. Während der Bewegung dürfen die Handgelenke nicht überstreckt werden. Die eine Hand führt das Paddel, während die andere ein Loslager bildet, in dem der Schaft drehen kann. Grundsätzlich ist ein lockerer Griff am Paddelschaft wichtig.

 

4x1 Ab aufs Wildwasser!

Wir haben unser passendes Boot gefunden, es perfekt gefittet, wir wissen wie wir zu sitzen haben und können das Kajak auf dem stillen Wasser mit einem kräftigen Vorwärtsschlag auf Geschwindigkeit bringen. Perfekt!

Jetzt suchen wir uns einen Fluss mit leichter Strömung, um uns dem Thema Wildwasser zu widmen. Und beim Wildwasserfahren dreht sich von Anfangs bis Ende, von Wildwasser eins bis sechs, alles um das leidige Thema Kehrwasserfahren. Deshalb starten wir auch damit!

Das Kehrwasserfahren sollte man bereits zu Beginn seiner Paddelkarriere korrekt angehen. Oft haben wir noch in Fortgeschrittenen-Kursen Paddler, die Wildwasser drei runter kommen, aber fürchterlich Kehrwasser fahren. Dabei verschwenden sie unglaublich viel Kraft, die sie auf längeren Strecken oder im höheren Schwierigkeitsgrad noch brauchen können. Denn bereits bei der Kehrwasserausfahrt entscheidet sich, wieviele Paddelschläge man für den nächsten Katarakt benötigt und wieviel Kraft man einspart oder verschwendet.

 


Über Outdoordirekt

Seit 2003 gibt es die Kanuschule Outdoordirekt. Anfangs noch aktiv als Kanu- und Outdoorschule, haben sich Nadja und Christian Zicke seit 2011 dem Kanusport verschrieben. Seitem ist das professionelle Kursprogramm immer weiter ausgebaut worden. Das kleine Team ausgewählter Kanulehrer, das Christian und Nadja bei den Kursen und Reisen unterstützt, besteht aus professionellen Sportlern und Expeditionisten.

Nadja und Christian können zusammen nicht nur auf unzählige Stunden Erfahrung im Wildwasser- und Seekajak zurückgreifen, sie sind seit 1998 auch regelmäßig mit Kanuschülern unterwegs. Von Anfang an zählten für beide der Spaß und die Freude am Vermitteln des Kajaksports ebenso wie die professionellen Lehrinhalte und das didaktisch immer weiter optimierte Schulungskonzept. Durch die viele Erfahrung fällt es den beiden leicht, Kanuschüler-orientiert ihr Wissen zu vermitteln oder bereits vorhandene Fehler auf Anhieb zu erkennen und diese durch gezieltes Üben auszumerzen.

Das kleine Team ausgewählter Kanulehrer, das Christian und Nadja bei den Kursen und Reisen unterstützt, besteht aus professionellen Sportlern und Expeditionisten. Doch das allein macht keinen guten Lehrer aus. Deshalb durchlaufen unsere Kanulehrer eine intensive Ausbildung bei uns im Betrieb. Außerdem muss jeder Kanulehrer sein didaktisches Geschick in einer oder mehreren Hospitationen unter Beweis stellen, bevor er bei uns schult.

Weil das Lernen in lockerer Atmosphäre und in kleinen Gruppen das Allerwichtigste ist, wird das Verhältnis von Kanulehrer zu Schüler dem jeweiligen Kursgebiet angepasst, es ist aber nie höher als 1:6. So setzt Outdoordirekt hohe Standards in den Bereichen "Sicherheit" und "Lern-Intensität".


Weitere Infos und Kursangebote auf www.outdoordirekt.de

 


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KANU-SPORT 03/2018
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