09. November 2023

Den Kanusport in den Fokus gerückt: KC Potsdam

Top-Kanuten lieferten sich beim Potsdamer Kanalsprint auf dem 180 Meter langen, extra gefluteten Stadtkanal spannede Rennen. (Foto: Ute Freise)

Vereine im Porträt. Was zeichnet sie aus und wie fallen sie auf? In der Serie „Kanu-Vereine im Blick“ stellen wir in loser Folge Clubs und ihre Mitglieder in den Fokus. In diesem Beitrag präsentieren wir den KC Potsdam. Dank seiner bekannten Mitglieder wie z.B. den Olympiasiegern Sebastian Brendel, Ronald Rauhe oder Franziska Weber ist der Verein vielerorts in aller Munde.

Gemeinsames Anpaddeln in Potsdam und Treffen in der Havelbucht.

In Potsdam gibt regelmäßig am ersten Septemberwochenende die Kanu-Rennsportelite die Klinke in die Hand. Zahlreiche Top-Kanuten aus dem In- und Ausland liefern sich auf dem 180 Meter langen, extra gefluteten Stadtkanal in der Innenstadt spannende Rennen. Im Vordergrund stehen Spaß und die Euphorie für den Sport. Die Zuschauer können hautnah die Wettkämpfer beobachten und haben vor und nach den Rennen genügend Zeit für persönliche Fragen oder Autogramme. Ausrichter der jährlichen Veranstaltung ist der KC Potsdam, genau genommen die Abteilung Kanu-Rennsport des Olympischen Sportclubs Potsdam Luftschiffhafen e.V.


„Kanurennsport muss ,anfassbar’ werden.“

Neben einem ganzen Regiment an freiwilligen und amtlichen Helfern für die Organisation und Vorbereitung übernimmt jedes Jahr der Vorsitzende des Kanu-Clubs Potsdam, Torsten Gutsche, die sportliche Leitung. Er hat selber erlebt, wie wichtig es ist, den Kanusport für die Zuschauer „anfassbar“ zu gestalten. „Nachdem ich im Jahr 2000 meine eigene Leistungssportkarriere beendet habe, konnte ich zum ersten Mal bewusst die Rennen als Zuschauer beobachten", erzählt der mehrfache Olympiasieger. „Mein Eindruck: todlangweilig.“

"Ich möchte den Paddelsport aus seiner Nische herauslocken und die breite Bevölkerung für ihn begeistern."

Die ganze Euphorie, der Biss der Starter und die packenden Kämpfe – all das war für den Rennsportler, der selber bei den Olympischen Spielen 1992 und 96 drei Gold- siówie eine Silbermedaille und zwischen 1989 und 99 elf Weltmeistertitel einfuhr, absolut nicht greifbar. „Ich möchte den Paddelsport aus seiner Nische herauslocken und die breite Bevölkerung für ihn begeistern“, erklärt der 48-Jährige. „Selbst, wenn wir natürlich nicht so medienpräsent werden wie die Leichtathleten.“


Der Verein bietet der Paddelelite ideale Trainingsbedingungen

Die Olympiahelden zum „Anfassen“. Stefan Kiraj mit den
Nachwuchskanuten aus seinem Heimatverein in Spremberg

Für dieses ehrgeizige Vorhaben, dem Paddelsport mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, hatte Torsten Gutsche bereits 1982 einen perfekten Partner gefunden. Er begann bereits in den 1970er Jahren die „typische DDR-Sportkarriere“. „Ich habe als Kind schon von Handball bis Radfahren einiges ausprobiert. Als dann das Kanucentrum Eisenhüttenstadt in meiner Schule für den Kanusport geworben hat, habe ich meine Passion vor der eigenen Haustür auf dem Oder-Spree-Kanal gefunden.“ Im Jahre 1982 wurde er dann in die damalige Kinder- und Jugendsportschule, der heutigen Eliteschule des Sports Potsdam, „delegiert“. Seit jenem Jahr paddelt der gebürtige Eisenhüttenstädter mit kurzen Unterbrechungen während der Zeit der Wende für den KC Potsdam, beziehungsweise für dessen Vorgänger, den Armeesportclub (ASK) Potsdam. „Ich war stolz wie Bolle, nach Potsdam wechseln zu dürfen“, erzählt der Kajakfahrer. „Das war eine unglaubliche Auszeichnung, die idealen Trainingsbedingungen in Anspruch nehmen zu können.“ Damals schon war es für die Top-Sportler normal, dass man in einen der großen Vereine wechseln musste, wenn man sich für eine Leistungssportkarriere entscheiden wollte. „Es ist nur logisch, dass der Landessportbund Brandenburg, genau wie andere Bundesländer, auch heute noch bemüht ist, die Eliteförderung zu zentralisieren“, erklärt Gutsche. Dabei sind es nicht nur die Nutzung moderner Anlagen, wie beispielsweise die Gegenstromanlage, auf die der KC Potsdam zugreifen darf. „Vor allem können wir die Leistungsgruppen in Teams bündeln, wodurch sie sich gegenseitig pushen.“ Es bringt eben mehr, wenn sich ein Ausnahmetalent mit Ebenbürtigen messen muss, anstatt dass es ewig vorweg paddelt. Kleinere Vereine können dieses Angebot in diesem Umfang nicht bieten. Und was auch noch wichtig ist: Nur hier hat man seine Idole quasi täglich vor Augen. „Im Kanusport haben auch die Top-Athleten gar keine Chance, abzuheben“, lacht Torsten Gutsche. Und bleiben sie auch für den Nachwuchs greifbar – egal ob beim Paddelcamp, beim Wettkampf oder in der Umkleide. Das motiviert natürlich unglaublich.“ Der Neid kleinerer Vereine ist in Augen von Torsten Gutsche zwar nachvollziehbar, aber im Sinne der Elitenförderung nicht hilfreich. „Einige wenige versuchen natürlich, die Eliteförderung selber zu bewältigen. Aber die meisten verstehen es, wenn ihre Talente zu einem größeren Verein wechseln. Das gehört einfach dazu.“


Die Voraussetzungen waren günstig – und der Verein nutzt sie wirkungsvoll

Nach ersten großen Erfolgen für den KC Potsdam folgte dann die schwierige Umbruchphase Anfang der 1990er.

Als ehemaliger Armeesportclub waren bei der Kanu-Abteilung des Olympischen Sportclub Potsdam Luftschiffhafen e.V., dem KC Potsdam, natürlich schon früh Personal und Equipment gebündelt, so dass er bereits früh günstige Voraussetzungen für seinen Aufstieg zu einem der erfolgreichsten Leistungssportclubs Deutschlands hatte. Bereits im Gründungsjahr 1963 schafften sieben Sportler des ASK die Qualifikation zur Teilnahme an den Weltmeisterschaften. 1964 dann errang Jürgen Eschert bei Olympischen Spielen in Tokio mit seiner Goldmedaille im C1 über 1000m die erste olympische Goldmedaille für einen Potsdamer Sportverein und auch für die Region des heutigen Landes Brandenburg. Nach diesen ersten großen Erfolgen für den KC Potsdam folgte dann die schwierige Umbruchphase Anfang der 1990er. Für Torsten Gutsche ist es besonders Jürgen Eschert zu verdanken, dass der Verein die Zeit „überlebt“ hat. „Eschert ist ein Mensch, der andere Leute unglaublich motivieren kann und sie für den Kanusport begeistert,“ sagt Gutsche. Durch seinen Einsatz ging es nach schwierigen Jahren, verbunden mit fehlenden finanziellen Mitteln, Trainerentlassungen und Abwanderung von Spitzenathleten, ab 1992 wieder aufwärts. Damals kehrte auch Torsten Gutsche gemeinsam mit Kay Bluhm zum KC Potsdam zurück und erpaddelte in den Folgejahren viele Medaillen für den Verein. Eschert rief 1996 gemeinsam mit Dr. Jürgen Linde, dem späteren Minister und Chef der Staatskanzlei des Landes Brandenburg, den Förderkreis für den Rennsport des KCP, den späteren Förderverein, ins Leben. Dem Kanu-Rennsport wurde jetzt durch Gönner aus Politik und Wirtschaft eine größere finanzielle Unterstützung gewährt. Aber auch die Förderung des Breitensports und die Einbeziehung der Öffentlichkeit in das Geschehen des Kanusports war ein Anliegen des Fördervereins. Aus diesem Grund nutzte Jürgen Eschert seine guten Kontakte zur brandenburgischen Politik und Wirtschaft um die jährlichen Veranstaltungen, die Potsdamer Wasserspiele (seit 1997) und seit 2005 den Potsdamer Kanalsprint im wiederhergestellten Abschnitt des Potsdamer Stadtkanals, ins Leben zu rufen.

In Brandenburg ist Kanusport ein Begriff

Heute hat der KC Potsdam die Öffentlichkeitsarbeit für den Verein und den Kanusport perfektioniert. „In Brandenburg ist Kanusport ein Begriff“, sagt der Vorsitzende. „Wenn du auf der Straße jemanden fragst, wer Sebastian Brendel ist, dann wissen die Leute das.“


Viele regionale Kooperationen

Aber auch abseits des Leistungssports ist Kanufahren präsent. „Die Wasserspiele sind ein Erlebnis für jedermann. Durch die Teilnahme zahlreicher Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Institutionen und Schulen findet sie jedes Jahr ein großes Echo bei der Bevölkerung.“ Durch diese Bekanntheit in der Bevölkerung und in den Medien hat es der Verein geschafft, viele Sponsoren für den Sport zu interessieren. „Unsere Veranstaltungen sind ein „meet & greet“ für Vertreter von Politik und Wirtschaft“, sagt Torsten Gutsche. „Wir gewinnen viele Unternehmen als Sponsoren, weil sie über uns neue geschäftliche Kontakte knüpfen können.“ Besonders beliebt für das Sponsoring sind sogar mittlerweile die Nachwuchstalente des KC Potsdam. „Die Förderung von Material und Training unserer Jugend ist positiv für das Unternehmensimage. Das wird gerne genutzt.“ Mittlerweile zählen zu den Kooperationspartnern des KC Potsdam zahlreiche Unternehmen wie, Securitas Deutschland Holding, die Mittelbrandenburgische Sparkasse, die Edis AG, die DB Regio Nordost, die Energie und Wasser Potsdam GmbH, die AOK Nordost oder die MEAB Märkische Entsorgungsanlagen-Betriebsgesellschaft mbH.


„Wer den Sport liebt, der kann auch andere dafür begeistern.“

Der Nachwuchs wird früh gefördert. Probepaddeln eines Sechsjährigen.

Damit die Unterstützer professionell betreut werden können, hat hier der Verein aufgerüstet. Die Kanu Teamwork GmbH mit zwei fest angestellten Mitarbeitern sorgt für die Verwaltungsarbeit und übernimmt die Gesamtplanung der Veranstaltungen. Für die Organisation kümmert sich zusätzlich ein Eventveranstalter. Der KC Potsdam hat hier ein professionelles Netzwerk geschnürt, dass bis hin zu Ministerpräsident Dietmar Woidke reicht, der die Schirmherrschaft für den 10. Potsdamer Kanalsprint übernommen hatte.
Grund genug also, dass Torsten Gutsche mehr als 50 Jahre nach Gründung des Vereins sehr zufrieden mit den Ergebnissen des KC Potsdams ist. Und damit meint er nicht unbedingt nur die über 120 internationalen Titeln bei Olympischen Wettkämpfen sowie Welt- und Europameisterschaften oder die über 1000 Medaillen bei Deutschen Meisterschaften. „Kanusport hat bei uns ein Gesicht und ein Interesse in der Öffentlichkeit bekommen“, sagt Torsten Gutsche. „Und dies schaffen auch andere Vereine, sogar abseits des Leistungssportes.“ Einen großen Teil seiner über 300 Mitglieder hat der KC Potsdam unabhängig von der in Brandenburg üblichen Zuordnung des Elitenachwuchses selber angeworben, indem Trainer aktiv in Schulen gehen und hier Werbung für den Sport machen. „Die Begeisterung für den Sport und seine Förderung gehen Hand in Hand. Wer der diesen Sport liebt, kann auch andere dafür begeistern.“

Fotos: Günter Welke, Ute Freise

   
   

 

Kurz-Info: KC Potsdam im Olympischen Sportclub Potsdam Luftschiffhafen e.V.

 

Im Frühjahr 1963 als Armeesportklub (ASK) Potsdam gegründet. Dieser wurde mit der Wiedervereinigung aufgelöst und am 27. September 1990 als Abteilung Kanu-Rennsport in den neu gegründeten Olympischen Sportclub (OSC) Potsdam Luftschiffhafen e.V. überführt.
In seiner 53-jährigen Geschichte brachte der Potsdamer Kanu Club 17 Olympiasieger mit 24 Goldmedaillen hervor. Derzeit trainieren sechs aktive Olympiasieger und 160 weitere Spitzensportler auf der Regattastrecke am Templiner See. Mit der engagierten Förderung des Nachwuchses werden Grundsteine für den Erfolg gelegt. Als Cheftrainer des KC Potsdam fungiert Bundestrainer Ralph Welke.

Kontakt

Telefon +49 331 5811669

E-Mail: info@kcpotsdam.de

   

 


 

 

 


Diesen Artikel sowie weitere Touren, Beiträge und Themen findest du im KANU-SPORT 10/2016:

KANU-SPORT 10/2016
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