Die Olympischen Sommerspiele Tokio 2020 sind noch im Gedächtnis. Drei von vier deutschen Startern im Kanusport kommen aus Augsburg oder trainieren am Augsburger Eiskanal. Alle drei gewannen eine Medaille. Das war ein wahres olympisches Sommermärchen für den Augsburger Kanusport, für die ganze Stadt, für das deutsche Olympia-Team. Großen Anteil an diesen wie an anderen Medaillen für Augsburger Kanutinnen und Kanuten haben dabei Helga und Manfred Scheppach.
Im Sportleben von Helga und Manfred Scheppach klingt so manches nach einem Märchen, obgleich nicht alles immer märchenhaft gelaufen ist. Manfred Scheppach war Anfang der 60er Jahre mit seiner Familie in das Schleußenhaus an der Wertach gezogen. Dort konnte er die Kajakfahrer beobachten, die auf dem Wertachkanal trainierten. Schon bald sollte auch er in einem dieser Boote auf dem Wasser sein. 1962 wird er als Sechzehnjähriger Mitglied des Augsburger Kajak-Vereins. Sein erstes Boot hatte er sich selbst gebaut, mit Zeltplane überzogen und mit Teer versucht es wasserdicht zu machen.
Drei Jahre später tritt Helga Weickmann in den Verein. Zuvor hatte die Sechzehnjährige es mit Judo versucht. Da es beim Judo zu dieser Zeit jedoch keine Wettkämpfe für Frauen gab, suchte sie eine Sportart, in der man sich auch in Wettkämpfen mit anderen Sportlerinnen messen konnte. Den Kajaksport kannte sie von Ihrem Onkel Sepp Leiß, der schon viele Jahre im AKV aktiv war und so saß sie ab 1965 erstmals in einem Kajakboot und trainierte bald schon fast täglich. Dass für beide der Kajaksport eine Leidenschaft für ihr ganzes Leben werden sollte, wussten Sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Manfred hatte die jüngeren Fahrerinnen auch als Trainer mitbetreut. So hatte es nicht lange gedauert, bis die beiden sich kennengelernt hatten und gute Freunde wurden. Bis die Liebe dann amtlich besiegelt wurde, gingen noch einige Jahre ins Land. Schwierig war es einen Hochzeitstermin zu finden, da beide jedes Wochenende mit Wettkämpfen irgendwo auf irgendwelchen Flüssen unterwegs waren.
Und dann kam Olympia 1972
Helga hatte sich rasch an die Spitze der deutschen Kanutinnen gefahren. Ihren ersten Meistertitel holte sie 1966 bei den Bayerischen Meisterschaften. Dies war der Auftakt zu einer Flut an Treppchenplätzen und so wurde sie für den Olympiakader von 1972 nominiert. Die Olympischen Spiele in München 1972 hatte erstmals auch den Kajaksport mit im Programm. Austragungsort war zudem der Augsburger Eiskanal. Somit hätte Olympia 1972 zu einem Sommermärchen für Helga Weickmann werden können, doch leider machte ihr die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung. Eine hartnäckige Lungenentzündung kostete ihr den Startplatz bei der Olympia-Premiere ihres Sports.
Als Trost blieb ihr der Fackellauf mit der olympischen Flamme durch Augsburgs Innenstadt. Dieses Erlebnis ist für sie unvergessen. Manfred Scheppach war Deutscher Meister mit der Mannschaft geworden, aber sehr rasch hatte er sich vor allem zu einem versierteren Trainer entwickelt. So fungierte er bei der den Spielen von 1972 als ICF-Olympia-Kampfrichter.
1973 war es dann endlich so weit. Manfred, inzwischen Technischer Zeichner, heiratet seine Helga, die nun als Reprofotografin arbeitete. Helga blieb auch nach dem verpassten Olympiastart weiter erfolgreiche Kanutin und holte vor allem mit der Mannschaft noch eine Vielzahl an Top-Drei Platzierungen bei Bayerischen und Deutschen Meisterschaften. Gleichzeitig hatte sie aber nun auch das Nachwuchstraining im Augsburger Kajak-Verein mit übernommen. Seit 1983 besitzen Manfred und Helga die A-Trainer-Lizenz für den Kajaksport. Über drei Jahrzehnte war Manfred Scheppach als Landestrainer für den Bayerischen Kanu Verband BKV tätig. Viele Jahre davon als Ressortleiter für den Kanu-Slalom. Insgesamt können die Scheppachs heute auf über 50 Jahre Trainiertätigkeit zurückblicken.