07. Dezember 2022

Helden vom Fließband? Entwicklung eines „Heros“

Techniktraining für das neue Paddel: unter anderem Stefan Hengst muss sich in einer angepassten Paddeltechnik üben, damit er die Kraft des HERO EFC voll ausnutzen kann. (Foto: Kober&Moll)

Regelmäßig entwickelt der Hersteller Kober & Moll aus Pfalzgrafenweiler im Schwarzwald neue Paddel – auch für den Leistungssport. Einer der Aufträge: ein Slalompaddel mit vorgelagerten Blättern und geradem Schaft. Doch die Arbeit geht weit über die Verwendung eines geraden Schaft mit vorgelagerten Blättern statt eines ergonomischen Schafts hinaus.

Von Sabine Stümges, Fotos: Kober & Moll GmbH

 

Es zählen Medaillen.
Auch der Freizeitpaddler paddelt gerne die Marke der „Sieger“.

Hartmut Moll erklärt: „Im Bereich Wettkampfpaddel gibt es keine Routinearbeit. Jedes Leistungspaddel ist ein Unikat und fordert mich heraus. Man bewegt sich im High-End-Bereich und hier sind müssen die Auswirkungen der ineinander verzahnten Bauteile, Materialauswahl und -aufbau, Blattgestaltung, Schaftstruktur usw. besonders präzise aufeinander abgestimmt werden, da wir für einen bestimmten Paddelstil ein perfektes Ergebnis wollen.“ Dabei sind Wettkampfpaddel für keinen Hersteller der große Umsatz-Garant. „Wir leisten hier Pionierarbeit. Geld lässt sich mit damit nicht verdienen, dazu ist die Nachfrage zu gering.“
Natürlich ist es so, dass Wettkampfpaddel nicht nur für das Image eines Herstellers wichtig sind. Es geht um Medaillen. „Auch der Freizeitpaddler kauft gerne die Marke, mit deren Modelle die Leistungssportler erfolgreich sind. Aber es geht um mehr. Denn viele Modelle für den Wettkampf sind Vorreiter für eine neue Fertigungstechnologie oder für einen neuen Materialaufbau. So amortisieren sich im besten Fall die Entwicklungskosten: was für den Wettkampf produziert wird, ist das Ergebnis von umfassendem Wissen und Erfahrungen. Diese neuen Erkenntnisse lassen sich auch für andere Produktkategorien einsetzen. Denn aus „mal eben einen geraden Schaft mit vorverlegtem Blatt zu entwickeln“, wird schnell ein völlig neuer Materialaufbau.


Das „Hero“ ist kein Einzelkämpfer, sondern Gruppenprojekt.

Bei den Tests eines neuen Paddels wird  von verschiedenen Paddlern auf Zeit gefahren. Es zählt also nicht nur das Gefühl, sondern die gemessene Zeit.

Deshalb haben für die Technik des neuen Hero EFC erfahrene Köpfe zusammengesessen. Routine – Fehlanzeige! Unter anderem: Jan Benzien, Hannes Aigner, Klaus Mumm, Martin Lange, Thomas Funke, Stefan Hengst und Thomas Waldner. Details der Entwicklungsarbeit lässt sich Hartmut Moll nicht entlocken. Nur, dass der Kern verändert wurde, um Verbesserungen des Masse-/ Steifigkeitsverhältnisses zu erzielen. Er testete hier neue Carbonfasern aus, die er auf einer Industriemesse vorgestellt bekommen hat mit den Worten „teste mal“. Das neue Material überzeugte, machte es aber notwendig, den gesamten Herstellungsprozess anzupassen. Detailliertere Rückfragen findet Hartmut Moll, der 1986 mit der Revolution im RIM-Paddelbau begann und die Paddelherstellung mit neuen Materialien und Technologien, wie Titanal® und GFI-RIM prägte, nicht amüsant und reagiert deutlich: „Ich werde hier gar nichts zu sagen.“

   


Prototypen wurden gestohlen

Überzeugungsarbeit - mit Produkten für den Leistungssport sind für Hersteller wie Kober & Moll kein großer Umsatz-Garant. „Wir leisten hier Pionierarbeit. Geld lässt sich mit damit nicht verdienen, dazu ist die Nachfrage zu gering.“

Seine Reaktion ist nachvollziehbar. Da jedes neue Modell eben die Summe all des Wissens ist, das ein Entwickler einbringen kann, gibt es viele neugierige Augen und Ohren. Und diese haben auch lange Finger. Bei einem der ersten Tests in Augsburg wurden die ersten Prototypen des neuen Hero EFC gestohlen.

"Kein Paddel wird
schnell geboren.
Es wird schnell gemacht."

Wie groß der Ärger hier war, kann man nur vermuten. Zum ‘Glück’ sind diese Prototypen noch lange nicht bereit für die endgültige Produktion. Im Gegensatz zu Booten, wo das Modell eines erfahrenen Bootsbauers schon nah an der Serienreife ist. „Die Slalom-Kajaks verändern sich. Wo früher 4 m-Kajaks gefahren wurden, sind sie heute auf 3,50 m geschrumpft. Gleichzeitig mit dem Volumen verändert sich der Paddelstil. Es wird mit mehr Druckaufbau und mehr Schräghaltung gefahren. Deshalb gilt: kein Paddel wird schnell geboren. Es wird schnell gemacht.“ Dies passiert in schier endlosen Tests bei denen auf Zeit gefahren wird. Es zählt also nicht nur das Gefühl, sondern die gemessene Zeit. „Beim Hero EFC waren insgesamt rund 15 Leute involviert“, erzählt Hartmut Moll. Unter anderem Stefan Hengst vom Kanu-Ring Hamm: „Ich kam gerade aus Sydney mit +35° und da stand bei -5° eben das Paddel am Augsburger Eiskanal. Das musste ich direkt testen. Und dann noch einmal und noch einmal. „Auf ein neues Paddel muss man sich einstellen und sich anpassen.“ Unter anderem bei einem Wettkampf in Wien. „Ziemlich mutig“, fand das sogar Harmut Moll. Insgesamt dauerte die Entwicklung des Hero EFC 1,5 Jahre. Viel länger als andere Modelle. Und so war die Entwicklung des Hero EFC für jeden einzelnen alles andere als Routine. 

 

Kober Hero EFC


Das Kober Hero EFC ist ein High-End Wildwasserpaddel und Slalompaddel mit vorverlegetem Carbon Schaft. Dank der steifen vorverlegten Paddelblätter ist ein ein schneller Druckaufbau möglich, was wiederrum zu einem kraftvollen Vortrieb führt. Das Blatt ist zudem, wie von Kober gewohnt, hydrodynamisch geformt und mit einem Schaumkern für extra Auftrieb ausgestattete. Das Hero EFC hat eine integrierte Alukante, die vor vorzeitigem Verschleiß schützt.


Blattmaterial: Carbon mit EFC Schaumkern und integrierter Alu-Stosskantem, vorgelegte Blätter
Schaft: Carbon mit vorverlegtem Blatt, 30 mm, beidseitig ovalisiert
Gewicht: 910 g (200cm)
Blattgröße: L: 48,5 x 20,7 cm, M: 47,5 x 19,7 cm, S: 47,0 x 19,0 cm
Länge: 196 - 202 cm, in 2cm-Schritten (individuelle Länge auf Wunsch möglich)
Drehung: 45° Rechts / Links (individuelle Gradzahl auf Wunsch möglich)
Teilung: T7 möglich
Preis: 649,95 EUR UVP

Alle Informationen zum Paddel direkt auf www.kober-paddel.de
 

   

 

 

 


 


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KANU-SPORT 2/2019
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