26. Oktober 2023

Mild statt wild

Paddeln auf dem winterlichen Eibsee (Foto: Heinz-Georg Luxen)

Der leichte Nieselregen im Grau des Morgens kann sich nicht wirklich entscheiden, ob er nun im noch nassen Zustand oder bereits als Eisregen auf den leicht matschigen Schnee trifft. Es ist ein Wetter, bei dem, wie sagt man so schön; keinen Hund vor die Tür locken kann, was man unserem Labrador auch durchaus ansieht.

Von Christine, Lara und Heinz-Georg Luxen (Text & Fotos)

 

Der leichte Nieselregen im Grau des Morgens kann sich nicht wirklich entscheiden, ob er nun im noch nassen Zustand oder bereits als Eisregen auf den leicht matschigen Schnee trifft. Es ist ein Wetter, bei dem, wie sagt man so schön; keinen Hund vor die Tür locken kann, was man unserem Labrador auch durchaus ansieht.
Unsere Idee die letzten Urlaubstage im Herbst einmal nicht zum traditionellen Wildwasserfahren zu nutzen, sondern mit der ganzen Familie im Canadier den „Goldenen Oktober“ zu genießen, trifft bei der aktuellen Wetterlage anscheinend nicht gerade auf viel Gegenliebe, ganz im Gegenteil zu unserem Motto der Tour ist es, zumindest was die äußeren Umstände angeht, eher wild als mild!

   


Smoke on the water

Irgendwie passt der Blick aus dem Hüttenfenster so gar nicht zu der heutigen Wettervorhersage, dennoch raffen wir unsere sieben Sachen zusammen und fahren langsam dem Objekt der Begierde entgegen. Das dunkle Grau des Himmels bekommt langsam einen helleren Schimmer und erste strahlend blaue, immer grösser werdende Wolkenlücken im Einheitsbrei des Himmels lassen die überzuckerten Bergspitzen in der Sonne glitzern. Unsere Hoffnung bei einer derartigen Wetterwende fast die einzigen Besucher am Eibsee zu sein, zerfällt mit der nächsten Straßenbiegung. Der Blick auf überfüllte Parkplätze und platzende Busse bremst unsere Euphorie bezüglich einer Befahrung des Sees doch erheblich. Zwar scheinen wir wohl die einzigen Paddler weit und breit zu sein, aber das tröstet bei einer derartigen Menschenansammlung recht wenig.
Einen Blick auf den See wollen wir uns dennoch gönnen und es verschlägt uns fast die Sprache: Bunt gefärbte Wälder und schneebedeckte Berge umsäumen ein glasklares Wasser, welches sein goldenes Glitzern in der Herbstsonne nur zögerlich unter dem Morgennebel, der wie ein riesiger Wattebausch auf dem See lieg, preisgibt. Ein Postkartenidyll, was seines gleichen sucht, eigentlich fehlt hier zur absoluten Perfektionierung des optischen Genusses nur noch ein Kanu – worauf warten wir eigentlich?
Um dem größten Rummel im Bereich des Hotels zu umgehen, schnallen wir den Canadier auf den Bootswagen und erreichen so kurze Zeit später über den Eibsee-Rundwanderweg die kleine Brücke, die den Untersee vom Hauptsee „trennt“. Doch auch hier treffen wir bereits auf Heerscharen von Wanderern und Ausflüglern, die unser Treiben interessiert verfolgen und auf unzähligen Speicherkarten festhalten.

   


Auf Entdeckungskurs

Bereits nach einigen Paddelschlägen ist der Touristenrummel vergessen. Der Wanderweg ist vom Wasser aus kaum auszumachen und für die meisten Besucher scheint die kleine Brücke eh der Umkehrpunkt ihres Sonntagsspaziergangs zu sein. Lautlos am Nordufer des Sees dahin gleitend bleibt dem Auge viel Zeit auf Entdeckungsreise zu gehen. Allein acht kleine Inseln wollen umrundet werden, interessante Buchten werden ausgefahren und der noch vereinzelt auf dem See wabernde Nebel gespannt durchstoßen. Immer wieder wechseln wir den Kurs, ändern den Blickwinkel, entdecken Neues und können letztendlich nicht genug bekommen von einem Gewässer, das alles andere als ein Geheimtipp ist.


Positive Überraschung

Kurz nach dem Passieren der kleinen Mautstation zur Jachenau erblicken wir den Walchensee zum ersten Mal. Obwohl die Sonne am heutigen Tag eher spärlich ihre Strahlen auf die grünlich schimmernde Seeoberfläche schickt, hat die Landschaft etwas Einladendes. Vielleicht ist es das Gefühl von Weite und Abgeschiedenheit, das einem an so einem Herbsttag beschleicht. Bis zum Horizont und wieder zurück zu paddeln ist wohl die Devise während wir das Kanu abladen. Im Gegensatz zum Eibsee begegnen uns hier weder Wanderer noch Gleichgesinnte und die Befürchtung vom Lärm der Straßen belästigt zu werden zerschlägt sich in angenehmer Stille, nur kurzfristig unterbrochen von der anmutigen Melodie eines unwirklich erscheinenden Akkordeonspielers am Seeufer unweit eines einzelnen Gehöfts. Der Blick vom Pausenplatz über die einsame Wasseroberfläche des Sees lässt jedoch schon den nahen Winter erahnen, der Schnee in den umliegenden Bergen scheint noch tiefer, noch näher zum Tal vorzudringen. Mit der einsetzenden Dämmerung erreichen wir unser Fahrzeug und lassen alsbald den Tag äußerst angenehm im Heißsprudelbecken des Oberammergauer Schwimmbades mit einer grandiosen Aussicht auf die vom Mondschein beleuchtete Bergwelt ausklingen.


Klammexpedition

Während der Walchensee die Genießer unter den Paddlern anspricht, lockt der Sylvensteinsee bei Fall eher die Entdecker an. Besonders spannend wird es gerade für den Nachwuchs, wenn man sich in die Mündungsklamm des Walchen begibt. Links und rechts wachsen dunkle, bemooste Felsen aus dem tiefen Wasser des Sees, die immer enger zusammenrücken und den Kanuten fast umarmen wollen. Fast scheint es nicht mehr weiter zu gehen, so eng rücken die Felswände zusammen. Der Canadier lässt sich nunmehr nur noch unter Zuhilfenahme verschiedener Kolke wenden. Doch wer will jetzt schon umkehren, wo es immer dunkler und aufregender wird? Mittlerweile wird die Strömung des Walchen stärker und das Donnern des letzten Walchenwasserfalls lauter. Leider ist der Wasserstand des Sylvensteinsees noch nicht so hoch, wie wir es erhofft hatten und somit bleibt es uns für heute verwehrt den Wasserfall in Augenschein zu nehmen, was die ganze Sache jedoch noch mystischer macht.
Unsere obige, letzte Klammexpedition liegt nun schon einige Jahre zurück, was spricht also gegen eine Wiederholung? Wie wir unweigerlich erkennen müssen spricht eindeutig der Wasserstand dagegen. Durch nächtliche, starke Regenfälle weist der Walchen eine enorm hohe Schüttung auf, die es uns leider unmöglich macht in die Klamm vorzudringen, was uns jedoch nicht davon abhält eine kurze, aber spannende Kletterwanderung zum nunmehr beeindruckenden, wuchtigen Mündungsfall zu unternehmen. Auch wenn mal eine Expedition scheitert, bleibt es für die Kinder spannend, zumal „Kanada“ ja nur um die Ecke ist!


Ein Hauch von Kanada

Tief hängen die Wolken im Tal und geben ab und an den Blick auf die umliegenden, weißen schneebedeckten Berggipfel frei. Bunte Mischwälder säumen die Ufer und im milchig grünen Seewasser versunkene Weidenbäume streicheln sanft den Rumpf des Canadiers. Zunächst scheint der See seinen Zufluss, die Isar, geschickt zu verbergen. Doch alsbald gleiten wir erst gemütlich, dann schon deutlich stärker am Stock ziehend Isar aufwärts in eine Landschaft, wie sie ursprünglicher nicht sein könnte. Hier in dem üppigen, weit verzweigten Kiesbett umrahmt von einer grandiosen Gebirgslandschaft, von Felswänden, an denen unzählige Wasserfälle zu Tal rauschen, sucht das Auge unweigerlich nach Elchen und Bären, so als wäre man der letzte Trapper in den Weiten Kanadas, obwohl die nächste Ortschaft nur wenige Paddelschläge entfernt ist. Der Sylvensteinsee ist halt immer wieder für neue Entdeckungen gut und in manchem Herbst stellt man sogar fest, dass auch mild ein kleines bisschen wild sein kann!   

 

Infos zum Revier

 

Bester Zeitraum
Bis auf die Wintermonate ganzjährig. Besonders schön präsentiert sich die Landschaft jedoch im Herbst, während der Laubfärbung.

Unterkunft
Zentral gelegen und gut ausgestattet bieten sich die zwei Campingplätze Campingpark Oberammergau (www.campingpark-oberammergau.de), sowie der Alpen-Caravanpark Tennsee (www.camping-tennsee.de) bei Krün, als Standquartier an.


Gewässer
Eibsee: Einer der schönsten Seen der bayrischen Alpen am Fuße des Zugspitzmassivs. Die Umrundung ist eine Genusstour von 7-8 Kilometer Länge.
Walchensee: Der Walchensee ist mit einer maximalen Länge von 6,7 Kilometern und einer Breite von knapp 5 Kilometern einer der größten deutschen Alpenseen. Die Insel Sassau steht unter Naturschutz, es besteht ein ganzjähriges Betretungsverbot.
Sylvensteinsee: Der Sylvensteinstausee wurde in den Jahren 1954-1959 zum Hochwasserschutz im Isartal gebaut. Die Stauseelänge beträgt 7 Kilometer, während die maximale Breite 2 Kilometer misst.

Weitere Paddelmöglichkeiten
Touren: Plansee;
Wildwasser: Ammer, Isar, Loisach, Rissbach, Walchen, Dürrach, Krottenbach, Fermersbach, Gleierschbach

Kultur und Freizeit
Partnachklamm: 702 Meter lange und bis zu 80 Meter tiefe beeindruckende Klamm in Garmisch-Partenkirchen
Wellenberg Schwimmbad: Das Erlebnishallenbad mit Heißwassersprudelbecken im Außenbereich inkl. fantastischer Beleuchtung und grandiosem Ausblick auf die umliegenden Berge.(www.wellenberg.info)
Alpine Coaster Kolbensattel: 15 Minuten Gondelfahrt zur Kolbensattelhütte mit anschließender 2600 Meter langer Abfahrt im Zweisitzer-Komfortschlitten bei bis zu 40Km/h garantieren Fahrspaß und Landschaftsgenuss. (www.kolbensattel.de)

 

 

 

Vor der Paddeltour steht die Planung


Hinweis der Redaktion

In den Tourenberichten stellen wir unabhängig von einem aktuellen Bezug besonders schöne oder abwechslungsreiche Paddelstrecken aus Deutschland vor. Die dort beschreibenenen Bedingungen, Befahrungsregeln, Zugangsmöglichkeiten etc. können unter Umständen nicht mehr den aktuellen Bedingungen vor Ort entsprechen!
Bitte plant jede Tour Gewässer vor Fahrtantritt sorgfältig!
Zunächst wird dabei das Paddelrevier ausgewählt. Dort muss es für alle Mitfahrer Gewässer und Abschnitte geben, die in ihrem Können entsprechen. Bei der näheren Planung wählt man dann ein bestimmtes Gewässer und dort einen genauen Abschnitt aus, sucht sich die passenden Ein- und Ausstiegspunkte und informiert sich über aktuelle Befahrungsregelungen, das Wetter, die Pegelstände (z.B.: Wildwasser), die Gezeitenverläufe (z.B.: Nordsee) und eventuelle Gefahren  (z.B.: Wehre).
Wichtig ist es dann vor Ort vorm eigentlichen Fahrtbeginn zu überprüfen, ob die Planungen im Vorfeld mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmen und eine Fahrt problemlos begonnen werden kann. Sollte dies nicht der Fall sein müssen eventuell noch Änderungen vorgenommen werden oder sogar die Fahrt abgesagt werden. Bei der Planung sollten unbedingt auch Fragen der Nachhaltigkeit geklärt werden.



Online-Übersicht der Befahrungsregelungen:

In allen Bundensländern gelten an einigen Flüssen, Bächen und Seen sowie an der Küste bestimmte Einschränkungen (BV = Befahrungsverbot, UV = Uferbetretungsverbot) für Paddler. Sie sollen das Gewässer sowie die Pflanzen und Tiere in ihnen oder in der Umgebung schützen. Befahrungsregeln dienen bei größeren Wasserstraßen auch zur Erhöhung der Sicherheit aller Wassersportler.
 


Die Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bitte informieren Sie sich bei den Sportkameraden vor Ort oder bei den zuständigen Naturschutzbehörden, bevor Sie eine fremde Strecke befahren.
 

 

 

 


 

 

 


Diesen Artikel sowie weitere Touren, Beiträge und Themen findest du im KANU SPORT 10/2014:

KANU SPORT 10/201
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