20. Mai 2021

Platz satt! Bootstransport per Anhänger

Boottransport per Anhänger (Fotos: Gerd Kassel)

Paddelsport ist auch Motorsport. Da nicht jeder täglich mit einem Zwei-Tonnen-Anhänger oder einem 17-Meter-Gespann Kajaks und Canadier spazieren fährt, folgend alle Anhänger-basierten Antworten zur ultimativen Frage: Wie bekomme ich mein Boot sicher an das Gewässer?

Von Sabine Stümges

 

1. Wie hoch Ist die erlaubte Zuladung?

Auf dem Markt gibt es zahlreiche Anhänger, mit denen 2, 4, 6, oder sogar 16 Kanus transportiert werden können. Beladungsstopp ist aber nicht erst, wenn kein Boot mehr drauf passt, sondern vor allem, wenn das maximale Gewicht erreicht ist. Dabei ist hier auf vier Gewichtsangaben zu achten: Die Anhängelast, das zulässige Gesamtgewicht, die Stützlast und das zulässige Gesamtgewicht.

   

Anhängelast – Wie viel darf das Fahrzeug ziehen
Die zulässige Anhängelast ist die maximal zulässige Last, die ein Kraftfahrzeug mittels Anhängers hinter sich her ziehen darf. Die erlaubten Anhängelasten ergeben sich aus der Straßenverkehrszulassungsordnung (ins. § 42 StVZO) oder einem eventuell fahrzeugspezifischen (Einzel-) Gutachten. Einfach gesagt: Maßgebend ist immer der Eintrag in den Fahrzeugpapieren des Zugfahrzeugs. Auf der Seite 3 der Zulassungsbescheinigung Teil 1 kann man unter O.1 nachlesen, welchen Anhänger der Wagen gebremst ziehen darf. Unter O.2 steht die technische zulässige Anhängelast ungebremst. Die bei der Anhängelast angegebene Kilozahl darf an die Anhängerkupplung angehängt werden.

Zulässiges Gesamtgewicht – Wie viel „trägt“ der Anhänger
Das zulässige Gesamtgewicht ist die Summe aus Eigengewicht des Anhängers und der erlaubten Zuladung (Nutzlast) und darf nicht überschritten werden. In diesem Fall erlischt die Allgemeine Betriebserlaubnis nicht nur für den Anhänger, sondern gleich für das ganze Gespann – und damit auch der Versicherungsschutz.

Stützlast – Wie viel trägt die Kupplung?
Die Stützlast ist die vertikale Kraft, mit der der Kupplungskopf des Trailers auf die Anhängevorrichtung (Kupplung) des Zugfahrzeugs wirkt. Welche Stützlast maximal zulässig ist, steht in den Papieren des Trailers und des Zugfahrzeugs (ist auch an der Anhängervorrichtung zu finden). Die beiden Lasten müssen nicht unbedingt identisch sein, der niedrigere Wert darf aber nicht überschritten werden.

Bei allen drei Gewichtsangaben sollte auf ausreichend Reserve geachtet werden. Gerade das Zubehör (Paddel, Bekleidung und weitere Ausrüstung), das sich ggf. noch in den Booten oder einem evtl. angebrachten Zubehörkasten befindet, wird häufig unterschätzt.

 

2. Welcher „Lappen“ muss es sein?

 

Zu beachten ist auch das Gesamtgewicht der Gespannkombination, damit man vorher weiß, ob der eigene Führerschein überhaupt für den EInsatz ausreichend ist.

   
Führerscheinklasse Fahrzeugarten
3 (alt) Die bis 1999 ausgegebene Führerscheinklasse 3 erlaubt das Fahren von Pkw oder LKW bis 7,5 Tonnen sowie eines höchstens gleich schweren Anhängers bei einem Gespanngewicht von max. 12 Tonnen.
Aufgepasst: Ab dem 50. Geburtstag gelten nur noch die Regelungen der Klasse B
B Pkw bis 3,5 Tonnen mit einem Anhänger bis zu 750 kg zulässigem Gesamtgewicht. Der Anhänger darf schwerer als 750 kg sein, sofern die Gesamtmasse der Kombination nicht 3,5 Tonnen überschreitet.
B96 Die „Fahrerlaubnis der Klasse B mit der Schlüsselzahl 96“ ist eine Erweiterung der Klasse B. Hier darf das Gewicht des Gespanns von einem Anhänger (auch über 750 kg) und dem Zugfahrzeug max. 4,25 Tonnen betragen.
BE BE ist eine eigene Fahrerlaubnisklasse, mit der man Zugkombinationen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von maximal 7 Tonnen fahren darf. Also maximal 3,5 Tonnen Zugfahrzeug und 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht für den Anhänger.

 

3. Ist auf dem Anhänger genug Platz für das Kanu?


Die Breite von Kraftfahrzeug und Anhänger darf höchstens 2,55 m betragen (StVZO §32, Absatz 1), die Höhe inklusive Ladung maximal 4,00 m (Absatz 2). Der Anhänger und der Personenkraftwagen selber dürfen jehöchstens 12,00 m lang sein (Absatz 3). Die Kombination von Anhänger und Kraftfahrzeug darf dabei höchstens 18,00 m lang sein. Im Heft 05/2016 wurden bereits die zulässigen Überstände ausführlich erläutert, die auch für Kombinationen gelten.

   

 

  • Überstand nach vorne: Die Ladung darf bis zu einer Höhe von 2,5 m nicht nach vorn über das Fahrzeug hinausragen.
  • Überstand nach hinten:
    • Bei einer Entfernung bis zu 100 km darf die Ladung bis zu 3 m hinausragen.
    • Bei einer Entfernung von über 100 km darf die Ladung bis zu 1,5 m hinausragen.

 

4. Und wie schnell kommt man mit Anhänger zum nächsten Gewässer?


Unabhängig von den Faktoren der höheren Gewalt wie leerer Tank, Stau oder Besuche der lokalen Sanitäreinrichtungen voraussichtlich etwas langsamer als mit einem Kanu auf dem Fahrzeugdach.
Wer mit einem Anhänger unterwegs ist, muss bestimmte Geschwindigkeitsbegrenzungen einhalten. Während in geschlossenen Ortschaften noch die übliche Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gilt, so ist außerhalb geschlossener Ortschaften für Pkw mit Anhänger eine Geschwindigkeit von maximal 80 km/h vorgeschrieben. Unter bestimmten (vor allem technischen) Voraussetzungen dürfen Gespanne auf der Autobahn auch 100 km/h fahren. Informationen gibt es bei Prüforganiusationen wie TÜV, DEKRA oder GTÜ.

Aufgepasst!

Wer seine Urlaubskasse nicht unnötig mit Bußgeldern belasten will, sollte sich vorab über die unterschiedlichen Tempolimits in Europa informieren. In vielen Ländern wie zum Beispiel Italien sind sogar nur 70 km/h erlaubt.

 

5. Steuern für Anhänger - gering aber nicht null

Die Höhe der Kfz-Steuer für den Anhänger ist einheitlich festgelegt. Sie liegt bei 7,46 EUR für angefangene 200 Kilogramm Gewicht. Der Höchstbetrag liegt bei 373 EUR pro Jahr. Grundlage für die Berechnung bildet das zulässige Gesamtgewicht des Anhängers, wie es in den Papieren verzeichnet ist. Dieser Steuersatz gilt für alle Anhänger, unabhängig davon, welchen Verwendungszweck sie haben – außer sie sind von der Zulassungspflicht befreit. .
Die Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) besagt in §3, welche Fahrzeuge von der Zulassungspflicht befreit sind: Gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 2, Punkt e) StVZO sind das Spezialanhänger zur Beförderung von Sportgeräten, Tieren für Sportzwecke oder Rettungsbooten des Rettungsdienstes oder Katastrophenschutzes, wenn die Anhänger ausschließlich für solche Beförderungen verwendet werden.
Allerdings darf dann auch nichts anderes als die Sportausrüstung damit transportiert werden. Die Fahrt zum Baustoffhändler um Holz zu holen ist damit tabu.

 

6. Irrglaube im Detail - Versicherung ist inklusive

Seit dem 01.08.2008 ist der Halter eines Anhängers verpflichtet, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, wenn das Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen verwendet wird.
§2 (1) §1 des Pflichtversicherungsgesetzes gilt allerdings nicht für Halter von Anhängern, die den Vorschriften über das Zulassungsverfahren nicht unterliegen. Das bedeutet, dass für Spezialanhänger zur Beförderung von Sportgeräten keine EVB – die elektronische Versicherungsbestätigung eines Kfz-Haftpflichtversicherers – erforderlich sein kann.
Allerdings legt §2 Absatz (2) fest, dass der Halter in Höhe der Mindestversicherungssumme der Kfz-Haftpflichtversicherung haften muss, wenn der Anhänger nicht an ein Fahrzeug angekoppelt ist und über dessen Versicherung mitversichert ist. Deshalb ist der Abschluss einer Versicherung auch bei Anhängern empfehlenswert, die nicht der Zulassungspflicht unterliegen.

   

    
7. „Schon gewusst“?
 

  • Sonntagsfahrverbot
    Wird der Anhänger mit einem als LKW angemeldeten Fahrzeug gezogen, ist das Sonntagsfahrverbot (auch Feiertage und Samstage während der Ferienzeit) auf Autobahnen zu beachten. Für Wohnwagenanhänger und Anhänger, die zu Sport- und Freizeitzwecken hinter Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 3,5 t geführt werden, gibt es allerdings Ausnahmen.
     
  • Hauptuntersuchung

    Ein Anhänger muss alle zwei Jahre zur Hauptuntersuchung. Dort wird besonderer Wert auf die Funktion von Lichtanlage und Bremse gelegt. Im eigenen Interesse sollte man aber die Funktion von Licht und Bremse selber regelmässig, am besten vor jedem Fahrtantritt berprüfen.
       

     

  • Abstellen
    Bei einem längeren Abstellen des Anhängers sollte nie die Bremse des Trailers angezogen werden, da dies zum Zusammenrosten von Bremsbelag und -trommel führen kann. Zur Absicherung bei längerem Parken benutzt man am besten Unterlegkeile.
   

 


Diesen Artikel sowie weitere Touren, Beiträge und Themen findest du im KANU-SPORT 6/2016:

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