07. September 2023

SUPen im Pott

Paddeln auf der Ruhr (Foto: Outdoordirekt)

Wenn die Kohle das Gold des Ruhrpott’s ist, dann ist die Ruhr die Lebensader, in der der Puls des Ruhrgebietes zu spüren ist. Lernt auf einem schönen Stück der Ruhr zwischen Hattingen und Essen Steele dieses Gefühl kennen. Das Gebiet der Ruhr ist nämlich viel grüner als viele denken, und daher sollte man sich diese Seite des Ruhrgebietes nicht entgehen lassen.

Von Christian Zicke (Outdoordirekt)

Metropolregion Ruhr: Zwischen Industrie und Natur

   
Die malerischen Ortskerne mit ihren alten Fachwerkhäusern, etwa die von Herdecke
oder Hattingen, laden Paddler und Biker
zum Verweilen ein.

Die Ruhr ist Namensgeberin einer ganzen Region und seit jeher die grüne Lunge des Ruhrgebiets. Bereits seit Anfang des neunzehnten Jahrhunderts war sie Haupttransportweg für die hier abgebaute Kohle und verband die Industrieregion mit ihrer Stahlwerken und Zechen mit der Schifffahrt auf dem Rhein. Bereits in den sechziger Jahren sehnten sich die Menschen in den Ballungsräumen nach einem besseren Lebensstandard. Vor allem durch die schlechte, teils braune Luft und die „Härte der (Industrie-) Landschaft“ nahm die Abwanderung aus der Metroporegion Ruhr immer weiter zu. Dies führte bereits damals zu einem Umdenken und zu einem Rückgang der Industrie- hin zur Dienstleistungsgesellschaft.

Heute zeigt sich sich das Ruhrgebiets von einer komplett anderen Seite. 2018 hat die letzte Zeche „Prosper Haniel“ in Bottrop ihren Betrieb eingestellt und damit eine Ära beendet. Die Schwerindustrie an der Ruhr beschränkt sich heute auf den Standort Duisburg. Dort, wo die Ruhr in den Rhein mündet, befinden sich immer noch der wichtigste Stahlstandort Europas und einer der größte Binnenhäfen der Welt.

Die Industrialisierung rund um die Ruhr hat aber nicht nur die Menschen an ihren Ufern über Jahrzehnte geprägt, ihre Hinterlassenschaften, die alten Fördertürme der Zechen genauso wie die Hochöfen der Stahlwerke, haben ein Landschaftsbild geschaffen, in dem sich das unendliche Grün der Ruhrufer mit dem Braun der Industriedenkmäler auf einzigartige Weise mischt. Menschen verbringen aktiv ihre Freizeit draußen in der Natur und verbinden das Natur-Erlebnis mit der Industriekultur des Ruhrgebiets und den vielen themenbezogenen Veranstaltungen und Sehenswürdigkeiten rund um das Leben und malochen im Pott.

"Die alte Stahlindustrie hat ein Landschaftsbild geschaffen, in dem sich das Grün der Ruhrufer mit dem Braun der Industriedenkmäler auf einzigartige Weise mischt."

Bei den Freizeitsportlern an den Ufern der Ruhr handelt es sich aber keineswegs nur um „Ruhris“, wie die Bewohner der Ruhrgebiets oft liebevoll genannt werden. Vielmehr platzen die Campingplätze rund um die Ruhr an langen Wochenenden aus allen Nähten, weil sie Gäste aus allen Teilen der Republik beherbergen. Dann ist auf dem Ruhrtal-Radweg, der auf gut 240 Kilometer von der Ruhrquelle im Sauerland bis in die Rheinmündung bei Duisburg Ruhrort beradelt werden kann, Rushour. Auch die ansässigen Kanutouristiker sind dann in heller Aufregung und viele bunte Leihkanadier bringen Farbe auf den Fluss.
 

   
Neben dem klassischen Kanusport auf der Ruhr, spielt die Ruhr heute vor allem auch für die aktive SUP-Szene im NRW eine zentrale Rolle.

Neben dem klassischen Kanusport auf der Ruhr, spielt die Ruhr heute vor allem auch für die aktive SUP-Szene im NRW eine zentrale Rolle. Das liegt sicher auch daran, dass die Ruhr auf ihrem über zweihundert Kilometer langem Lauf genug Wasser sammelt, um auf einer langen Strecke ganzjährig befahren werden zu können. Ein weiterer Grund ist sicherlich die gute Infrastruktur. Einfache Umtragen oder gar Bootsgassen an den Wehren erleichtern das Vorankommen, die vielen netten Lokalen an den Ufern laden zur Rast und die Möglichkeit, das Auto mit der Bahn oder dem Fahrrad zu versetzen, machen die Logistik zu einem Kinderspiel. Noch einfacher ist es, den harten Arbeitstag durch eine Runde auf einem der Ruhrstauseen zu einem entspannten Ende zu bringen - durch die Nähe zu den Ballungsräumen oft ohne das Auto benutzen zu müssen.

   

 


Zwischen Hattingen und Essen

Auf demTeilstück zwischen Hattingen und Essen Steele bietet die Ruhr eine große Vielfalt: Bootsgassen, Strömung und vor allem jede Menge Kehrwasser.

Eine der beliebtesten Etappen aller Wassersportler auf der Ruhr ist die Etappe zwischen Hattingen und Essen Steele. Auf diesem Teilstück bietet die Ruhr eine große Vielfalt: Bootsgassen, Strömung und vor allem jede Menge Kehrwasser. Wer am Campingplatz Stolle, direkt an der Ruhrbrücke in Hattingen sein SUP wässert, der findet nahezu ideale Bedingungen vor - und das nicht nur zum sonnenbaden und dümpeln. Obwohl letzteres auf dem beschaulichen See am Campingplatz durchaus möglichst wäre. Doch schon mit dem Befahren der flotten Bootsgasse am Auslauf kommt Freunde auf - und Wasser ins Gesicht. Hier darf man durchaus auch die stehende Position verlassen und sich auf die Knie begeben. Was man nicht darf, dass ist Helm und Schwimmweste vergessen. Denn die Rutsche und die folgenden Kehrwasser sind teils flach.

   
Die Strömung und Kehrwasser auf der Ruhr wechseln sich ab - von entspannt bis sportlich, spritzig...

Nach der Bootsgasse wird es wieder entspannt. Doch wer mag, der kann sich an den zahlreichen Bunen austoben, bzw. an den Kehrwassern, die sich hinter ihnen bilden. Es geht ganz sanft los, dann steigert sich die Strömung und die Kehrwasser werden flotter, bis eine Eisenbahnbrücke die Ruhr überspannt. Dann heißt es treiben lassen bis zum eigentlichen Highlight der Fließgewässer-Fans. Der folgende Schwall mit dem beschwerlichen Namen „Zum Deutschen“, benannt nach dem Restaurant wenige Meter unterhalb, darf auch gerne „Isenburg-Schwall“ genannt werden, nach der hoch über dem Fluss thronenden Burg auf der orographisch linken Seite. An besagtem Schwall ist man bei gutem Wetter am Wochenende nur selten allein. Viele Wildwasser-Kajakfahrer trainieren hier das Kehrwasserfahren, bei manchen Wasserständen kann man sogar in der Mitte auf einer kleinen Welle surfen. Das Miteinander ist herzlich, der gegenseitige Respekt sicher. Wer an sonnigen Tagen hier rastet, kann außerdem seine Safety-Skills trainieren, indem er diverse Leihkanu-Besatzungen aus dem Bach fischt, denn „der Deutsche“ ist hinterlistig und überrascht manch eine Kanu-Besatzung mit seinen flotten Kehrwassern, was dann zum Einkehrschwung und letztendlich nicht selten zum kühlen Bade führt.

"Viele Wildwasser-Kajakfahrer trainieren am Isenburg-Schwall das Kehrwasserfahren."

Viele eher Wildwasser orientierte Supler verlassen nach dem Schwall die Ruhr und tragen zum Wanderparkplatz auf der anderen Straßenseite. Doch eine Weiterfahrt bis nach Essen ist möglich. Nach wenigen Kilometern folgt in Bochum Dahlhausen das nächste Wehr, welches besonders bei hohen Wasserständen mit Respekt behandelt werden sollte. Doch rechts gibt es wieder eine Bootsrutsche, die leider häufig außer Betrieb ist. Das kurze Umtragen ist aber schnell erledigt. Das Beenden der Fahrt sei an dieser Stelle ebenfalls eine gute Option, natürlich nicht ohne Einkehr im englischen Pub direkt am Wehr. Alternativ geht es weiter  bis nach Essen Steele. Auf dem Weg passiert man noch das historische Wasserkraftwerk „Horster Mühle“ und die „Horster Schleuse“ mit Bootsgasse linksufrig. In Steele bietet sich das „Bootshaus Ruhreck“, ebenfalls auf der linken Seite, für ein kühles Getränk oder einen Snack nach dem Paddeln an, bevor man hier die Fahrt beendet. Zumindest ist das eine gute Option, will man nicht auf stehendem Wasser weiter bis zum Baldeneysee prügeln - vor allem bei Gegenwind ein eher fragwürdiges Vergnügen.

   

Tagestour mit Einkehrmöglichkeiten

Die Strecke zwischen Hattingen und Steele ist für trainierte Paddler locker an einem Nachmittag zu bewältigen.

Die Strecke zwischen Hattingen und Steele ist für trainierte Paddler locker an einem Nachmittag zu bewältigen. Wer mehr Zeit hat, der kann die Tour beliebig ausdehnen. Auf der gesamten Strecke zwischen Schwerte und Duisburg ist die Ruhr ganzjährig befahrbar. Vor allem die malerischen Ortskerne mit ihren alten Fachwerkhäusern, etwa die von Herdecke oder Hattingen, laden zum verweilen ein. Der Campingplatz in Hattingen bietet sich außerdem als Standlager an, der Ortskern der kleinen Ortschaft ist durchaus sehenswert und bietet eine Auswahl an Cafés, Bars und Restaurants. Außerdem befindet sich dort das Industriedenkmal „Henrichshütte“, das ein Teil der „Route der Industriekultur“ ist. Direkt gegenüber auf der anderen Flusseite des Campingplatzes sieht man die historische „Birschel Mühle“, die neben einem Hotel auch ein gehobenes italienisches Restaurant beherbergt.

 

 

   

 

Unter außer paddeln?


Die Ufer der Ruhr haben viel zu bieten:

  • Wer sich für Kultur interessiert, sollte sich die Seite der „Route der Industriekultur“ zu Gemüte führen (www.route-industriekultur.ruhr/).
  • Sportler finden neben dem Ruhrtalradweg (www.ruhrtalradweg.de) im gesamten Höhenzug des Ardey-Gebirge entlang der Ruhr ein Mountainbike-Paradies vor. Trailtipps gibt es unter anderem beim Mountainbike-Magazin: (www.mountainbike-magazin.de).
  • Auch Wanderer, vor allem Tagesausflügler, kommen auf ihre Kosten, vor allem rund um die Isenburg oder rund um die Hohensyburg bei Dortmund (www.nrw-tourismus.de)

 

 

 

 

Vor der Paddeltour steht die Planung


Hinweis der Redaktion

In den Tourenberichten stellen wir unabhängig von einem aktuellen Bezug besonders schöne oder abwechslungsreiche Paddelstrecken aus Deutschland vor. Die dort beschreibenenen Bedingungen, Befahrungsregeln, Zugangsmöglichkeiten etc. können unter Umständen nicht mehr den aktuellen Bedingungen vor Ort entsprechen!
Bitte plant jede Tour Gewässer vor Fahrtantritt sorgfältig!
Zunächst wird dabei das Paddelrevier ausgewählt. Dort muss es für alle Mitfahrer Gewässer und Abschnitte geben, die in ihrem Können entsprechen. Bei der näheren Planung wählt man dann ein bestimmtes Gewässer und dort einen genauen Abschnitt aus, sucht sich die passenden Ein- und Ausstiegspunkte und informiert sich über aktuelle Befahrungsregelungen, das Wetter, die Pegelstände (z.B.: Wildwasser), die Gezeitenverläufe (z.B.: Nordsee) und eventuelle Gefahren  (z.B.: Wehre).
Wichtig ist es dann vor Ort vorm eigentlichen Fahrtbeginn zu überprüfen, ob die Planungen im Vorfeld mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmen und eine Fahrt problemlos begonnen werden kann. Sollte dies nicht der Fall sein müssen eventuell noch Änderungen vorgenommen werden oder sogar die Fahrt abgesagt werden. Bei der Planung sollten unbedingt auch Fragen der Nachhaltigkeit geklärt werden.



Online-Übersicht der Befahrungsregelungen:

In allen Bundensländern gelten an einigen Flüssen, Bächen und Seen sowie an der Küste bestimmte Einschränkungen (BV = Befahrungsverbot, UV = Uferbetretungsverbot) für Paddler. Sie sollen das Gewässer sowie die Pflanzen und Tiere in ihnen oder in der Umgebung schützen. Befahrungsregeln dienen bei größeren Wasserstraßen auch zur Erhöhung der Sicherheit aller Wassersportler.
 


Die Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bitte informieren Sie sich bei den Sportkameraden vor Ort oder bei den zuständigen Naturschutzbehörden, bevor Sie eine fremde Strecke befahren.
 

 

 


 

 

 


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