14. April 2021

Tagestourentipp: Unterwegs auf der Lippe Richtung Westen

Aus: „Die schönsten Kanutouren in Nordrhein-Westfalen“ von Michael Hennemann

Von Michael Hennemann

 

Dieser Tourenvorschlag für die Lippe stellt einen einfachen, absolut anfänger- und familientauglichen Abschnitt auf dem landschaftlich besonders reizvollen Mittellauf bei Werne vor. Unterwegs will nur eine kurze Portage über Land am Wehr bei Evenkamp gemeistert werden, ansonsten gibt es viel Grün, denn die Lippe mäandert einsam in weiten Schleifen durch verschiedene Naturschutzgebiete. Abseits des Wassers warten die sehenswerten und gemütlichen Innenstädte von Werne und Lünen auf einen Besuch.


Die Lippe gibt sich direkt von Beginn an sehr grün

Los geht es heute beim Schützenverein in Stockum, einem Ortsteil im Osten von Werne (fürs Navi: Werthweg, 59368 Werne). Vom großen Parkplatz ist es nur ein kurzer Weg über die Treppen am Deich und das Vereinsgelände bis zur Einstiegsstelle. Auf den letzten Metern des idyllischen Mühlenkanals schiebe ich das Kajak ins Wasser und erreiche gleich nach dem Ablegen die Lippe. Sie gibt sich von Beginn an grün und sucht sich mit weiten Windungen den Weg nach Westen. Im Spätsommer fahren die Traktoren hinter dem Deich die Ernte ein, und es sind unzählige Schwäne, Reiher und Nonnengänse auf dem Wasser und entlang der Ufer zu beobachten. Selbst die beiden Kraftwerke - im Rücken wird im Kraftwerk Gersteinwerk Erdgas verstromt, voraus am Horizont wird im Gemeinschaftskraftwerk Bergkamen Strom aus Steinkohle produziert - die ihre schweren, weißen Wasserwolken in den blauen Himmel pusten, stören die Idylle kaum.
Gut 2,5 km nach dem Start in Stockum unterfahre ich die Autobahnbrücke der A1, und bald ziehen am rechten Ufer die hübsch herausgeputzten Wohnhäuser am östlichen Ortsrand von Werne vorüber. Scheinbar jedes Wassergrundstück verfügt über einen eigenen Steg. Hinter der nächsten Flusskurve steuere ich die Betontreppe am rechten Ufer an, denn ein Schild verbietet das Befahren des Schrägwehrs in Evenkamp. Die Portage ist kurz, und gleich hinter dem Wehr lassen sich die Boote am flachen Ufer ins Unterwasser schieben. Kühe blicken mir in der ihnen eigenen, stoischen Gelassenheit hinterher, als ich die Tour fortsetze. Hinter dem nächsten Brückendoppel aus Eisenbahn- und anschließender Straßenbrücke könnte man an der Spundwand beim Lattenpegel ans linke Ufer klettern, um oben im Discounter den Proviant aufzufüllen. Auf der Straße nach rechts in nördliche Richtung wäre es ein etwa 1,5 km langer Spaziergang bis ins Zentrum von Werne. Da das erste Drittel der Strecke wenig gemütlich auf einem Gehweg neben der stark frequentierten Straße verläuft, spare ich mir den Stadtrundgang durch das sehenswerte Städtchen kurzerhand für den Abend auf. Missen sollte man die Stippvisite aber nicht, denn neben vielen mittelalterlichen Gebäuden locken in der 30.000-Einwohner-Stadt eine kleine, aber feine Fußgängerzone zum Einkaufsbummel und unzählige Cafés, Kneipen und Restaurants, um die Paddeltour gemütlich ausklingen zu lassen.

 


Abstecher zu Fuß zum Aussichtsturm

Gut einen Paddelkilometer hinter der erwähnten Straßenbrücke ziehe ich dann aber mein Boot am Holzsteg unterhalb der Treppen am linken Ufer aus dem Wasser und lege einen kurzen Spaziergang zum Aussichtsturm ein. Der Abstecher (einfacher Weg ca. 1 km) lohnt sich unbedingt, denn vom hölzernen Turm auf einer kleinen Anhöhe am Südufer der Lippe bietet sich fantastischer Blick auf die Lippeaue aus der Vogelperspektive. Wer sich für Ökologie und Naturschutz interessiert, dem sei auch ein Besuch der nahegelegenen Ökologiestation des Kreises Unna (www.uwz-westfalen.de) ans Herz gelegt. Die Räume des historischen Gutshofes von 1864 beherbergen verschiedene Naturschutzvereine und -verbände und es gibt ein umfangreiches Veranstaltungsangebot. Zu besichtigen sind u.a. ein Wildbienenlehrpfad, ein Westfälischer Bauerngarten oder ein Umweltpädagogikteich sowie wechselnde Kunstaustellungen, und im kleinen Hofladen können verschiedene regionale Produkte wie Apfelsaft, Marmelade oder Honig erworben werden.
Zurück im Boot mäandert die Lippe behäbig in schönen Kurven durch eine idyllische, renaturierte Flusslandschaft. Der folgende Abschnitt ist vom Land aus praktisch nicht zu erreichen, und die gut 8,5 verbleibenden Kilometer bis Beckinghausen sind besonders einsam. Die Chancen, Eisvögel und Graureiher zu Gesicht zu bekommen, stehen gut, und fast zu schnell ist nach etwa zwei Stunden das Wehr in Beckinghausen erreicht. Davor lässt sich bei den Treppenstufen am linken Ufer gut anlanden und auf dem großen Parkplatz (fürs Navi: An der Fähre, 44532 Lünen) lassen sich die Boote bequem auf die Autos verladen.
Bleibt nach der Tour nur noch zu klären, wo man das Lippeabschlussbier trinkt. Lieber in Lünen, in Werne oder doch besser in der Marina Rünthe am parallel zur Lippe verlaufenden Datteln-Hamm-Kanal? Denn auch die Hafenpromenaden am größten Yachthafen Nordrhein-Westfalens kann mit ausgezeichneter Gastronomie aufwarten.

 

Touren-Steckbrief

Hinweise

Paddelstrecke: Stockum – Beckinghausen ca. 17,5 km

Befahrensregelung: Auf dem beschriebenen Abschnitt im Kreis Unna durchfließt die Lippe mehrere aneinandergrenzende Naturschutzgebiete. Eine Befahrung ist nur im Zeitraum vom 1.4 bis 15.10. gestattet, und Einzelpaddler müssen sich vorher unter www.kanu-nrw.de/bootsres anmelden (Abschnitt 1: Kreisgrenze im Osten bis Wehr Beckinghausen,
km 116 – km 97). Die ausgedruckte Anmeldebestätigung muss im Boot mitgeführt werden und ist auf Verlangen vorzuzeigen.

Befahrbarkeit/Pegel: siehe Befahrungsregelung

Hindernisse: Das Schrägwehr Evenkamp kann kurz am rechten Ufer über die Wiese umtragen werden.

Unterkunft: keine Zeltmöglichkeiten direkt am Fluss, Wohnmobilfahrer finden einen großen Stellplatz am Yachthafen der Marina Rünthe am parallel verlaufenden Datteln-Hamm-Kanal.

Transfer zurück zum Einstieg: mit ÖPNV praktisch unmöglich, entweder mit zweitem PKW oder per Fahrrad auf der Römer- Lippe-Route

Bootsverleih: Lippetouristik, Tel.: 02306/781007, www.lippetouristik.de

Gastronomie: keine Einkehrmöglichkeiten direkt am Fluss

Sehenswertes: Mittelalterliche Innenstadt mit altem Rathaus, Wärmehäuschen am Kirchplatz, katholischer Pfarrkirche St. Christophorus, Kapuzinerkloster, Karl-Pollender Stadtmuseum, altem Steinhaus und Gradierwerk in Werne, Rathaus, St.Marienkirche, evgl. Stadtkirche St.-Georg mit Brunnen, Persiluhr mit Ochsengruppe,

Alternativen: Mehrtagestouren auf dem Radfernweg Römer-Lippe-Route oder der Landesgartenschauroute (ca. 145 km)

Auskunft: Tourist-Information Werne, Tel.: 02389/534080, www.werne-tourismus.de, Stadtentwicklung und Stadtmarketing Lünen, Tel.: 02306/1041778, www.luenen.de

 

 


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Autor: Michael Hennemann
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