20. Mai 2021

Über Land zum Wasser - Bootstransport per Dachgepäckträger

Kanus auf dem Dachgepäckträger (Foto: Lasse Montag)

Die neue Paddelsaison weckt die Lust auf einen spontanen Paddelausflug. Doch wer sein Boot nicht bereits an der Einsetzstelle liegen hat, erfährt zunächst die Bedeutung des Spruches „Kanusport ist Motorsport“. Was ist dabei in Punkto Ladungssicherung zu beachten?

Von Sabine Stümges


Grundsätzlich unkompliziert, aber...

Das Kanu wird für den Transport auf dem Autodach auf einen Grundträger gelegt und mit Gurten festgezogen. Das ist insofern unkompliziert, als dass oft die Grundträger für Fahrräder bereits vorhanden sind, die Beladung vergleichsweise unkompliziert ist, keine Abstellmöglichkeiten gesucht werden müssen, keine Steuern für einen Anhänger anfallen oder ähnliches. Trotzdem gibt es einiges zu beachten, damit das Kanu auch sicher am Paddelort ankommt.

   


Wie schwer darf es denn sein?

Maximal zwei bis drei Kanus können auf einem gewöhnlichen Mittelklassewagen transportiert werden. Wie viele genau, entscheiden hier drei Werte: zum einen die maximal zulässige Gesamtlast (also das Gewicht des leeren Fahrzeugs, plus der Beladung an Passagieren und Material – zu finden im Fahrzeugschein), zum anderen die erlaubte Last für die Dachträger (siehe hier auch der folgende Punkt 2) und drittens für den Fall eines (Versicherungs-)falles die maximal zulässige Dachlast. Diese wird vom Fahrzeughersteller in der Betriebsanleitung des PKWs festgelegt. Es ist dabei nicht zu unterschätzen, dass die zulässige Dachlast die Summe aus Dachträger, Ladung und Befestigungsmaterial ist. Dadurch ist bei einem gewöhnlichen Mittelklassewagen bei zwei Kajaks (Gewicht: ca. 15 – 25 kg/Boot) bzw. einen Kanadier (Gewicht: ca. 35 – 50 kg/Boot) die erlaubte Last meist schon erreicht.


Der Grundträger / Dachträger

Der Grundträger besteht aus zwei stabilen Holmen, die quer zur Fahrtrichtung fest mit dem Fahrzeug verschraubt werden. Wichtig ist, dass Dachträger über ein das gesetzlich geregelte Prüfzeichen „GS-Zeichen“ („Geprüfte Sicherheit“) besitzen und für das jeweilige Fahrzeug zugelassen sind. Auch der Grundträger hat eine maximale Zuladung. Dabei darf die Last nicht durch die Anzahl der Holme geteilt werden, da beim Bremsen der der vordere Holm die volle Last auf nimmt. Der Abstand zwischen den Trägern sollte ca. 1/3 der Bootslänge betragen, um ein Verdrehen der Boote durch seitliche Windkräfte zu vermeiden.

 

 

Nicht vergessen:

Während der Fahrt regelmäßig den festen Sitz der Dachträger und der Ladung überprüfen. Vibrationen, Fahrtwind und Nässe (Regen!) können die Fixierung am Autodach schnell lösen.
 

 


Die richtige Ladung – Ladungsbegrenzung

Hier gibt es einiges zu beachten. Die Grundlage ist die deutsche Straßenverkehrs-Ordnung (§ 22 StVO). Wer eine Reise ins Ausland plant, sollte unbedingt über die Automobilclubs weitere Informationen einholen, welche zusätzlichen Bestimmungen für das geplante Reiseziel gilt.


1. Fahrzeuglänge:

  • Überstand nach vorne: Die Ladung darf bis zu einer Höhe von 2,5 m nicht nach vorn über das Fahrzeug hinausragen.
  • Überstand nach hinten: Insgesamt darf das Fahrzeug samt Ladung nicht länger als 20,75 m sein.
    • Bei einer Entfernung bis zu 100 km darf die Ladung bis zu 3 m hinausragen
    • Bei einer Entfernung von über 100 km darf die Ladung bis zu 1,5 m hinausragen

 

Ab einem Überstand von mehr als einem Meter über die Rückstrahler des Fahrzeugs nach hinten hinaus, muss sie in einer Höhe von maximal 1,5 m mit einer Fahne oder einem Schild kenntlich gemacht werden. Wenn nötig – sprich bei Dunkelheit oder schlechter Sicht – mindestens eine Leuchte mit rotem Licht an gleicher Stelle anbringen, außerdem ein roter Rückstrahler nicht höher als 90 cm.


2. Fahrzeugbreite

Fahrzeug und Ladung dürfen zusammen nicht breiter als 2,55 m sein. Sobald die Ladung mehr als 40 cm über die Fahrzeugleuchten hinausragt, so ist sie nach vorne mittels einer Leuchte mit weißem, nach hinten mittels rotem Licht kenntlich zu machen. Einzelne Stangen, Platten etc. dürfen seitlich nicht herausragen

   


3. Fahrzeughöhe

Fahrzeug und Ladung dürfen zusammen nicht höher als 4 m sein.


4. Sicherung der Ladung

Der Fahrer ist für die sichere Befestigung des Kanus auf dem Dach des Fahrzeugs verantwortlich! Kontrollieren Sie daher auch während der Fahrt die Gurte und die Position des Bootes regelmäßig, vor allem weil sich Gurte durch Nässe dehnen können! Die Durchschnitts-Höchstgeschwindigkeit sollte nicht höher als ca. 120 km/h sein.

   


Wer hat die Nase vorne und wer steht auf dem Kopf?

…Kanadiern
Die wuchtigen Kanadier lassen sich am besten kieloben verladen – es sei denn, das Auto ist so lang, dass die Spitze auf das Dach aufliegen würde.
… Touren- oder Seekajaks
Die meist sehr langen Seekajaks oder Tourenboote werden am besten mit dem Rumpf nach unten transportieren. Hier können spezielle Kajakmulden auf den Grundträgern befestigt werden, damit das Boot sicher aufliegt. Nicht vergessen: Sitzmulde und Luken gründlich verschließen und mit einem zusätzlichen Gurt sichern – sonst kann das Kajak unfreiwillig seine erste Flugstunde unternehmen.
… Kurze Kajaks und Wildwasserboote
Hier kommt es drauf an. Ein einzelnes Wildwasserkajak findet am besten kieloben und mit dem Heck voraus auf dem Grundträger Platz. So kann sich der hintere Süllrand am Grundträger „einhaken“. Dabei unbedingt die Luke – auch wenn sie nach unten liegt - mit einem Deckel verschließen. Eine gerade Anzahl von kurzen Kajaks lassen sich bootsschonend als „69er-Doppelpäckchen“ verladen. Das untere Boot kommt kielunten auf den Grundträger, ein weiteres wird „spiegelbildlich gedreht“ daraufgelegt, so dass beide zusammen ein Paket bilden.

Um die Ladung vor Stößen bei unebener Straße und das Material vor Kratzspuren zu schützen, werden Schaumstoffe verwendet.  Diese Polsterung vergrößert außerdem die Auflagefläche und vermindert so ein eventuelles Verrutschen.

 

 

Empfehlung: Zurrgurte nach DIN EN 12 195-2

Jeder PKW-Fahrer ist nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) verpflichtet, seine (Dach-) Ladung ausreichend zu sichern. Es gibt zwar keine wortwörtliche Vorschrift, die die Nutzung von Gurten, die der EU-Norm entsprechen, durch Privatpersonen zwingend vorschreibt. Die Zurrmittel zur Ladungssicherung müssen aber nach §22 der StVO den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Der DKV empfiehlt deshalb, nur noch solche Gurte zur Sicherung von Booten auf Autodächern oder Bootsanhängern zu verwenden, die den Vorgaben der DIN EN 12195-2 entsprechen. Das sind Zurrmittel, die am Losende (dem Gurt selbst) und auch am Festende (Gurt mit Spannelement/ Ratsche) mit einem Kennzeichnungsetikett versehen, aus dem u. a. hervorgeht:

  • DIN EN 12 195-2 für Gurte aus Chemiefasern
  • Hersteller
  • Fertigungsdatum (Monat/Jahr)
  • LC in daN (zulässige Zugkraft, Höchstzugkraft)
  • SHF — „Normale Handkraft"
  • STF — „Normale Spannkraft" bei SHF
  • Hinweis „Nicht heben, nur zurren!“

Achtung:
Da Spanngurte unter keine europäische Richtlinie fallen, die eine CE-Kennzeichnung vorschreibt, ist ein CE-Zeichen auf einem Spanngurt formell nicht konform, und dürfte so nicht in Verkehr gebracht werden. Ein CE-Zeichen auf einem Gurt ist zumindest ein Indiz dafür, dass ein Etikettenschwindel vorliegt.

Vor der Fahrt kontrollieren, ob die Gurte nach der Beschreibung der DIN EN 12 195-2 bereits „ablegereif“ sind und deshalb nicht mehr verwendet werden dürfen. Das ist der Fall bei:

  • X  Garnbrüchen oder Garnschnitten im Längs- oder Quergewebe, die mehr als 10% des Gewebes zerstören
  • X  Beschädigungen tragender Nähte, bei Verformungen durch Reibungs- bzw. Strahlungswärme
  • X  Angerissen, besonders Querrissen oder Kerben sowie bei Brüchen oder bedenklichen Korrosionserscheinungen, bzw. Schäden an Spann oder Verbindungselementen
  • X  mehr als 5% Aufweitung oder bei erkennbar bleibender Verformung im Hakenmaul
     


Richtig befestigen

Beschrieben ist im Folgenden die grundsätzliche Fixierung eines Kanus auf dem Autodach. Da jede Bootsform ihre eigenen Kniffeligkeiten mit sich bringt, unbedingt in Ruhe vor Fahrtantritt die Fixierung prüfen und notfalls mit einer sicheren Vollbremsung testen. Pro Boot werden vier Gurte mit einer Länge von jeweils ca. 200 cm verwendet. Lieber etwas mehr und zu lange Gurte haben statt zu wenige und zu kurze.
Der erste Riemen umfasst an der einen Fahrzeugseite von unten den vorderen Grundträger. Beide Enden werden dann parallel über das Boot (ohne Kreuzung) gelegt und an der gegenüberliegenden Seite erneut um den Grundträger geschlungen und schließlich das freie Ende in das Gurtschloss eingeführt. Diesen zunächst nur leicht anziehen.
Dann mit einer weiteren Schlaufe auf die gleiche Weise das Boot am hinteren Träger befestigen. Beide Gurte sollten möglichst ohne Verdrehungen am Boot anliegen. Abwechselnd die beiden Gurte für die Befestigung des Bootskörpers straff anziehen. Das Ende der dritten Schlaufe wird auf kürzestem Weg zum Beispiel von der Abschleppöse zum Boot gespannt und wird nur leicht angezogen. Mit dem vierten Gurt das Boot mit der hinteren Abschleppöse verbinden. Vor allem hinten ist der kürzeste Weg nicht unbedingt die Bootsspitze, sondern das Seil wird möglichst senkrecht nach oben geführt¬ und um das Boot gelegt. Dann zunächst den hinteren, dann den vorderen Gurt festzurren. Zur Sicherung alle Enden mit einem »halben Schlag« als Knoten am Gurtschloss zu fixieren, damit, falls die Schnalle nicht hundertprozentig festsitzt, der Gurt nicht durchrutschen kann. Das freie Ende wickelt man mehrmals um den Grundträger und befestigt es mit einem leicht lösbaren Knoten.


Es geht aufwärts

Wer nicht spontan einen eigenen Gabelstapler zur Hand hat, der benötigt beim Beladen des Autodachs Unterstützung. Doch sobald das Kanu jenseits der 60 Kilo wiegt, wird es auch hier schwierig. Leichter geht es mit sogenannten Ladehilfen, wie Laderollen oder Ladematten. Von diversen Herstellern gibt es auch seitlich ausziehbare oder einsteckbare Ladehilfe oder sogar Hubliftsysteme. Hier am besten im Fachhandel informieren, welche Lösung am besten den eigenen Vorstellungen (und dem Budget) entspricht. 
   
Fotos: Lasse Montag

 


 


Diesen Artikel sowie weitere Touren, Beiträge und Themen findest du im KANU-SPORT 5/2016:

KANU-SPORT 5/2016
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