100 Jahre Donau-Ruder-Club Neuburg
- Mit vereinten Kräften, großem Engagement und Entschlossenheit
Von Uschi Zimmermann
100 Jahre Donau-Ruder-Club Neuburg (DRCN) – das heißt eine erfolgreiche Weiterentwicklung des Vereins, die Erweiterung der Sparten um Kanupolo, Höhepunkte im Leistungssport, der Neubau bzw. die Erweiterung des Bootshauses und der Betrieb des Campingplatzes.
100 Jahre DRCN – das sind 650 Mitglieder, 502 Bayerische Meistertitel, 55 Süddeutsche Meistertitel, zehn Deutsche Meister, ein Europa- und sogar ein Vizeweltmeistertitel U23. Die Kanupolomannschaft der Herren hat sich 2018 in die Bundesliga gespielt. Das ist die Kurzzusammenfassung der Chronik des DRCN. Aber die Geschichte des Vereins steckt auch voller Kuriositäten.
Für Ruderboote ungeeignet
Am 3. Dezember 1919 rufen elf Gründungsmitglieder, alle unter 23 Jahre alt, den Donau-Ruder-Club Neuburg ins Leben – einen Verein zur „Hebung und Förderung des Wassersports, insbesondere des Kanu- und Rudersports“, wie es in der Satzung heißt. Und weiter im Stil der damaligen Zeit: „Der Verein will tüchtige Leute heranbilden, die durch straffe Selbstzucht den Körper stählen und kräftigen, er will durch Wanderfahrten zu Wasser unser Wissen über Land und Leute unseres engeren Heimatlandes bereichern und dadurch die Liebe zum Vaterland wecken und steigern.“
Doch die Donau erweist in Neuburg als ungeeignet für Ruderboote, so wird bald lediglich der Kanusport gefördert. Der Name Donau-Ruder-Club hat sich jedoch schon so eingebürgert, dass man auf eine Änderung verzichtet. In kurzer Zeit werden 60 Holzkajaks gebaut. Nur in den 80er Jahren wird wieder einige Zeit gerudert.
Erstes Bootshaus in Bayern
1923 erfolgt die Aufnahme des DRCN in den Verband Deutscher Faltbootfahrer (der Bayerische Kanu-Verband wird erst 1924 gegründet). Der Club zählt zu jener Zeit 38 aktive und 80 passive Mitglieder (1949: 88 Mitglieder, davon 13 Jugendliche und 75 Erwachsene). Damals stehen zwei Rennkajaks, 35 Wander- und 23 Faltboote zur Verfügung. Seit 1978 Edi Gernhardt den ersten Kajakkurs für Anfänger durchführt, zu dem sich auch Nichtmitglieder anmelden können, steigen die Mitgliederzahlen rapide an: von 353 Mitgliedern 1982 auf heute 650.
200.000 Reichsmark kostet der Mitgliedsbeitrag während der Inflation im Jahr 1923 – im Monat! Das Porto für einen Brief an Karl Schott beläuft sich auf 20 Milliarden Mark. Kein Spaß für den Kassier, mit solchen Beträgen umzugehen, zumal die sich täglich ändern.
1925 baut der Verein das erste Bootshaus in ganz Bayern, 1974 folgt ein Neubau. 1982 wird die Bootshalle für 170.000 DM umgebaut. Schwere Hochwässer bringen z. B. 1999 und 2003 große Schäden am Bootshaus mit sich, die unter hohem Kostenaufwand renoviert werden müssen. Später werden größere Schäden durch mobile Hochwasserschutzwände verhindert.
Sukzessive wird in all den Jahren der Campingplatz erweitert und mit moderner Infrastruktur ausgestattet. Eine Einnahmequelle, mit der der kostspielige Leistungssport finanziert wird. 2015 werden nach zweijähriger Bauzeit mit einem Kostenaufwand von ca. 250.000 Euro der Kraftraum und die sanitären Anlagen im neuen Obergeschoss eingeweiht.
Krieg bringt Einschnitte
Von Anfang an wird Kanu-Freizeitsport betrieben. Pioniere wie Karl Schott (1923 - 1925) oder die Brüder Burghard, die 1927 mit Erstbefahrungen gefährliche Tiroler Wildbäche erkunden, schreiben Geschichte.
Pionierleistung zeigen die Neuburger auch beim Bootsbau: 1924 konstruiert der 1. Vorsitzende Wilhelm Vollbrecht mit Sattlermeister Geiger den ersten Faltboot-Canadier ohne Schrauben und Flügelmuttern, der auf Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt wird. In Neuburg entsteht sogar eine eigene Faltbootwerft.
Der 2. Weltkrieg bringt wie in allen Vereinen große Einschnitte in den Verein: Fast alle aktiven Mitglieder werden zum Dienst an der Waffe verpflichtet. Die schreckliche Bilanz des Krieges sind 31 gefallene oder vermisste Vereinsmitglieder. Aber auch Bootshaus, Bootshütte, Bootssteg, Flaggenmast, 37 Boote und ein Zehner-Canadier werden schwer beschädigt.
Hohe Funktionäre
Davon lässt sich der Verein aber nicht unterkriegen. Im März 1952 findet im Café Hertlein, der ältesten Kanu-Station an der bayerischen Donau, die Generalversammlung des Bayerischen Kanu-Verbandes statt. Vertreter von 50 bayerischen Vereinen nehmen daran teil. Den Vorsitz führt der Neuburger Dr. Max Eckert, Präsident der Internationalen Repräsentantschaft Kanu (heute ICF). Trotz seines internationalen Amtes stellt er sich erneut als Präsident des Bayerischen Kanu-Verbands zur Verfügung.
Weitere Funktionäre des DRCN machen von sich reden: Max Neuner setzt sich als BKV-Bezirksvorsitzender von Schwaben unermüdlich für die Austragung des Olympischen Kanu-Slaloms in Augsburg ein.
Während der Olympischen Spiele 1972 in München leitet der Neuburger Heinz Schilcher das Wettkampfbüro in Oberschleißheim und ist dort auch als internationaler Kampfrichter bzw. Mitorganisator tätig. 1979 wird er nach sechs Jahren als Vizepräsident zum Präsidenten des Bayerischen Kanu-Verbands gewählt. 1983 tritt er von diesem Amt aufgrund einer Berufung als Dekan des Fachbereiches Pharmazie an die FU Berlin zurück. Von 1993 bis 1997 nimmt er als Ressortleiter Umwelt und Gewässer noch einmal eine hohe Funktion im BKV an.
Beim Bayerischen Kanutag 1989 unter dem Motto „Kanu-Sport für alle“ in Neuburg wird der jetzige Ehrenpräsident Willi Rogler zum Vizepräsidenten Organisation gewählt (Präsident von 1993 bis 2009).
Aktiv auf allen Ebenen
1986 richtet der Club das 14. Bayerische Wanderfahrertreffen aus und immer wieder auch BKV-Tagungen, z. B. des Ressorts Umwelt und Gewässer. Die Organisation für den nächsten Bayerischen Kanutag 2021 in Neuburg hat bereits begonnen.
Wichtig ist den Mitgliedern des DRCN schon immer auch das gesellschaftliche Leben. Ab 1928 bis 2004 entwickeln sich die Faschingsbälle im Hotel Rennbahn zu absoluten Höhepunkten der Neuburger Fasenacht. Über Jahrzehnte gehört dabei der Maskenball des Donau-Ruder-Clubs mit den spektakulären Einlagen des „Circus Ruclu“ zu den herausragenden Ereignissen.
Weitgehend bestimmt aber der Leistungssport die vergangenen 100 Jahre. Nicht nur bei den Teilnahmen, sondern auch bei der Durchführung von Regatten. Bereits am 1. August 1920 findet die 1. Kajak-Regatta auf der Donau statt. Am 15. Juni 1924 richtet der DRCN die erste Donau-Faltboot-Regatta in Bayern aus, 1947 die Süddeutschen Langstreckenmeisterschaften auf der Strecke Neuburg - Ingolstadt (diese Regatta wird 1970 wegen der zunehmenden Verbauung durch Stauseen eingestellt) oder 1956 die Bayerischen Staffelmeisterschaften auf dem Stausee in Rain am Lech.
Auch im Kanu-Slalom mischt der Verein zeitweise mit und veranstaltet 1950 mit den Schwäbischen Meisterschaften erstmals einen Faltboot-Slalom. Auf Höhe der Donaubrücke schlängeln sich die Teilnehmer durch den aufgebauten Stangenwald und 2000 bis 3000 Zuschauer verfolgen am Donaukai das Geschehen. 1988 gibt es einen Kanu-Marathon von Donauwörth nach Neuburg und den ersten Neuburger Kanu-Triathlon.
Regatten im Kanu-Rennsport haben in Neuburg Tradition: 1966 finden mit mehr als 2000 Besuchern die Bayerischen Meisterschaften in Rain am Lech statt. 1982 wird die Regatta auf dem Joshofener See zum ersten Mal ausgetragen.
Bei so vielen sportlichen Aktivitäten lassen die Erfolge nicht auf sich warten. Z. B. bei der Isar-Faltboot-Regatta, der Regensburger Strudelfahrt und der Deutschen Faltboot-Staffelfahrt auf dem Starnberger See belegen die Neuburger Medaillenränge.
Die Rennsportler sind auch am Ball aktiv: 1975 führt der DRCN nach zwei Freiluftturnieren erstmals ein Fußballturnier für Kanuvereine durch. Bis 2017 hält diese Tradition, dann wird das Turnier mangels Zuspruchs eingestellt. Zu Glanzzeiten nehmen bis zu 30 Vereine aus dem gesamten Bundesgebiet an der Veranstaltung teil.
International erfolgreich
Zahlreich sind die Erfolge im Kanu-Rennsport, angefangen 1958 mit dem überraschenden Titel des Deutschen Jugendmeisters im K4 über 500 m. International wird es 1969 mit Philipp Graf und Hans Sandner beim Länderkampf gegen England, Österreich und Luxemburg. Hans Sandner qualifiziert sich für die Europameisterschaften in Moskau. Als Mitglied der deutschen Nationalmannschaft nimmt er an den Weltmeisterschaften 1970 und 1971 teil, die Qualifikation für die Olympischen Sommerspiele in München verfehlt er knapp.
Ab 2010 fahren sich Carola Schmidt und Sarah Winter mit deutschen Titeln in die Elite der Kanu-Rennsportler. Schmidt holt mit der deutschen Nationalmannschaft auch auf internationalem Parkett Medaillen, einen EM- und einen Vizeweltmeister-Titel.
Seit seinem dritten Platz bei den Deutschen Meisterschaften 2014 zählt Philipp Michel vom DRC Neuburg zu den besten Nachwuchs-Freestylern Deutschlands und nimmt an den Weltmeisterschaften der Junioren in Ottawa/Ontario in Kanada teil.
2016 qualifizieren sich Sebastian Getz und Simon Schneider für die in Moskau stattfindenden Drachenboot-Weltmeisterschaften. Beide gewinnen im Großboot über 200 und 500 Meter jeweils die Silbermedaille.
Aufstieg im Kanu-Polo
Zum ersten Mal startet 2004 eine Kanu-Polo-Mannschaft des DRCN beim Oktoberfestturnier in München , u. a. mit Monika Fricke (ehemals Deutsche und Europameisterin und WM-Dritte), Norbert Winter (ehem. Bundesligaspieler in München) und Thomas Fricke (ehem. Bundesligaspieler in München und Catania/Italien, Trainer der Schweizer Herren-Nationalmannschaft 2002 bis 2004). Fricke übernimmt 2007 als Bundestrainer die deutsche Herren-Nationalmannschaft im Kanu-Polo und gewinnt bei der EM in Thourit Harcourt mit seinem Team die Silbermedaille.
Unter dem ersten Polowart im DRCN, Uli Burger, werden 2008 die Boote der Mobilen Einheit vom BKV erworben. 2011 in Neuburg/Joshofen trägt der Club erstmals eine offene Bayerische Kanu-Polo Meisterschaft aus.
Die kontinuierliche Aufbauarbeit trägt Früchte: Die Jugendmannschaft erringt 2016 den Titel des Süddeutschen Meisters. Die Damen müssen sich im Finale nur der Bundesliga-Mannschaft des PSC Coburg geschlagen geben. Bei den 46. Deutschen Meisterschaften im Kanu-Polo auf dem Essener Baldeneysee nehmen die Teams des DRC Neuburg in den Spielklassen Jugend, U21, Damen LK2 und Herren LK4 teil.
Der Neuburger Paul Glasenapp steht 2017 wieder im Auswahlkader für die U21-Nationalmannschaft.
Bei den Deutschen Meisterschaften 2018 wird der Verein mit dem Klaus-Liebmann-Förderpreis für Kontinuität in der erfolgreichen Jugendarbeit über Jahre hinweg geehrt. Die „Polotruppe“ ist mittlerweile auf sechs Mannschaften (zwei Schüler, eine Jugend, eine Damen und zwei Herren) angewachsen. 2018 steigt die 1. Herrenmannschaft in die höchste deutsche Spielklasse, die 1. Bundesliga, auf.
„Wie Friedrich Wilhelm Raiffeisen gesagt hat: ‚Was dem einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele‘“, so lautet das Fazit des DRCN-Vorsitzenden Gerhard Rohleder. In Neuburg waren viele Sportler und Funktionäre daran beteiligt, mit vereinten Kräften, großem Engagement und Entschlossenheit wegweisende Meilensteine umzusetzen und sportliche Erfolge zu erzielen.
100 Jahre Donau-Ruder-Club Neuburg ist eine Geschichte mit vielen Kapiteln. Jedoch eine, die noch lange nicht zu Ende ist.