Die Bewegung der Pink Paddler, Paddeln gegen Brustkrebs, ist vor knapp 25 Jahren in Kanada entstanden und konnte in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland immer mehr Unterstützer finden. Sie bietet dem Einzelnen körperliche Stärkung und mentale Unterstützung sowie den Austausch mit anderen Betroffenen.
Von Heike Auel, Lünen
Die Bewegung der Pink Paddler, Paddeln gegen Brustkrebs, ist vor knapp 25 Jahren in Kanada entstanden und konnte in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland immer mehr Unterstützer finden. Sie bietet dem Einzelnen körperliche Stärkung und mentale Unterstützung sowie den Austausch mit anderen Betroffenen.
Drachenboote sind inzwischen allgegenwärtig in den Kanuvereinen. Wer möchte, kann in der Saison fast an jedem Wochenende die bunten Boote sehen, wie sie sich messen, auf kurzer oder langer Strecke, wie sie gemeinsam auf Tour gehen oder einfach eine romantische Fahrt mit Fackelbeleuchtung machen. Kein Grund, darüber zu berichten. Und doch ist mancherorts etwas anders. Pink scheint hier die dominierende Farbe zu sein, ob beim Boot oder bei der Kleidung, selbst der Drachenkopf und einige der Paddel sind pink. Keine typische Drachenbootfarbe. Und noch etwas fällt auf, alle Paddler sind weiblich. Auch das ist ungewöhnlich. Die meisten Freizeitteams sind heute sogenannte Mixed Teams, Männer und Frauen in einem Boot, in einer Mannschaft. Einer der großen Vorteile beim Drachenbootsport ist gerade, dass Paare, Familien usw. gemeinsam in einem Boot sitzen können. Letztlich macht die Mannschaft den Erfolg aus. Im Training kann also jeder und jede sich selbst so stark fordern, wie es passt, ohne überfordert zu sein. Und bei Regatten sorgen die Regeln zu Mindestfrauenquoten für einen Ausgleich, um Chancengleichheit zu schaffen.
In den angesprochenen Booten ist die rosa Farbe ebenso wenig Zufall wie die fehlenden Männer. Denn in diesen Booten sitzen sogenannte Pink Paddler. Die Sportlerinnen waren alle einmal an Brustkrebs erkrankt. Paddeln im Drachenboot, das ist für sie nicht einfach nur ein Sport. Paddeln ist ein Stück Bewältigung, ein Stück Normalität für Frauen, die anstrengende Therapien hinter sich haben, und es bietet Kontakt zu Gleichgesinnten.
Dennoch sind auch Männer herzlich willkommen, denn auch sie können an Brustkrebs erkranken. Das ist nur nicht allseits bekannt, denn statistisch gesehen ist dies deutlich seltener der Fall, was die fehlenden Männer im Allgemeinen erklärt. Das Team aus Aschaffenburg beispielsweise hat einen Mann als Teammitglied.
Da mag sich manch einer fragen: mit Krebs im Drachenboot? Geht das?
Entstehung der Pink Paddler
Der kanadische Arzt Dr. McKenzie setzte 1996 zum ersten Mal Brustkrebspatientinnen in ein Drachenboot. Bis dahin wurde von starken und gleichförmigen Bewegungen des Oberkörpers abgeraten, man befürchtete verstärkte Stauungen der Lymphe, eine häufige Nebenwirkung von Brustoperationen. Doch Dr. McKenzie konnte nachweisen, dass die Bewegung im Gegenteil eher positive Auswirkungen hatte, für den Lymphfluss, viel mehr aber noch für die Psyche seiner Patientinnen. Er veröffentlichte seine Erfahrungen im Canadian Medical Association Journal und begründete damit eine Bewegung, die inzwischen weltumspannend ist. Die rosa Farbe der Brustkrebs-Schleife, die international auf Brustkrebs hinweisen soll, wurde zum Symbol der Paddlerinnen. Überall bildeten sich Pink Paddler Gruppen, zunächst in Kanada, den USA, Australien, Neuseeland.
Seit rund zehn Jahren gibt es sie auch in Deutschland. In Schierstein und Bochum stiegen fast zeitgleich 2009/2010 die ersten Brustkrebspatientinnen ins Drachenboot, nur ein Jahr später folgte Lünen. Seitdem wächst die Anzahl kontinuierlich, inzwischen gibt es „Pinkies“ in über 20 Standorten in Deutschland.
Diese Entwicklung ist nicht zuletzt deswegen so rasant, weil auch der DKV sich dieser Bewegung angenommen hat. Seit 2012 betreut das Ressort Drachenboot die Pink Paddler. Die Liste der Vereine und Veranstaltungen wird jedes Jahr länger, national und international starten Pink Paddler aus Deutschland bei Regatten, aber auch bei Wanderfahrten, manchmal in eigenen Pink Klassen, oft ganz einfach in der regulären Damenkonkurrenz.
Dass die Gemeinschaft im Boot stark macht, haben alle Frauen erfahren. Moderate Bewegung an der frischen Luft, gemeinsam mit Menschen, die ähnliches durchgemacht haben, für viele ist das eine wichtige Auszeit vom Alltag. „Wir sitzen alle in einem Boot“, diese Lebensweisheit bekommt für Pink Paddler eine ganz neue Bedeutung und findet sich auf so manchem Werbeflyer der Gruppen.
Austausch über Grenzen hinweg
Was im Boot und vor Ort gilt, gilt natürlich auch im größeren Rahmen. Die Vernetzung über die Vereinsgrenzen hinaus wird immer wichtiger, das spüren auch die Verantwortlichen in den Vereinen. Kaum verwunderlich also, dass Ende Januar 2020 fast alle deutschen Pink-Paddler-Initiativen vertreten waren, um sich über die Vereinsgrenzen hinweg auszutauschen und gemeinsame Konzepte zu erarbeiten. 2019 hatte es die erste Veranstaltung dieser Art gegeben, bereits damals mit sehr guter Resonanz. Dieses Mal folgten noch mehr Engagierte der Einladung von Patricia Frank, die vom Ressort Drachenboot mit der Förderung des Pink Paddling betraut worden ist. Die Stimmung war locker und fröhlich, man kennt sich halt. Das Team von Phoenika Kassel hatte wie im Vorjahr seine Vereinsräume zur Verfügung gestellt und sorgte für eine hervorragende Bewirtung der aus ganz Deutschland angereisten Teilnehmer. Von der Pressearbeit über sportliche Ambitionen bis hin zur Planung des Pink Cup in Deutschland, auch der inhaltliche Bogen war weit gespannt. Erstaunlich, wie unterschiedlich die Erfahrungen der Teams sind. Einige Gruppen finden scheinbar mühelos neue Mitpaddlerinnen, andere wachsen nur sehr langsam, trotz intensiver Bemühungen. Enge Kontakte zum örtlichen Brustzentrum helfen, sind aber auch kein Garant für ein volles Drachenboot. Und während einige Teams sportlich sehr ambitioniert sind, steht bei anderen eher die Gemeinschaft und der Austausch im Vordergrund. Die lebhafte Diskussion setzte sich in den Pausen fort – kennenlernen, voneinander lernen, gute Ideen austauschen – dieses Konzept ging voll auf und sorgte für zufriedene Gesichter.
Geplant war jedenfalls so einiges für 2020: Im Juni sollte die Wanderfahrt des DKV nach Datteln führen, an den nördlichen Rand des Ruhrgebiets. Es wird sich zeigen, ob die wg. der COVID-19 Pandemie vorläufig verschobenen Veranstaltung zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden kann. Der zweite Deutschland Cup in Pink im September in Wolfsburg wurde abgesagt. In Nordrhein-Westfalen sollten die drei Teams aus Datteln, Bochum, und Lünen gegeneinander auf verschiedenen Regatten um die Pink Trophy kämpfen. Die erste Regatta im April musste leider bereits ausfallen, inwiefern die zweite Trophy-Regatta im August stattfinden kann, muss sich ebenfalls noch zeigen. Übrigens: Genau diese Damen wollten beim Deutschland Cup in Pink gemeinsam als Ruhrpottboot an den Start gehen, ein gutes Beispiel für den Spirit im pinken Drachenbootsport.
Wie hoch das Interesse an dem Deutschland Cup in Pink ist, zeigte die Teilnehmerzahl von acht Booten im September 2019 in Schierstein. Ein Boot ging als Bundesmix an den Start, da die eigentlichen Teams kein eigenes Boot melden konnten, und setze sich aus Trier, Kassel und Worms zusammen sowie einigen Damen des Ruhrpottbootes, sodass wirklich niemand auch nur ein Rennen vom Ufer begleiten musste. Der Termin für 2021 steht bereits fest. Vielleicht gibt es bis dahin noch ein paar mehr pinke Standorte in Deutschland.
Infos
Mitmachen!
Stellt euren Verein vor!
Wie? Schickt uns eine E-Mail an redaktion@dkvgmbh.de
Wir schicken euch die Vorlage mit der ihr euren Verein vorstellen könnt. Oder geht direkt auf www.kanu.de/downloads. Hier findet ihr den Bogen für den Steckbrief.
Wir setzen uns mit euch in Verbindung und besprechen mit euch die Veröffentlichung: kanu.de, Social Media oder die Zeitschrift KANU-SPORT.
Wir freuen uns auf eure Zusendungen!
Fotos: Ansger Kriesel, Nicole Simon