Kanu-Segeln

Die Sportart

Auf den ersten Blick sollte man meinen, Kanu-Segelboote hätten mit herkömmlichen Kanus nichts zu tun. Doch dieser Eindruck ist falsch. Die Segelboote der Klassen "Taifun" und "IC" (international Canoe) blicken auf eine lange Entwicklungsgeschichte zurück.

In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts machten sich erfinderische Seeleute daran, die bis dahin mit Paddeln fortbewegten Kleinboote mit Mast und Segel auszustatten, um die Windkraft als Vortriebsmittel zu nutzen. Vorbilder waren die großen Segelschiffe. Waren es anfänglich nur Abenteurer, die auf Flüssen, Fjorden und Schären diese kraftsparende Fortbewegungsart besonders in Großbritannien, Nordamerika und Skandinavien wählten, wurden in England schon vor gut hundert Jahren (1882) die ersten Regatten auf weiterentwickelten Booten ausgetragen. Diese Segel-Kanus waren die Vorläufer fast aller heutzutage bekannten Segeljollen. "Taifun" und "IC" haben jedoch etwas beibehalten, was die übrigen Jollen (mit Spiegelheck) nicht haben: die Spitzheck-Form (in der Wasserlinie).

 

Beide Boote sind 5,20 m lang, verfügen über ein Großsegel sowie ein Vorsegel (Fock) und werden in der "Leistungsklasse" bei Regatten Einhand gesegelt, das heißt nur ein/e Segler/in als Steuermann/frau. Der Taifun wird in der Jugend-Klasse mit Vorschoter gesegelt. Die Boote gelten als Wasserfahrzeuge, für deren Führung die Steuerleute die Befähigung durch einen Führerschein nachweisen müssen.

Weitere Infos auf der Webseite des Ressorts Kanusegeln


Allegemeines

Altersklassen

Eine Leistungsklasse wie in anderen Kanusportdisziplinen kennt man beim Kanusegeln noch nicht. Eine Altersbegrenzung gibt es nur für die Jugendklasse, wo das Mindestalter für die Steuerleute auf 14 Jahre und für die Vorschoter auf 10 Jahre sowie das Höchstalter der Steuerleute auf 19 Jahre festgelegt ist.


Meisterschaften

Deutsche Meisterschaften gibt es seit 1931 jährlich, und nach der Übernahme des "IC" (1971) in beiden Klassen. Sie werden vom DKV veranstaltet.

Europameisterschaften werden seit 1936 und Weltmeisterschaften (alle drei Jahre) seit 1961, allerdings nur für die IC-Klasse, ausgetragen. Die Kanusegel-Weltmeisterschaft 1999 fand im Sommer 1999 in Schweden statt.


Klassenvereinigung

Die "Taifun"- und "IC"-Segler haben sich national in der "Fachabteilung Kanusegeln" im Deutschen Kanu-Verband e.V. (DKV), dem Deutschen Segierverband e.V. (DSV) angeschlossen und sind seit 1974 eine vom DSV anerkannte Klassenvereinigung der Bootsklassen "IC" (Code-Nr. 510) und "Taifun" (Code-Nr. 511). International sind sie in der International Canoe Federation (ICF) zusammengefaßt.

Weitere Infos auf der Webseite des Ressorts Kanusegeln.


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Kanu-Segel Clip

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Bootsklasse IC
Bootsklasse Taifun

Bootsklasse IC

Kanufahrern in England und Canada wurde um 1870 das Paddeln zu langweilig, sie setzten Segel auf die Kanus und begannen Regatten zu segeln. Also lange bevor sich das Jollensegeln verbreitete. Die Segelkanus wurden laufend modifiziert, es bildeten sich Bootsklassen, eine davon ist das International Canoe, kurz IC. Diese Klasse ist aus der Tradition heraus im Kanu-Verband organisiert. Für Jollen ungewöhnlich ist das hohe Geschwindigkeitspotential von bis zu 26 Knoten (50km/h). Somit ist das International Canoe heute die schnellste Einhand-Segeljolle der Welt.

Die Besonderheit am IC ist der Ausreitsitz. Der Schlüssel zu den spektakulären Leistungen. Er ermöglicht dem Steuermann sein Gewicht 2m von der Schiffsmitte nach außen zu bringen. Man sitzt damit nicht im Boot, sondern komplett außerhalb. Das durch den Ausreitsitz erzeugte aufrichtende Moment ist um 50% größer als das eines Vorschoters im Trapez. Die Effizienz eines Ausreitsitzes lässt sich nur als Kombination von Trapez und Flügeln, wie sie in Klassen wie RS 600, 49er üblich sind, erreichen. Der Clou beim IC: Der Sitz wird bei jeder Wende mit einem Handgriff auf die andere Seite geschoben. Das Boot selbst ist bei einer Länge von 5,20m nur 1m breit. Das große aufrichtende Moment, das geringe Gesamtgewicht und die minimale benetzter Wasserfläche sorgen zusammen mit einem moderne Rigg für extreme Segelleistungen. Es gibt kaum eine Jolle, die auf der Kreuz schneller als das IC segelt.

Um die Raumschotgeschwindigkeit zu erhöhen, wird derzeit erfolgreich mit Gennakern experimentiert. Viele Segler meinen das IC wäre schwer zu segeln. Dem muss entschieden widersprochen werden. Die Seglerin sitzt mehr oder weniger gemütlich am Ende des Bretts und steuert mit der 2m langen Pinne das Kanu ohne Kraftaufwand durch die Wellen. Die Großschot wird aus der Hand oder über eine Klemme gefahren. Die Fockschot wird an das Ende des Sitzes geführt und ist belegt. Ihre Bedienung ist nur ein kleiner Handgriff. Auch das Wenden ist weniger problematisch, als meist angenommen. Man steuert in den Wind, wirft die Fockschot los und rutscht dabei gleichzeitig in die Bootsmitte. Dann duckt man sich unter den Großbaum und wirft den Sitz auf die andere Seite. Der Sitz ist nicht arretiert, sondern hält sich allein durch seine Reibung. Bevor das Segel wieder Wind bekommt, ist der Sitz auf diese Weise auf der anderen Seite bereit.

Manöver auf dem IC sind, wie auf jeder Jolle, hauptsächlich eine Frage von Koordination und Geschicklichkeit. Ein mit leichten Jollen vertrauter Segler schafft den Lernprozess in wenigen Stunden und nach einigen Tagen läuft alles wie von selbst.

Das Segeln auf dem Gleitsitz bringt ein völlig neues Segelgefühl. Es gibt kaum ein Boot, das so feinfühlig auf jede Trimmänderung reagiert. Auf dem Sitz direkt über dem Wasser bekommt man ein unmittelbar, absolut aufregendes und berauschendes Geschwindigkeitsgefühl.

Im Gegensatz zu den meisten Jollenklassen ist das IC keine Einheitsklasse, sondern gehört zu den wenigen international verbreiteten Konstruktionsklassen, wie 14 Footer oder Moth. Um die Kosten für Neubauten in Grenzen zu halten ist die Rumpfform seit 1960 streng vereinheitlicht, die Konstruktion des Riggs aber ist weitgehend frei, abgesehen von einigen Beschränkungen, wie Segelfläche und Masthöhe. Die Vermessungsvorschriften begrenzen außerdem das Bootsgewicht, die Länge und Breite des Schwerts und das Gewicht des Ausreitbretts. Dies hat zur Folge, dass kein IC dem anderen gleicht. Auf diese Weise ist die permanente Verbesserung von Segeldesign, Schwertprofilen, Gewichtsverteilung usw. gewährleistet. Einerseits bieten die Vermessungsvorschriften Tüftlern und Bastlern die Möglichkeit sich auszuleben. Dies führte dazu, dass es nichts gibt, was nicht schon auf dem IC ausprobiert worden ist. Andererseits entwickelte sich im Laufe der Zeit in gewisser Standard, betreffend die Konstruktion und Ausstattung eines Kanus. Man kann jederzeit mit einem solchen Standardboot eine Regatta mitsegeln und gewinnen.


Wer segelt das IC?

Es gib im wesentlichen zwei Sorten IC-Segler. Die Erfinder, Bootsbauer, Tüftler und Bastler, und Leute die einfach nur Spaß daran haben mit einer anspruchsvollen Einhandjolle zu segeln. Da es kaum jemand gibt, der nach dem IC wieder auf traditionelle Bootsklassen umsteigt, findet man Segler aller Altersstufen, beginnend bei 14 bis 65 Jahren, in der Klasse. Das Gewicht des IC-Seglers spielt eine eher untergeordnete Rolle. Zu viele mitgeschleppte Pfunde behindern die Beweglichkeit und ein zu leichter Segler hat bei Starkwind keine Chance. Es gibt erfolgreiche Segler zwischen 55 und 95 kg. Für jedes Gewicht lässt sich eine vernünftige Rigg-Segel-Kombination finden. IC-Segeln ist kein "Kraftsport" wie das Segeln in manch anderen Jollenklasse, allerdings schadet es nicht halbwegs trainiert zu sein.


Wo wird das IC gesegelt?

Das IC wird in mehr als 10 Ländern der Welt gesegelt. Von Australien bis in die USA, von Schweden bis zu den Westindischen Inseln. Die größte Flotte ist derzeit in England beheimatet. Bei nationalen Meisterschaften findet man dort zwischen 35 und 50 Boote. Für deutsche Segler interessant, seit einigen Jahren breitet sich das IC in Frankreich zunehmend aus. Es gibt jedes Jahr einen umfangreichen Kalender nationaler und internationaler Regatten. Weltmeisterschaften werden alle drei Jahre auf den interessantesten Revieren ausgetragen. Der Euro-Cup bietet die Möglichkeit zu einem europaweiten Leistungsvergleich.


Wie komme ich zu einem IC?

Es gibt mehrere Möglichkeiten zu einem IC zu kommen. Als Neueinsteiger bietet sich vor allem der Gebrauchtmarkt an. In England findet man das größte Angebot. Neubauten sind momentan auch nur dort von Bootsbauer Rob Mitchel zu haben. Er versorgt derzeit fast die gesamte britische Flotte mit absolut professionell gefertigten Booten. Man bekommt von ihm Schiffe in allen Ausbaustufen. Die Preise liegen zwischen 2500,- Euro für ein gutes Gebrauchtboot und 9000.- Euro für einen Neubau. Einzelanfertigungen in Kohlefaser haben ihren Preis! Hierzulande hat sich Frido Beers am intensivsten mit dem Bau von Segelkanus beschäftigt. Er baute bisher mindestens acht Boote in Deutschland (vielleicht hat er ja noch mal Lust und Zeit eins zu bauen. Sie sind nicht schlechter, als Rob's Boote).

Für Bootsbauer und Erfahrene bzw. talentierte Bastler gibt es die Möglichkeit des Eigenbaus. Die Negativform dazu kann man sich gegen eine Versicherungspauschale vom DKV ausleihen. Dies gilt natürlich auch für professionelle Bootsbauer. Außerdem kann man den kompletten Bauplan, gegen eine geringe Gebühr, über den Deutschen Kanu-Verband (Vermesser/in) beziehen. Einen Plan eines modernen Deckslayouts findet man auf der US-Homepage.

Impressionen vom IC

 

Technische Daten IC One Design:
Länge: 5,20m
Breite: 1,01m
Tiefgang: 1,00m
Gesamtgewicht (ohne Segel): 83,5kg
Segelfläche: 10m2

Technische Daten IC:
Länge: 5,20m
Breite: 1,10m
Tiefgang: 1,00m
Gesamtgewicht (ohne Segel): 50kg
Segelfläche: 10m2

Technische Daten AC:
Länge: 5,20m
Breite: 1,10m
Tiefgang: 1,00m
Gesamtgewicht (ohne Segel): 89kg
Segelfläche: 10m2
Segelfläche mit Gennaker: 24m2

Bootsklasse Taifun

Der Taifun ist eine langjährig national etablierte Regattaklasse, die seit ihrer Entstehung Mitte des 20sten Jahrhunderts stetig verbessert und optimiert wurde. Die Taifun-Klasse ist sowohl im DKV als auch im DSV organisiert und aufgestellt.

Die Besonderheit des Taifun sind einerseits die im Heckbereich abgerundete Rumpfform, was die Gleiteigenschaften der Segeljolle verbessert, andererseits die Ausreitbretter, die auf beiden Seiten des hinteren Cockpits angebracht sind, um das Boot auch bei höheren Windstärken optimal trimmen zu können, dies insbesondere mit Hinblick auf die fast 10m2 Segelfläche.
Die schlanke Bootsform fordert dem Segler viel Aufmerksamkeit und Geschick ab. Auch die zwei Segel in Form von Fock und Groß haben ihren Anteil daran. Es ist Präzision und ein gutes Bootsgefühl gefragt, um das Boot zu beherrschen.

Die Bootsklasse besteht aus zwei Starterklassen. In der Taifun-Jugend wird das Boot mit zwei Personen in Form von Steuermann und Vorschoter gesegelt. Dies ist möglich bis zum Alter von 19 Jahren und hilft den leichteren und unerfahreneren Seglern beim Beherrschen des Boots. Spätestens ab dem Alter von 19 Jahren wird in die Taifun-Klasse umgestiegen, wo nun das Boot alleine gesegelt wird und sich alle Altersgruppen ab 19 Jahre aufwärts messen.

Regatten finden von Frühling bis Herbst statt und finden ihren Höhepunkt mit der Deutschen Meisterschaft in beiden Klassen im Sommer. Die Ranglistenregatten werden auf unterschiedlichen Revieren ausgerichtet, besegelt werden sowohl Binnen- wie auch Seereviere. Regelmäßig wird auch ein Trainingslager im Frühjahr ausgerichtet sowohl für Neueinsteiger, um die Klasse kennen zu lernen, als auch zur Schulung von Taktik und Bootsbeherrschung.

Neben dem seglerischen Aspekt zeichnet sich die Klasse auch durch ihre Offenheit und starken Zusammenhalt aus. Fairness auf dem Wasser, das breite Spektrum des Alters der Segler sowie das sportlich anspruchsvolle Segeln auf einer vom Material auf Langlebigkeit trotz geringem Bootsgewicht ausgelegten Gleitjolle sind weitere Merkmale der Klasse.

Impressionen vom Taifun

 

Technische Daten:
Länge: 5,20m
Breite: 1,32m
Tiefgang: max 1,0m
Segelfertig: 90kg
Segelfläche: 9,5m2