31. August 2023

Wer stört? Paddeln mit Rücksicht auf...

Mit unseren Booten kommen wir dahin, wo sonst (fast) niemand hinkommt. Grund genug, um der Natur besondere Rücksichtnahme und Respekt entgegen zu bringen. (Foto: Pixabay)

Wer informiert ist und Kenntnis über mögliche Störwirkungen und andere Folgen des Paddelns hat, kann sich selber besser einschätzen. Wenn ein Vogelschwarm auffliegt oder ein Hase die Flucht ergreift, werden unbedarfte Laien das nicht unbedingt auf sich zurückführen. Paddler*innen sollten stets mit gutem Beispiel vorangehen und sich penibel an die Benimmregeln halten. Gegenseitige Rücksichtnahme und Verantwortungsbewusstsein für Natur und Mitmenschen sind unerlässlich, damit die Zeit in der Natur für alle ein positives Erlebnis bleibt.

 

Paddeln mit Rücksicht auf...
 

1. Vögel

Alle Vögel, die in Europa vorkommen, sind nach Bundesnaturschutzgesetz „besonders geschützt“, unabhängig davon, ob sie selten oder bedroht sind. Für seltene und bedrohte Arten gelten höhere Schutzkategorien. Damit wird europäisches Recht umgesetzt (Art. 1 der EG-Vogelschutzrichtlinie), das in allen EU-Ländern gilt.
Vögel werden vor allem in der Brutzeit (März bis Juni), in der Zug- und Überwinterungszeit (überwiegend an Seen und großen Strömen) und Wasservögel in der Mauser (Juli- August) vom Kanubetrieb und anderen Wassersportarten betroffen.

Brutzeit: (März – Juni)
(Teilweise schon ab Mitte Februar) Bleiben die Eltern aufgrund wiederholter Störungen dem Nest fern, verhungert oder erfriert die Brut. Ein einziges Wochenende mit starkem Bootsbetrieb kann den Bruterfolg in Frage stellen. Die Elterntiere reagieren oft mit Flucht. Boote „treiben“ die Tiere auf engen Gewässern vor sich her, bis sich die Vögel zu einem Flug zurück über Land entschließen können. Gewöhnung an Boote ist zwar zu beobachten (geringere Fluchtdistanz) aber die Flucht als Reaktion bleibt. Junge Entenvögel, Zwerg- sowie Haubentaucher und Gänsesäger können auf strömendem Gewässer bei einer Flucht von ihren Eltern für immer getrennt werden.
Einige Vogelarten ducken sich im Ufergebüsch. Trotzdem bedeutet dies für die Tiere einen enormen Stress. Manche Kiesbankbrüter (Kiebitz, Flussregenpfeifer) starten bei Störung ein Ablenkungsmanöver, um den vermeintlichen Feind von den Jungen wegzulocken. Dies kann zu fatalen Fehleinschätzungen durch Besucher führen: Dort wo es ruhig ist, ist das gut getarnte Gelege!
Unmittelbares Verweilen in der Nähe von Nestern oder Brutröhren auch am gegenüberliegenden Ufer, zum Beispiel in der Pause, kann erheblich stören.

Vogelzug und Überwinterung:
Seen, Weiher und teilweise auch größere Flüsse werden in der Zugzeit als Rastplätze, teilweise auch als Winterquartiere von Wasser- und Watvögeln genutzt. In der Vorbereitung auf den Zug in den Süden und in der Winterzeit können es sich die Tiere nicht leisten, wertvolle Energie zu verlieren. Dennoch reagieren sie auf Störungen empfindlich. Fliegt ein Vogel auf, reagiert oft der ganze Schwarm. Bei häufigeren Störungen kann dies die Tiere unnötig schwächen.

Mauser (Juli/ August):
Im Gegensatz zu Singvögeln mausern Wasservögel komplett. Sie sind in dieser Zeit nicht flugfähig und können sich bei Störungen nur schwimmend entziehen. Was so entspannt aussieht – man erwartet einen Massenstart – ist Wahrheit ein verzweifelter Fluchtversuch.
 

Vermeidung von unnötigen Störungen:


Befahrungsregeln beziehen sich besonders häufig auf die Brutzeit.

  • in der Flussmitte fahren
  • Übernutzung der Gewässer v.a. in der Brutsaison vermeiden
  • Nester – vor allem auch Schwimmnester und Wasservögel mit Jungen – möglichst ruhig und großräumig umfahren und Zeit für einen geordneten Rückzug z.B. in die Ufervegetation, lassen
  • Steilufer und Schilfzonen nur mit Abstand passieren
  • Kiesinseln, auf denen Vögel rasten, oder solche von denen kurz vor dem Anlanden Vögel auffliegen, nicht zur Rast nutzen.
  • großen Vogelansammlungen fernbleiben
  • die ausgewiesenen Schutzzonen zu respektieren
     

 

 

2. Fische / Fischbrut

Je nach Gewässerabschnitt kommen unterschiedliche Fischarten vor. Vom kalten sauerstoffreichen Gebirgsbach bis zum träge fließenden Tieflandfluss haben sich unterschiedliche Lebensgemeinschaften herausgebildet. Zahlreiche Fischarten laichen im Kiesbett im Spätherbst oder Winter. Durch häufiges Befahren bei zu niedrigem Wasserstand kann Laich verdriften oder durch aufgewühltes Sediment verschlammen.
Die Jungfische halten sich im wärmeren Flachwasser, in strömungsarmen Kehrwässern, in flachen Bereichen um Kiesinseln und in Polstern von Wasserpflanzen auf. Durch wiederholtes Scheuchen verlieren sie Energie. Geschwächt können sie leichter Beute von Fressfeinden werden.

   

Vermeidung von unnötigen Störungen:


Die Einführung von Mindestpegeln soll eine Befahrung bei ausreichendem Wasserstand sicherstellen.

  • Fahrten nur bei ausreichendem Wasserstand (keine Grundberührung von Paddel oder Boot)
  • Flachwasserzonen, flache Kehrwässer, Polster von Wasserpflanzen meiden
  • kein Treideln oder Waten im Fluss.

Dies dient auch anderen, teils seltenen Arten der Gewässersohle wie Muscheln (Bachmuschel, Flussperlmuschel),  Krebstieren und Insekten.
 

 

 

3. Kiesbänke

Unbewachsene Kiesbänke sind in den begradigten Flüssen selten geworden. Sie sind Brutstätte einiger am Boden brütender Vogelarten wie Flussregenpfeifer, Flussuferläufer und Kiebitz. Gerne wählen Vögel die Kiesbänke auch zur Rast. Dort sind sie sicher vor Füchsen, Mardern und Katzen. Die Flachwasser werden gerne von Jungfischen genutzt.
Häufig ist das Anlanden und Rasten auf Kiesinseln verboten. Auch wenn sie noch so verlockend aussehen, sollte hier nicht Pause gemacht werden.

   

Vermeidung von unnötigen Störungen:

 

  • Ausgewiesene Picknick- und Rastplätze nutzen
  • Anlandeverbote unbedingt beachten
  • Kiesinseln meiden, vor allem wenn Vögel auffliegen
     

 

 


 

 


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