01. März 2021

Wie geht es? - Korrekt Kehrwasser fahren

Hier läuft alles richtig. Das Kajak wird im richtigen Winkel aus dem Kehrwasser in die Strömung manövriert.

Beim Kehrwasserfahren dreht sich alles um die drei wichtigsten Faktoren: Winkel, Geschwindigkeit, Kante. Und zwar genau in der Reihenfolge. Dazu kommt die Frage nach dem richtigen Setup, also der richtigen Ausgangsposition um ein Kehrwasser anzufahren oder es wieder zu verlassen. Hier findet ihr Hintergrundwissen zum Kehrwasserfahren.

Von Christian Zicke, Outdoordirekt

 

Die Kehrwasserlinie (auch Verschneidungslinie, Eddyline)

Die Kehrwasserlinie markiert den Bereich zwischen Hauptströmung und Kehrwasserströmung und ist oft eine wilde Aneinanderreihung von kleinen Strudeln. In diesem Bereich weiß das Wasser nicht, ob es mit dem Hauptstrom flussab oder mit der Kehrwasserströmung flussauf fließen soll. Dieser Bereich ist am Anfang des Kehrwassers meist klar definiert und schmal, zum Ende des Kehrwassers (flussab) ist sie breiter und undefinierter, bis sie sich schließlich im ablaufenden Wasser verläuft. Über diese Kehrwasserströmung möchte ich bei der Einfahrt in oder der Ausfahrt aus einem Kehrwasser möglichst schnell hinüber gelangen. Ein längerer Aufenthalt in diesem Bereich, der auch Verschneidungszone genannt wird, kann unangenehme Folgen haben, da sich das Kajak unvorhersehbar verhält.

 

 

Durch das Kehrwasser - Schritt für Schritt

Am Anfang suche ich mir ein ruhiges, großes Kehrwasser am Rande einer moderaten Hauptströmung mit einer gut sichtbaren Kehrwasserlinie.

 

1. Kehrwassereinfahrt

Schon weit vor Erreichen des Kehrwassers versuche ich, mich in die Flussmitte zu orientieren. Dann stelle ich mir eine gerade Linie vor, die von meiner Bootsspitze auf mein Ziel zeigt (das Kehrwasser). Das Ziel ist der Anfang des Kehrwassers, ganz oben am Hindernis, welches das Kehrwasser bildet. Meine erdachte Hilfslinie richte ich an der Kehrwasserlinie aus (für die Zahlenfreaks: ca. 45 Grad, maximal 90 Grad). Dann nehme ich Geschwindigkeit auf, versuche mein Kajak immer auf der gedachten Linie zu halten und fahre in das Kehrwasser, indem ich die gut sichtbare Verschneidungslinie immer noch in einem Spitzen Winkel überfahre.
Ich muss so viel Speed haben, dass mein Kajak über die Kehrwasserlinie hinaus schießt und komplett in die Gegenströmung gelangt. Jetzt haben wir schon zwei Faktoren drin: Winkel und Geschwindigkeit, fehlt noch der dritte, die Kante! Wenn ich nämlich mit meinem Kajak in einem spitzen Winkel von der Hauptströmung in die Gegenströmung fahre, dann wird mein Kajak durch die Gegenströmung stark abgebremst. Es würde der Schwerkraft folgen und in die Gegenströmung kippen. Deshalb muss ich mein Kajak im richtigen Moment aufkanten. Nämlich dann, wenn die Bootsspitze von der Gegenströmung herumgerissen wird. Ich kante das Kajak so, dass die Gegenströmung unter dem Kajak durchfließen kann: Fahre ich rechts ins Kehrwasser, kante ich das Kajak nach rechts, hebe also das linke Bein an.
Sobald meine Spitze ausgedreht hat, also wieder flussauf zeigt, kann ich die Kante wieder lösen. Kapiert? Klar, oder?

 

Von der Flussmitte aus orientiert man die Bootsspitze auf den Anfang des Kehrwassers, oben am Hindernis.
Je nach Situation fährt man das Kehrwasser spitzer (wie hier) oder flacher an.
Noch ohne Kante über die Kehrwasserlinie hinaus fahren.
Genau dann, wenn die Bootskante von der Gegenströmung herumgerissen wird, kantet man auf.

 

2. Kehrwasserausfahrt

Läuft genauso! Ich richte mein Kajak in dem anfängertauglichen, ruhigen und geräumigen Kehrwasser aus. Und zwar zeigt die Bootsspitze nun im 45 Grad Winkel auf die Kehrwasserlinie.
Dann beschleunige ich mein Kajak, um genug Geschwindigkeit zu haben um über die Verschneidungslinie zu kommen. Direkt vor der Verschneidungslinie stelle ich das aktive Paddeln ein und gehe in eine sichere Position (Oberkörper in Vorlage, Bauchmuskeln angespannt, ggf. stützbereit). Sobald mein Kajak von der Hauptströmung ergriffen wird, kante ich das Kajak, so dass die Hauptströmung unter dem Kajak hindurch fließen kann. Fahre ich aus dem rechten Kehrwasser, in das ich ja auch vorher hinein gefahren bin, hebe ich nun auch bei der Ausfahrt das linke Bein und entlaste das rechte…

 

Die Spitze des Kajaks wird in etwa 45° zur Kehrwasserlinie gebracht.
Mit Schwung geht es über die Verschneidungslinie. Dabei kein aktives Paddeln, sondern sichere Position mit Körperspannung.
Direkt nach der Verschneidungslinie wird gekantet.
Kommt man aus linkem Kehrwasser, kantet man bei der Ausfahrt das Kajak nach links.

 

3. Traversieren

Traversieren bedeutet, vom eigenen Kehrwasser in ein Kehrwasser auf der anderen Flusseite zu wechseln, welches sich auf derselben Höhe befindet. Ohne dabei auf dem Fluss Weg zu machen.
Beim Traversieren spielen wieder unsere drei Faktoren eine Rolle. Winkel, Geschwindikeit, Kante.
Diesmal wählen wir allerdings einen deutlich spitzeren Winkel. Das Kajak zeigt nur minimal in die Richtung, in die ich will. Starte ich aus dem rechten Kehrwasser und will in das linke, dann zeigt meine Bootsspitze flussauf, ganz leicht nach rechts. Ich beschleunige das Kajak ein wenig und versuche die Bootsspitze immer im gleichen Winkel zu halten. Erst kurz bevor ich den Fluss überquert habe, lasse ich das Boot abkippen, um im idealen Winkel über die Kehrwssserlinie zu gelangen. Voliá!

 

Beim Traversieren pendelt man ohne Höhenverlust in ein weiteres Kehrwasser auf der anderen Flussseite.
Durch Vorschläge hält man das Kajak in der Strömung. Die Strömung drückt das Boot zur gewünschten
Uferseite.

 


Über Outdoordirekt

Seit 2003 gibt es die Kanuschule Outdoordirekt. Anfangs noch aktiv als Kanu- und Outdoorschule, haben sich Nadja und Christian Zicke seit 2011 dem Kanusport verschrieben. Seitem ist das professionelle Kursprogramm immer weiter ausgebaut worden. Das kleine Team ausgewählter Kanulehrer, das Christian und Nadja bei den Kursen und Reisen unterstützt, besteht aus professionellen Sportlern und Expeditionisten.

Nadja und Christian können zusammen nicht nur auf unzählige Stunden Erfahrung im Wildwasser- und Seekajak zurückgreifen, sie sind seit 1998 auch regelmäßig mit Kanuschülern unterwegs. Von Anfang an zählten für beide der Spaß und die Freude am Vermitteln des Kajaksports ebenso wie die professionellen Lehrinhalte und das didaktisch immer weiter optimierte Schulungskonzept. Durch die viele Erfahrung fällt es den beiden leicht, Kanuschüler-orientiert ihr Wissen zu vermitteln oder bereits vorhandene Fehler auf Anhieb zu erkennen und diese durch gezieltes Üben auszumerzen.

Das kleine Team ausgewählter Kanulehrer, das Christian und Nadja bei den Kursen und Reisen unterstützt, besteht aus professionellen Sportlern und Expeditionisten. Doch das allein macht keinen guten Lehrer aus. Deshalb durchlaufen unsere Kanulehrer eine intensive Ausbildung bei uns im Betrieb. Außerdem muss jeder Kanulehrer sein didaktisches Geschick in einer oder mehreren Hospitationen unter Beweis stellen, bevor er bei uns schult.

Weil das Lernen in lockerer Atmosphäre und in kleinen Gruppen das Allerwichtigste ist, wird das Verhältnis von Kanulehrer zu Schüler dem jeweiligen Kursgebiet angepasst, es ist aber nie höher als 1:6. So setzt Outdoordirekt hohe Standards in den Bereichen "Sicherheit" und "Lern-Intensität".


Weitere Infos und Kursangebote auf www.outdoordirekt.de

 


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KANU-SPORT 03/2018
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