16. März 2023

Wildwasser-Entdeckungen am Polarkreis

Wildwasser-Entdeckungen am Polarkreis (Fotos: Sebastian Gründler)

Inmitten unserer Entdeckungsreise zu völlig unbekannten Wildwassern in Norwegen erreichen Ulrich Kittelberger, Jens Reinhold, Peter Luppa und ich eines Abends die kleine Ortschaft Badderen in der Finnmark. Wir nähern uns damit endlich – mit viel Spannung, Freude und auch Skepsis im Gepäck – unserem Projekt Kvaenangselva.

Von Sebastian Gründler

Die Teilnehmer der Norwegen-Expedition: Peter Luppa, Sebastian Gründler, Ulrich Kittelberger und Jens Reinhold (v.l.n.r.)

Nach diversen kajaktechnischen Aufwärmübungen im Sarek-Nationalpark in Schweden und quer durch den nördlichsten Teil Norwegens (wir haben es diesmal bis kurz vor Murmansk geschafft!) fühlen wir uns in der körperlichen Verfassung, um uns einem kräftezehrenden Projekt zu stellen, zumindest lässt das ein Blick auf die Karte stark vermuten. Laut Satellitendaten und Kartenrecherche erwartet uns kristallklares Wasser (wie fast immer in Norwegen), Granitwände – ergo Grundgestein satt – und ein Gefälle von ca. 18 m/km (also eigentlich rentnergerechtes Gelände).

"Auch die Einheimischen können sich nicht erinnern, schon einmal bunte Plastikschüsseln im Bach gesichtet zu haben."

Wenn da nicht diverse ganz schön steile Passagen mit verdächtig großen Schatten auf GoogleEarth gewisse Unwägbarkeiten in unsere Planung einbringen würden. Befahrungsberichte oder andere Infos haben wir trotz intensiver Recherche vergeblich gesucht, Kajakbilder existieren, zumindest im Internet oder in Büchern, keine. Und auch die Einheimischen können sich nicht erinnern, schon einmal bunte Plastikschüsseln im Bach gesichtet zu haben. Kurzerhand investieren wir eine Flasche Whiskey in einen jungen mit einem Allrad-Quad bewaffneten Norweger, um Informationen über die Realisierung unseres Plans A herauszufinden. Dieser sieht vor, uns und die gesamte Ausrüstung mit Quads komfortabel auf einem heruntergekommenen Feldweg weit über 40 km in die Nähe des geplanten Einstiegs zu bringen. Am nächsten Morgen stellt sich heraus, dass die Spirituoseninvestition aufgrund des selbst für Quads zu schlechten Weges vergebens war. Eine 20 Kilometer lange Dirtroad-Bezwingung für unser Wohnmobil, sowie anschließende 17 Kilometer lange Wanderung auf der anderen Flussseite erwartet uns nun als Konsequenz in Form von Plan B.


Reise per pedes

Über zwei Pässe mit bereits vom Kartenstudium her gefühlt zu vielen Höhenmetern wird die Reise per pedes gehen. Während Kitt und Peter die Aussage des Norwegers mit dem Fahrrad überprüfen (und relativ umgehend deren Wahrheitsgehalt attestieren müssen), fahre ich mit Jens die Straße ins Hinterland hoch. Nach diversen Tunnels und verdutzten Elchen erreichen wir den ersten Stausee.

Umsetzung der "Wir-laufen-vom-unteren-
Stausee-mühsam-zum-Einstieg-Option"

Eine Option wäre, von hier loszugehen; die Laufstrecke wäre allerdings wesentlich kürzer und weniger höhenmeterintensiv, wenn wir es bis zum nächsten Stausee schaffen würden. Eine offene Schranke passierend schinden wir also Kitt’s hoffnungslos untermotorisiertes Wohnmobil einen viel zu steilen Feldweg hinauf (hoffentlich bekommt Kitt diesen Artikel nie zu Gesicht), bis uns die Motorleistung nach wenigen hundert Metern „Ende Gelände“ signalisiert. Während wir mit Schweißperlen auf der Stirn rückwärts wieder bis durch die Schranke jonglieren, schenken uns norwegische Arbeiter am Wegesrand ein mildes Lächeln von unglaublich grobem Gerät herab, welches etwa die 20-fache PS-Zahl unter der Haube haben muss und hoffnungslos überdimensioniert aussieht – wenn da mal nicht der pure Neid spricht. Im norwegischen Straßen-, Minen und Staudammgeschäft wird nun mal geklotzt und nicht gekleckert! Nach dieser Lektion erscheint uns die „Wir-laufen-vom-unteren-Stausee-mühsam-zum-Einstieg-Option“ doch nicht mehr ganz so schlecht.

"Während sich Kitt und Peter ihrer Kalorienorgie widmen, ziehen Jens und ich erneut mit den zurück gebliebenen Booten los."

Nach einer ausgiebigen Brotzeit schnallen wir uns vor unsere Prijon Curves, durchwaten einen kleinen Bach und lassen den Stausee langsam hinter uns kleiner werden. Durch ein enges Tal in faszinierender Landschaft steigen wir in südöstlicher Richtung stetig nach oben. Schon nach wenigen Kilometern waten wir durch erste durch die Nachmittagssonne schon recht sulzige Schneefelder. Auf Passhöhe deponieren wir die Boote an einem kleinen See und kehren zum Auto zurück, wo wir wieder auf Kitt und Peter treffen. Die beiden haben auf der Suche nach Alternativen inzwischen über 80 Fahrradkilometer mit fast 2.000 Höhenmetern in den Beinen und brauchen auch erst mal eine ordentliche Stärkung in Form diverser Muffins und belegter Käsebrote, leicht verfeinert mit der ach so leckeren Kaviarcreme. Während die beiden sich ihrer Kalorienorgie widmen, ziehen Jens und ich erneut mit den zurück gebliebenen zwei Booten los. Fast zeitgleich erreichen wir später gemeinsam den ersten Pass mit einem Gipfelsee. Jeder übernimmt nun wieder seine eigene Ausrüstung. Wir überqueren den See und bringen die Boote noch die ganze Strecke bis zum nächsten zu überquerenden Fluss in ein Tal hinab. Die Landschaft ist überwältigend schön und einsam und mag auch am Horizont nie enden.
Nach einer Strecke von insgesamt knapp sieben Kilometern erreichen wir einen markanten Mäander, unseren Umkehrpunkt – die Nacht wollen wir nicht im Zelt, sondern im Bus verbringen. Es ist bereits zehn Uhr in der Nacht, doch wir wandern in der Hoffnung auf besseren Schlaf alles wieder zurück.


Weiter geht es

Nach einer viel zu kurzen Nacht sitzen wir um halb sechs Uhr morgens beim Frühstück. Jeder verdrückt fünf Eier mit Speck, Champignons und reichlich Käse, sowie so viele weitere Kohlehydrate und andere Nahrung wie irgendwie möglich. Zu dritt werfen wir uns, bewaffnet mit dem Rest der

Unterwegs in vollem Genuss von Schweiß, Mittagshitze, Atemnot und Myriaden von Moskitos.

Ausrüstung und unzähligen Energieriegeln, wieder auf die bekannte Loipe. Auf dem Weg zum ersten Pass scheint sich unser Frühstück immer wieder zu überlegen, ob es sich dem Standardverdauungsprozess hingeben möchte oder eine deutlich kürzere Magen-Aufenthaltszeit bevorzugt. Es ist erstaunlich kühl in den frühen Morgenstunden, nur schleppend reicht die produzierte Körperwärme zur Kompensation der Außentemperatur. Wir erreichen zügig und ohne Zwischenfälle die Boote, wo wir sie am Vorabend verlassen hatten. Inzwischen hat sich auch mein Magen etwas beruhigt und der Körper die Belastung widerwillig hingenommen. Wenn er gewusst hätte was folgt, hätte er sich das unter Umständen anders überlegt. Mit der Morgensonne im Rücken erklimmen wir den zweiten großen Anstieg – ein Gebirgszug mit noch einmal knapp 450 zu überwindenden Höhenmetern. Tiraden von Moskitos haben inzwischen unsere Fährte aufgenommen und geben die frohe Kunde – wie es scheint – erfreut und im Schneeballsystem an weitere Bekannte und Verwandte weiter. Anfangs ist der Berghang verdammt steil und der Schweiß rinnt uns buchstäblich in Strömen herunter, während Boote und Ausrüstung an unseren Schwimmwesten zerren. Alternierend arbeiten wir uns ein Stück nach oben, dann kehrt einer zurück und holt die vierte Ausrüstung nach und schleppt diese weiter. Zu dritt haben wir so immer wieder kurze Pausen, die wir ob der vielen Mücken mehr oder weniger entspannt zum Krafttanken nutzen. Dann geht es über einen lang gezogenen Grat etwas weniger brutal in Richtung einer Gruppe herrlicher Gipfelseen, bei welchen wir nach intensivem Kartenstudium einen weiteren Pass zu erkennen hofften. Während wir am höchsten Punkt kurz verschnaufen, stößt Kitt wieder zu uns. Er hat in der Zwischenzeit den Bus zum geplanten Ausstieg in 40 km Entfernung gebracht, sich von einem (am Tag zuvor engagierten) Norweger wieder zum Stausee fahren lassen und sich dann auf die Verfolgungsjagd gemacht. Wir überqueren einen grandios idyllischen See, nur um uns danach einem Fjell biblischen Ausmaßes gegenüber zu sehen. Stumm und die Augen müde in Richtung unseres vermeintlichen Zieles gerichtet, stapfen wir weiter. Das nächste Tal vor unseren Augen ist wieder nur ein Hindernis, aber immer noch lange nicht der Beginn unserer eigentlichen Tour auf dem Wasser. Von Kvaenangselva keine Spur.

"Das nächste Tal ist wieder nur ein Hindernis, aber immer noch lange nicht der Beginn unserer eigentlichen Tour auf dem Wasser."

Aber was haben wir auch erwartet, schließlich ist die ja auch noch fast zehn Kilometer entfernt. Diese vergehen nicht gerade im Flug, vor allem der Ausblick endloser Weite knabbert weiter stark an unserem Gemüt. Plötzlich stehen wir vor einem Rentierzaun, der sich wohl mehrere hundert Kilometer durch die endlosen Fjells schlängelt. Der Zaun wirkt wie eine Sanddüne in der Arktis – fehl am Platz, und die Überwindung samt Booten führt zu fast lächerlich anmutenden Verrenkungen unsererseits, irgendwie sind unsere Beine nicht mehr ganz die von Schmidtchen Schleicher. Über Schneefelder, kleine Seen und steile Abbrüche schleppen wir uns die letzten Höhenmeter hinab zum Kiesbett unseres ersehnten Zieles, welches wir tatsächlich erst auf den letzten 20 Minuten dieser Gewalttour erblicken dürfen.


25 km Wildwasser vor uns

Es ist bereits Mittag, als wir den ersehnten Einstieg erreichen. Dort sehen wir uns mit einem deutlich besser gefüllten Bachbett konfrontiert, als uns lieb ist. Irgendwie unterscheidet sich die Wassermenge kaum von der am Ausstieg, aber wir haben fast 25 Kilometer Wildwasser vor uns – fernab der Zivilisation und in völlig unbekanntem und vor allem ziemlich anspruchsvoll anmutendem Ambiente.

Peter und Kitt nehmen eine kurze Auszeit nach dem beschwerlichen Weg zum Einstieg.

Eigentlich hatten wir auf einen moderaten Wasserstand am Einstieg gehofft, vielleicht ab und zu auf einen kleinen Nebenbach, der immer wieder etwas zum Gesamtvolumen beiträgt. Die Durchbruchsstrecken sahen auf den Satellitenbildern nicht gerade so aus, als bräuchte man hohe Wasserstände, um dort Spaß zu haben. Jetzt könnten uns gerade diese Passagen zum Verhängnis werden, denn dass die auf den Satellitenbildern weiß erscheinenden „großen Wasserfälle“ hier alle fahrbar sein könnten, halten wir für äußerst unwahrscheinlich. Einig sind wir uns aber auch, dass ein Abbruch der Expedition an diesem Punkt wenig Sinn macht. Wir werfen uns erst in Schale, kurz darauf in unsere Boote und starten mit einem unbeschreiblich schönen Gefühl in eine Wildwasserwelt, die vielleicht noch nie ein Paddler gesehen hat. Auf den ersten Metern im Kiesbett schrappelt es verdächtig wenig. Wir kommen zügig voran und erreichen die ersten Grundgesteinsriegel, in welche sich der Bach förmlich hineinsägt. Kalifornisch, unglaublich schön, glatt poliert wie in einer Märchenwelt. Über unzählige Rutschen, Katarakte und Stufen bahnt sich die Kvaenangselva ihren Weg Richtung des weit entfernten Fjords. Vier mal müssen wir üble Wasserfälle, in denen der ganze Fluss in Granitwände detoniert, umheben, aber nicht alles ist wirklich unfahrbar und wir liefern abwechselnd den einen oder anderen Stunt. Irgendwie scheint uns die Bucklerei der letzten Tage doch noch ein wenig in den Knochen zu liegen.


Kein unnötiges Risiko im Nirgendwo

Klar, dass da natürlich noch mehr gehen würde, allerdings will keiner hier im Nirgendwo ein unnötiges Risiko eingehen. Uns reichen die für uns machbaren Stellen völlig aus, und nicht selten drehen wir eine Ehrenrunde oder weichen etwas weiter von der Ideallinie ab als ursprünglich geplant.

Kitt, Peter und Jens im noch übersichtlichen obersten Teil kurz nach dem Einstieg.

Dann erreichen wir den ersten großen Durchbruch (wir wussten aufgrund der Satellitenbilder von dessen Existenz). Optimistisch fahren wir auf Sicht in die Schlucht, tolles wuchtiges Wildwasser reißt uns mit, doch bereits nach 100 Metern ist an einem mächtig beeindruckenden Siphon Ende der Fahnenstange. Satte 45 Minuten buckeln wir die Boote erst den steilen Hang hinauf, dann erheblich weiter über einen Grat wieder nach unten. Der Schweiß steht inzwischen bis zu den Knien in unseren Trockenhosen. Als wir uns die letzten Meter zum Fluss abseilen, schauen wir schon etwas mitgenommen aus der Wäsche. Das herrlich kühle Wasser erfrischt uns wieder, und auf relativ

"Gefühlt sind wir bereits zwei Tage unterwegs, die Muskeln schmerzen und ein Schweinebraten wäre auch recht!"

unspektakulären 2-3 Kilometern Folgestrecke im Landschafts-6er kommen wir wieder etwas zu Kräften. Doch die nächste Portage, auch diese haben wir erwartet, steht uns bevor. Wieder unterbindet der hohe Wasserstand jeden Befahrungsgedanken. Zwischen riesigen und nun messerscharfen Granitplatten gigantischen Ausmaßes balancieren wir in einem weiteren Kraftakt am Schluchtrand entlang und seilen die Boote am Ende wieder zum Fluss. Erd- und Moosreste halten sich nicht lange auf unserer Kleidung, denn auf der Folgestrecke werden wir in einigen wuchtigen Stufen ordentlich durchgespült. Mit bereits viel zu langen Armen erreichen wir endlich den höchsten und auf GoogleEarth deutlich sichtbaren Wasserfall, dessen Umtragung zum Glück verhältnismäßig unaufwendig hergeht. In einem Pinienwald wie aus dem Bilderbuch geht es in offenem Kiesbett der niedrig stehenden Sonne entgegen.

Peter in der brachialen Doppelstufe im finalen Klammdurchbruch.

Gefühlt sind wir bereits zwei Tage unterwegs, die Muskeln schmerzen, langsam fangen wir alle an zu frösteln und ein Schweinebraten wäre auch recht! Da das Stück nach dem letzten großen Fall auf den Satellitenbildern aussah wie die Waldschlucht der Guisanne, wähnen wir uns bereits kurz vor dem Ausstieg, als die Schluchtwände auf einen Schlag wieder zusammenrücken und für Schatten sorgen. Kitt traut sich als Einziger in eine wuchtig pulsierende Stufe, die rechts ums Eck in eine teils klammartige Schlucht stürzt. Letzte Energien freiwerdend surft er mit seinem Curve über den Rücklauf hinweg, als wäre dieser inexistent. Wir anderen umtragen die Stelle trotzdem und fangen nicht nur wegen der inzwischen fehlenden Sonne – und trotz der Anstrengungen – richtig an zu frieren. Seit 17 Stunden sind wir ohne Pause unterwegs, und die Kraftriegel sind aufgebraucht! Nach kurzer Zeit besichtigen wir eine massive Doppelstufe, die wieder in eine klammartige Verengung hinabbrodelt. Was um die Kurve kommt, können wir nur erahnen. Erste Anzeichen geringer Demut keimen in der Gruppe auf, immer wieder schweifen die Blicke weg vom Fluss nach oben zum Schluchtrand. Aber sinnvolle, sprich in unserem Zustand zu bewältigende Umtragungen sind nicht zu erspähen. Ein wenig lethargisch und nicht immer kontrolliert lassen wir uns hinabspülen und gelangen an eine Aneinanderreihung von ziemlich wuchtigen, nur mit ganz langem Hals einsehbaren und ganz schön mühsam zu befahrenen Stellen. Inzwischen steigt keiner mehr freiwillig aus dem Boot aus, zu viel Kraft kostet alleine das Auf- und Zumachen der Spritzdecke. Daher wechseln wir uns ab und geben wieder im Boot sitzend den anderen meist nur die Anweisungen „follow me!“


Klasse einer Brandenberger Ache

"In 25 Jahren gemeinsamen Paddelns habe ich weder bei Jens, noch bei Kitt so große Augen gesehen, als sie auf Ansage meinerseits hinterherfuhren."

Den Gedanken, dass eine Befahrung einmal keine Option mehr ist verdrängen wir erfolgreich – bis Peter an der Reihe ist! Mit etwas Abstand wartend, den Blick auf die Abbruchkante gerichtet, kommt in mein Blickfeld Sekunden später ein rotierender Curve in die Hauptrolle des Actionfilms. Sekunden später ein aufrechtes Paddel – aha – was war das nun? Kitt und Jens tun so, als hätten sie nichts mitbekommen, auf jeden Fall erspähe ich nichts in ihren Gesichtern, was man „Regung“ nennen könnte. Also raffe ich mich auf und verschaffe mir ein Bild von der Lage. Eine ziemlich verzwickte Anfahrt mit Stufe am Ende mündet direkt in eine weitere 3-Meter-Stufe, in dessen Tumpf das Wasser wild auf die gegenüberliegende Felswand läuft. Unfahrbar ist das sicher nicht, signalisiere ich meinen im Kehrwasser wartenden Kollegen. Ich möchte jedoch im Nachhinein behaupten, in 25 Jahren gemeinsamen Paddelns weder bei Jens, noch bei Kitt so große Augen gesehen zu haben, als sie auf Ansage meinerseits hinterherfahren mussten. Es grenzt fast an ein kleines Wunder, dass wir die unglaublich lohnenden letzten sieben Kilometer bis zum Ausstieg ohne ernste Zwischenfälle bewältigen. Alleine dieser Teil der Kvaenangselva hat die Klasse einer Brandenberger Ache – ohne eine einzige unfahrbare Stelle.

Märchenlandschaft hat uns von Anfang
bis zum Ende der Fahrt begleitet .

Und es scheint auch einen Wanderweg von der Ausstiegsbrücke aus zu geben, denn auf einmal säumen Angler die Ufer, die mit Ihren Augen signalisieren, dass sie Ufos zu sehen scheinen. Am Ausstieg ziehen wir uns mit letzten Kräften um, während uns tatsächlich die Sonne, nicht mehr behindert durch die engen Schluchtwände, um zehn Uhr abends die Welt langsam wieder freundlicher erscheinen und unsere Gänsehaut verschwinden lässt. Resümierend kann man sagen, dass das Gesamterlebnis so beeindruckend war, wie kaum eine Expedition vorher. Fast etwas vermessen erscheint uns im Nachhinein der Gedanke, diese Tour an einem Tag versucht zu haben.
In typischer Kittelberger-Manier fahren wir die Nacht durch, um erstens Jens „superfrühmorgens“ am nächsten Flughafen abzuladen, und zweitens „etwasspäterfrühmorgens“ auf dem nächsten Bach, der Nordkjoselva, vorstellig zu werden.

 

 

 

Kurz-Info


Einstieg: Die ca. 17 km lange Wanderung beginnt am Ostende des Stausees Lassajavri, direkt dem kleinen Bach bis zum Pass in südöstlicher Richtung folgen, runter ins Tal der Njarbesjohka und auf der anderen Seite wieder hinauf; direkt links von der markanten Insel auf den Karten hoch, den Gipfelsee durchpaddeln und dann immer ostnordosthaltend, bis der Einstieg hoch oben im Fjell Rassegalvarri erreicht ist
Tipp: Die Boote am Vorabend die erste Hälfte schleppen, zurück zum Auto und frühmorgens wieder los, um wenigstens eine Übernachtung zu vermeiden.
Ausstieg: An der Brücke/Campingplatz bei Bjorkenes (Ende des Badderfjorden, der hier Sorfjorden heißt)
Strecke: ca. 24 km, WW: IV-VI, mind. 6 x X
Wasserstand: An der Brücke Ausstieg 15 m³/s wären Idealwasser, ab 20 könnte es ganz schön hektisch werden
Beste Zeit: Juni/Anfang Juli
Straße: nein
Karte: Nordeca, Norge-serien 10158 (Einstieg) und 10157 (Ausstieg)
 

 

 

 

Vor der Paddeltour steht die Planung


Hinweis der Redaktion

In den Tourenberichten stellen wir unabhängig von einem aktuellen Bezug besonders schöne oder abwechslungsreiche Paddelstrecken aus Deutschland vor. Die dort beschreibenenen Bedingungen, Befahrungsregeln, Zugangsmöglichkeiten etc. können unter Umständen nicht mehr den aktuellen Bedingungen vor Ort entsprechen!
Bitte plant jede Tour Gewässer vor Fahrtantritt sorgfältig!
Zunächst wird dabei das Paddelrevier ausgewählt. Dort muss es für alle Mitfahrer Gewässer und Abschnitte geben, die in ihrem Können entsprechen. Bei der näheren Planung wählt man dann ein bestimmtes Gewässer und dort einen genauen Abschnitt aus, sucht sich die passenden Ein- und Ausstiegspunkte und informiert sich über aktuelle Befahrungsregelungen, das Wetter, die Pegelstände (z.B.: Wildwasser), die Gezeitenverläufe (z.B.: Nordsee) und eventuelle Gefahren  (z.B.: Wehre).
Wichtig ist es dann vor Ort vorm eigentlichen Fahrtbeginn zu überprüfen, ob die Planungen im Vorfeld mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmen und eine Fahrt problemlos begonnen werden kann. Sollte dies nicht der Fall sein müssen eventuell noch Änderungen vorgenommen werden oder sogar die Fahrt abgesagt werden. Bei der Planung sollten unbedingt auch Fragen der Nachhaltigkeit geklärt werden.



Online-Übersicht der Befahrungsregelungen:

In allen Bundensländern gelten an einigen Flüssen, Bächen und Seen sowie an der Küste bestimmte Einschränkungen (BV = Befahrungsverbot, UV = Uferbetretungsverbot) für Paddler. Sie sollen das Gewässer sowie die Pflanzen und Tiere in ihnen oder in der Umgebung schützen. Befahrungsregeln dienen bei größeren Wasserstraßen auch zur Erhöhung der Sicherheit aller Wassersportler.
 


Die Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bitte informieren Sie sich bei den Sportkameraden vor Ort oder bei den zuständigen Naturschutzbehörden, bevor Sie eine fremde Strecke befahren.
 

 

 


 

 


Diesen Artikel sowie weitere Touren, Beiträge und Themen findest du im KANU-SPORT 12/2016:

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