10.07.2022 | Kajak-Cross

Bronzeerfolg bei der Wettkampfpremiere

Charlotte Wild gewann bei den Junioren & U23 Weltmeisterschaften im Extreme Slalom der Juniorinnen die Bronzemedaille. Es war ihr erster Wettkampf in dieser Disziplin überhaupt.

„Ich hätte nie gedacht, dass ich überhaupt in das Finale fahre.“ Der letzte Wettkampftag des Nachwuchs-Höhepunktes im italienischen Ivrea war der relativ neuen Wettkampfdisziplin Extreme Slalom gewidmet. Waren am Morgen noch rund 260 Athletinnen und Athleten in den vier Alters- und Bootsklassen an den Start gegangen, standen am frühen Abend letztlich immer nur noch vier Boote pro Rennen auf der Startrampe. Wer es bis dahin geschafft hatte, war bereits vier Mal die Torstrecke nach unten gefahren und auch wieder hochgelaufen. Das Deutsche Team hatte alle vier Rennen mit den hier erweiterten vier Startplätzen besetzt. Am Ende des Tages hatte es nur die Hallenserin Charlotte Wild in den Endlauf geschafft. Dabei gab sie in diesem Jahr nicht nur ihr generelles WM-Debüt – sie war zuvor auch noch nie bei einem Wettkampf im Extreme Slalom gestartet. „Ich war ja sowieso qualifiziert und habe hier auf der Strecke nur zwei Mal vorher im anderen Boot trainiert.“ Beim Extreme-Slalom werden robuste Wildwasser-Boote gefahren. Diese sind kürzer und voluminöser als die Slalom-Boote, allerdings aber auch 9 kg schwerer. Entsprechend viel Kraft und Ausdauer benötigt es, die Torstrecke möglichst auf kürzester Linie zu befahren und dabei verhältnismäßig wenig Pausen zwischen den einzelnen Ausscheidungsrunden zu haben. Bei der diesjährigen nationalen Qualifikation für die Startplätze im Extreme Slalom wurden die für die Slalomrennen nominierten Sportlerinnen und Sportler direkt gesetzt. Der vierte Startplatz wurde anschließend noch ausgefahren.

 

Doch die 16-jährige meisterte die einzelnen Runden ohne Probleme. Nach der Zeitrunde noch auf Rang 15 stehend, kämpfte sie sich durch die Vorrunde und das Viertelfinale und hatte dabei immer ihre Teamkollegin Sonja Neubauer in derselben Startgruppe. Doch für die Bambergerin bedeutete eine Fehlbefahrung des Abwärtstors drei hier dann leider das Aus. Im Semifinale war kurzzeitig auch für Charlotte Wild Endstation angesagt, als die Kampfrichter einen Regelverstoß ahndeten. Gleich nach dem Sprung von der Rampe wurde sie links und rechts von den Konkurrentinnen eingekesselt. Ihr Paddel dabei noch zum nächsten Schlag nach vorn gehalten, konnte sie dieses nicht mehr zur Seite nehmen. In der Folge blockierte sie damit die beiden Mitstreiterinnen mit ihren Paddelflächen. Eigentlich ein grober Regelverstoß, der mit dem letzten Platz des Laufes geahndet würde, konnten die parallel mitwertenden Videokampfrichter jedoch Entwarnung geben. Da sie in der Situation nicht anders handeln konnte und somit keine Absicht zu unterstellen war, blieb sie unbestraft. Damit war der Weg in das Finale frei. „Das war total unerwartet, dass ich bis dorthin komme“ freute sie sich im Ziel. Oben am Start neben der amtierenden Weltmeisterin in dieser Disziplin Evy Leibfarth (USA) und der frisch gebackenen Weltmeisterin im C1 der Juniorinnen Zuzana Pankova (SVK) zu stehen, machte dann doch etwas Eindruck. „Ich dachte mir schon irgendwie, dass eine Medaille ganz cool wäre. Ich musste ja nur eine hinter mir lassen. Ich wollte einfach alles geben und zusehen, dass ich nicht als letzte unten ankomme.“ Doch im Finallauf konnte sie ihre Linie nicht mehr halten. Zu sehr musste sich im Feld der verbliebenen vier behaupten, um nicht nach hinten durchgereicht zu werden. Als sich die beiden Favoritinnen im unteren Streckenteil abgesetzt hatten, lief der Kampf um den dritten Rand nun nur im Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Spanierin Malen Gutierrez. Hinzu kam noch, dass Charlotte Wild ein Tor verfehlte und noch einmal flussaufwärts fahren musste. Die Spanierin patzte im selben Moment aber ebenso. Letztlich kam Wild kurz vor ihr ins Ziel, konnte sich aber nicht so recht freuen. „Ich wusste überhaupt nicht, was ich eigentlich geworden bin. Mir war nicht klar, ob und wie viele Strafen ich und die Spanierin bekommen haben.“ Beim Blick auf die Ergebnisse war dann aber klar, dass nur Gutierrez Strafen durch Fehlbefahrungen bekommen hatte und somit der Bronzerang sicher war. „Das war total unerwartet. Ich bin einfach so froh, dass es ein Podestplatz geworden ist.“

Die gemeinsam mit Trainer Jürgen Schubert besprochene Taktik war dabei aufgegangen: „Ich habe immer die Tore gewählt, wo die anderen nicht hingefahren sind. Da hatte ich meine Ruhe und konnte flüssig durchfahren.“ Anders als beim klassischen Slalom werden beim Extreme die beiden Aufwärtstore der Strecke immer auf beiden Flussseiten ausgehangen. Die Sportler dürfen sich bei der Befahrung für jeweils eines der beiden Tore entscheiden. „Aber im Finale war das dann natürlich nicht mehr so. Da musste ich einfach mit reinfahren.“

 

Für Deutschland bedeutete der Erfolg von Charlotte Wild heute die dritte Einzelmedaille dieser WM. Neben der Silbermedaille und den beiden bronzenen aus den Mannschaftsrennen, gesellt sich die Hallenserin damit zu den beiden anderen Bronzemedaillengewinnerinnen Lucie Krech (LKC Leipzig/C1 Juniorinnen) und Paulina Pirro (KSV Bad Kreuznach/K1 Juniorinnen).

 

In den weiteren Rennen des Tages konnte Luis Erschig (KCE Waldkirch) bei den Junioren das Semifinale erreichen. Hannah Süß (KSA Augsburg) kam in der U23-Altersklasse bis in das Viertelfinale. Alle weiteren Teilnehmer schieden in den Zeitrunden bzw. Vorläufen vorzeitig aus.

 

Text & Fotos: Philipp Reichenbach

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