15.10.2018 | Ocean-Sport

EM-Silber für Gordan Harbrecht

Vom 5. bis 7. Oktober 2018 wurden in Alicante (Spanien) die Europameisterschaften im Surfski ausgetragen.
Ocean Sports EM 2018

Qualifiziert für die Teilnahme hatten sich dieses Jahr in Rerik bei den Deutschen Ocean Sport Meisterschaften die Sportler Gordan Harbrecht also known as „Flash Gordan“, Harsewinkel´s Baywatch Star Nordin Sparmann und Germany’s Evergreen Michael Dobler. Ausgefahren wurden die Deutschen Meisterschaften bei anspruchsvollen Wind- und Wellenbedingungen und einem qualitativ hochwertigen Teilnehmerfeld - Max Hoff, Max Rendschmidt und Paul Mittelstedt verliehen der Veranstaltung olympischen Glanz und Ehre. Das war schon mal ein Vorgeschmack auf das, was die Jungs bei der EM in Alicante zu erwarten hatten, denn auch hier war die Teilnehmerliste sehr beeindruckend. Neben den Surfskispezialisten gesellten sich Olympioniken sowie Weltmeister aus Kanusprint / Marathon und Wildwasser.

 

Und noch eine Parallele gab es: die Wetterbedingungen zeigten sich ebenfalls von Ihrer besten Surfskiseite und so stellten sich die Deutschen Meisterschaften tatsächlich als guter Leistungstest heraus. Darüber hinaus blieben hinsichtlich des 22 km langen Streckenverlaufes bei dem Surfskirennen der Herren am Samstag den 06.10.2018 (von Vilajoyosa nach Altea mit Süd-West-Wind) kein Wünsche unberücksichtigt: 1 km Sprint zur ersten Wendeboje, gefolgt von 8 km Seitenwelle bis zu einer Insel, weitere 4 km klar geschnittene Welle (Windwelle und Swell), welche auf Steilküste trafen und sich auf den folgenden 7 km Metern mit einem "backwash" vermischten und den Kurs technisch anspruchsvoll machten. Dann war Schluss mit lustig und wer jetzt noch "Körner" hatte, durfte diese auf den letzten drei flachen Kilometern verballern (die Zielbucht lag im Windschatten). Für Abwechslung war gesorgt und schonungslos wurde aufgedeckt, wer wo welche Hausaufgaben noch machen muss.

 

Den Kennern der Surfski-Szene war klar, dass an diesem Tag mit den Athleten aus der Bretagne und den Kanaren zu rechnen ist, denn diese Trainingsreviere zeigen ähnlich viel Abwechslung und vor allem backwash. Auch Gordan - sicher der physisch stärkste Paddler im Feld - ging als Favorit in das Rennen. Schließlich konnte er seine Paddelstärke in den letzten Rennen in Dublin und Holland eindrucksvoll unter Beweis stellen, wo er u.a. SA Surfski- und Marathon-Superstar Hank McGregor in insgesamt flachen Bedingungen in seine Schranken verwies; Aber jedes Rennen ist anders und Gordan wusste um die Stärke der Bretonen und Kanaren in diesen technischen Bedingungen - diese Lektion lernte er schmerzhaft beim Breizh Ocean Racing 2017 in Brest. "Die Streckenführung war für mich das worst case scenario, sehr technisch mit viel backwash und rebound. Da sind Fehler schnell gemacht und nur schwer wieder aufzuholen. Aber man muss es dann nehmen wie es kommt". Und so kam auch alles, wie es kommen musste: mit einen beeindruckenden Start umrundete Gordan nur knapp als zweiter die 1000 Meter Wendeboje, aber in den folgenden 18 km Downwind eroberten sich die Bretonen und Spanier die Spitzenpositionen zurück und so lag nach insgesamt 19 km Noé Pelizza (U23 Paddler aus der Bretagne) vor Esteban Medina (Kanarische Inseln) und seinen Vereinskameraden aus der Bretagne (David Szlatcha und Hector Henot). Diese vier ergriffen im Downwind die Flucht nach vorn, wohlwissend dass „The German“ auf den letzten drei flachen Kilometern keine Gefangen machen würde. Allerdings hatte der Rostocker seine Hausaufgaben auch im Downwind gemacht, blieb auf Schlagdistanz und war sich zu diesem Zeitpunkt dann auch sicher: „als Fünfter gehe ich hier heute nicht nach Hause“. Er legte den Schalter um, überholte die Bretonen Szlatcha und Henot und setze ebenfalls die beiden Führenden nochmals unter Druck. Medina konnte förmlich den heißen Atem des deutschen Hünen im Nacken spüren und musste um seinen zweiten Platz bangen. Er paddelte um sein Leben und schaffte am Ende das, wo er selber nicht dran glaubte: nach 22 km gewann Esteban Medina die Europameisterschaft nur Millisekunden vor Noé Pelizza (damit U23 Europameister) und wenigen Sekunden vor Flash Gordan. Die Silbermedaille war damit dem Deutschen sicher.
Medina nach dem Rennen: "ohne Gordan im Nacken hätte ich sicher nicht gewonnen". Für die Zukunft bleibt es spannend, denn Medina und Pelizza haben die Gefahr erkannt und wollen an ihrer Flachwasserkompetenz arbeiten, Gordan Harbrecht plant dagegen ein Backwash-Trainingscamp an den Steilküsten von Fuerteventura — wie soll es anders sein: mit Michael Dobler. Apropos, wie lief es denn bei unserem Surfski Oldy? "Die ersten 1000 Meter waren bei dieser Sprintkompetenz an der Startlinie erwartungsgemäß flott, da hatte ich gleich mal 45/50 Paddler vor mir. Aber wie sagt man: am Ende der Schlacht werden die Toten gezählt. Nach der Wendeboje schnell freies Wasser zu finden und mich auf die Wellen zu fokussieren war mein Ziel." Gesagt, getan und so sah das Ergebnis nach 19 Km schon anders aus.

 

"Der Downwind war sehr cool, ich war flott unterwegs, aber erst jetzt erkannte ich, wo ich lag. Vor mir sah ich die üblich Verdächtigen Benoit LeRoux, Victor Doux und Dany Sanchez und an der Spitze konnte ich den spannenden Kampf um Gold von Pelliza, Medina und Gordan erkennen. Ich war in Sichtdistanz, abschätzungsweise irgendwo bei Top-15, hatte aber noch drei Kilometer flaches Wasser vor mir. Und ich war umzingelt von Rennsport-Profis: neben mir Luis Perez (frisch gebackener Marathon Vizeweltmeister im Zweier) und David Fernandes (Portugal) waren hier nicht zu halten. Irgendwo im Rennen hatte ich aber auch noch die Flachwasserspezis Adam Jakub (Tschechien) und Etienne Huber (Frankreich) hinter mir gelassen - ich habe mich unfassbar gequält, dass dies auch so bleibt". Mit Platz 17 erreichte der Düsseldorfer sein selbstgestecktes Ziel "Top 20 in der europäischen Surfskispitze".

 

Allerdings war der Downwind-Fetischist nicht nur für die EM in der Seniorklasse qualifiziert, sondern aufgrund seines biblischen Alters (49) auch für die Europameisterschaft der Masterklasse (Ü35). Er durfte also gleich zweimal ran und für das Rennen am Sonntag wurde er als heißer Titelfavorit gehandelt. Aber würde die Mission nach einem harten Renntag gelingen, zumal seine Konkurrenten aus Spanien und Frankreich ausgeruht an den Start gingen? „Klar, dass hätte auch nach hinten losgehen können, aber ich wollte mich unbedingt mit der Leistungsklasse messen, dass hatte für mich Priorität. Dass der Veranstalter und die ECA die Masterklasse von den Senioren getrennt haben, hat mir gar nicht gefallen und ich erkenne auch keinen Sinn darin. Mir war klar, dass ich angeschlagen an den Start gehe - der Vortag war brutal. Mit Blick auf die Windprognose und den Streckenverlauf war ich aber zuversichtlich". Während am Vortag der Wind aus Süd-West kam, war für Sonntag 17 bis 20 Knoten aus Nord-Ost angesagt. Die Rennstrecke war mit 18 km nicht nur 3 Km kürzer, sondern versprach einen 100%igen Downwind.

 

Ehrlicherweise war ich heilfroh, dass der Wind tatsächlich kurz vor Rennstart anfing zu blasen. Das kann auch mal ganz anders kommen - wie wir die Woche zuvor beim Dutch Coast Race gesehen haben. Dann wären die 18km für mich sehr unangenehm geworden. Aber es kam wie bestellt: 17 Knoten Wind, reine Windwellen über die linke Schulter, meine Schokoladenseite“. Michael blieb bei diesen Bedingungen tatsächlich "untouchable" und sicherte sich souverän den Europameistertitel der Ü35 Herren. Aber auch er will weiter an sich arbeiten: „nächstes Jahr werde ich 50 und irgendwann muss ich mal erwachsen werden“. Flash Gordan ist sich aber sicher: "dieser Zug ist schon lange abgefahren". Auch das bleibt spannend.

 

Und was ist jetzt mit Rettungsschwimmer Nordin? Er zeigte sich doch die Wochen zuvor in Dublin und Holland in erstaunlich starker Verfassung und hätte sicher in das Renngeschehen eingreifen können. Darüber hinaus: Es gab viel Wind, die See war rau und am Strand tummelten sich etliche hilfebedürftige junge Damen – das wäre doch ein Paradies für unseren Nordin gewesen? Aber all die Hilferufe blieben ungehört. Kein Geld, keine Zeit, Student eben!

 

So blieb es bei zwei deutschen Sportlern in Alicante und zwei Podiumsplätze. Damit landet Deutschland glatt auf Platz drei im Ranking. Ist dies nun deutsche Effizienz? Oder geht da noch mehr? In jedem Fall zeigten sich die restlichen Nationen im Bereich Surfski erstaunlich gut organisiert – allen voran Frankreich, Spanien und Italien.

 

Top 20 der Herren

(hohe Leistungsdichte bei den Surfski Herren: die ersten 20 blieben nah beieinander. Beeindruckend zeigte sich auch der europäische Nachwuchs! Sechs U23 und ein Junior paddelten unter die schnellsten 20. Starke Nachwuchsarbeit bei den Franzosen und Spaniern! Sicher wird es nicht mehr lange dauern, bis es einen europäischen Weltmeister im Surfski geben wird).

 

1

Esteban Medina

ESP

2

Noé Pelizza (U23)

FRA

3

Gordan Harbrecht

GER

4

David Szlatcha

FRA

5

Nicolas Lambert

FRA

6

Hector Henot (U23)

FRA

7

Daniel Sanchez

ESP

8

Ignacio Soler Fabre

ESP

9

Valentin Henot

FRA

10

Pierre Villela (U23)

FRA

11

Victor Doux

FRA

12

Benoit le Roux

FRA

13

James Fitzsimmons (U23)

ESP

14

Jourge Enriquez Gutieriez (Junior)

ESP

15

David Fernandes

POR

16

Luis Amado Perez

ESP

17

Michael Dobler

GER

18

Axel Kempf (U23)

FRA

19

Jonathan Rincon Lopez

ESP

20

Jorge Vila Del Rosario (U23)

ESP

 

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