12. Dezember 2023

Kleinfluss mit sportlichem Flair

Bei höherem Wasserstand geht auf der Schmalfeder Au sportlich zu. (Foto: Christine Luxen)

Während in den Sommermonaten zahlreiche Verleiher den Parkplatz an der Königsbrücke in Schmalfeld dominieren, trifft man zwischen Herbst und Frühjahr nur selten Gleichgesinnte. Ein Grund dafür liegt neben den sinkenden Temperaturen beim Charakterwandel der Au, auf den der ambitionierte Bootfahrer Jahr für Jahr sehnsüchtig wartet.

Von Heinz-Georg Luxen (Text), Christine und Heinz-Georg Luxen (Fotos)

 

Weitblick statt Tellerrand

Nach Regenfällen ist die Schmalfelder Au wie ausgewechselt. Nichts erinnert mehr an den beschaulichen Wiesenbach mit kaum wahrnehmbarer Strömung.

Tagelange, kräftige Regenfälle sind im Norden der Republik während der dunklen Jahreszeit keine Seltenheit. Schnell sind die Wiesen gesättigt und die kleinen Flüsschen, hier auch Auen genannt, steigen rapide an. Doch man muss die Gunst der Stunde zu nutzen wissen, denn nicht selten sinken verheißungsvolle Pegelstände genauso schnell, wie sie gestiegen sind. Sind die Wasserstände dann auch noch Wochenendkompatibel, erlebt man die Schmalfelder Au wie ausgewechselt. Nichts erinnert mehr an den beschaulichen Kleinfluss mit kaum wahrnehmbarer Strömung, tief eingeschnitten in einer Moorlandschaft, die man aus dem Boot heraus mehr erahnen als erkennen kann. Auf Uferniveau dahin gleitend eröffnet sich ein völlig neuer Landschaftsgenuss. Weitblick statt Tellerrand ist die Devise einer Hochwasserfahrt, die somit für einen nicht unerheblichen optischen Mehrwert sorgt. Bei allem Genuss sollten jedoch nicht die Gefahren vergessen werden, die ein erhöhter Wasserstand mit sich bringt. Die Fließgeschwindigkeit steigt rapide an und die Reaktionszeit vor Hindernissen minimiert sich. Kurzum, das fahrerische Können nebst der entsprechenden Ausrüstung sollte den Schwierigkeiten des Gewässers angepasst sein. Stimmen nun die äußeren Umstände, darf der Einbootpunkt ruhig einmal deutlich oberhalb der üblichen
Sommermarke liegen. Besonders empfehlenswert ist ein Einstieg an der kleine Brücke bei Bentfurt.


Schwälle statt Steine

Wo sich sommertags an den zahlreichen Sohlgleiten der Au die Bootfahrer stauen und schwitzenderweise mühsam umtragen oder im Bachbett treideln, rauscht die Schmalfelder abseits der Saison munter Richtung Bad Bramstedt. Schöne Schwälle ersetzen die Steinlabyrinthe der Sohlgleiten. Kleine Wellen und ausgeprägte Kehrwasser laden zum Spiel oder Training ein. Jetzt wo die Wogen ein wenig höher schlagen, zeigt der Bach sein wahres Gesicht. Die Au ist aus ihrem sommerlichen Dornröschenschlaf erwacht und präsentiert sich frisch und munter mit sportlichem Flair. Tritt das Gewässer jedoch komplett über die Ufer, mag eine Befahrung in gewisser Weise vielleicht auch noch seinen Reiz haben, aber ein Verzicht im Hinblick auf die Anrainer unweit der Königsbrücke in Schmalfeld, deren Keller dann volllaufen, wäre schon angebracht. Im Übrigen verliert sich der sportliche Reiz bei zu hohen Wasserständen ebenfalls, da die Sohlgleiten dann komplett “absaufen“ und sich nicht einmal mehr erahnen lassen.

Glühwein statt Bier

Der passte noch: Neben dem Boot findet sich auch Platz für den Weihanchtsbaum.

Sicherlich reizen derartige Wasserstände zu ausgedehnten Touren bis zum Zusammenfluss mit der Osterau in Bad Bramstedt oder noch weiter bis nach Wrist, aber manchmal liegt in der Kürze die Würze und aus einem einmaligen Erlebnis wird ein liebgewonnenes Ritual. So geht es Jahr für Jahr in der Vorweihnachtszeit zwischen Bentfurt und Schmalfeld auf die Au und somit per Boot zum Weihnachtsbaumkauf. Der Abschluss auf dem Forsthof bei Grünkohlsuppe und Glühwein ist schon quasi Kult und ein Highlight der Wintersaison. Viel zu schnell vergeht die Zeit der üppigen Pegelstände. Die Tage werden wieder länger, erste Krokusse schießen aus den Böden. Dem explodierenden Frühjahr folgt nahtlos der Sommer und die Au verkriecht sich wieder in ihr Bett. Unscheinbar und bescheiden wartet sie mit uns darauf, von innigen Regenküssen wieder aus dem alljährlichen Dornröschenschlaf geweckt zu werden.

   

 

Kurz-Info zum Revier


Die Schmalfelder Au (nach der in Bad Bramstedt von links einmündenden Ohlau auch Hudau genannt) ist ein linker Quellfluss der Bramau
 

  • Fahrstrecke: Bentfurt – Bad Bramstedt, ca.13 Km
  • Schwierigkeiten: Diverse Sohlgleiten
  • Bester Zeitraum: Fast ganzjährig, mit Ausnahme extrem heißer Sommer. Am Schönsten ist die Tour jedoch bei höheren Wasserständen, wenn die Sohlgleiten gut überspült sind und somit komplett befahrbar werden. Bei der artigen Wasserständen bietet die Au sicherlich eine der sportlichsten Strecken im Holsteiner Auenland.
  • Gefahren: Plötzlich auftretende Busch-und Baumhindernisse! Bei höheren Wasserständen deutlich erhöhte Fließgeschwindigkeit, kleinere Kehrwasser sollten dann sicher erwischt werden!
  • Besonderheiten: Bei sommerlichen, niedrigen Wasserständen muss an vielen Blockstrecken getreidelt oder umtragen werden( das trifft besonders auf längere Tourenboote und Canadier zu), man sollte dann unbedingt mehr Zeit einplanen! Ab ca. 10°C Außentemperatur besteht in der Ufervegetation der Schmalfelder Au erhöhter Zeckenalarm!

Optionen
Ein Tourbeginn wäre auch in Struvenhütten, ca. 1,5 Km oberhalb von Bentfurt möglich. Lohnenswert ist auf jeden Fall eine Weiterfahrt auf der Bramau, wahlweise bis Hitzhusen (+2,5 Km) oder bis Wrist (+9,3 Km).
Weitere Touren sind auf der benachbarten Osterau möglich.


Paddelalternativen

  • Feldbahnfahrt auf der Schmalspurstrecke im Heilmoor mit Moorführungen www.kurbahnbad-bramstedt.de
  • Moorwanderungen
    • Hasenmoor/Königsmoor
    • Dewsbeekermoor
    • Schindermoor
    • Katenmoor
  • Erlebnisschwimmbad Holstentherme in Kaltenkirchen: www.holstentherme.de
  • Hochseilgarten in Kaltenkirchen:

 

 

Vor der Paddeltour steht die Planung


Hinweis der Redaktion

In den Tourenberichten stellen wir unabhängig von einem aktuellen Bezug besonders schöne oder abwechslungsreiche Paddelstrecken aus Deutschland vor. Die dort beschreibenenen Bedingungen, Befahrungsregeln, Zugangsmöglichkeiten etc. können unter Umständen nicht mehr den aktuellen Bedingungen vor Ort entsprechen!
Bitte plant jede Tour Gewässer vor Fahrtantritt sorgfältig!
Zunächst wird dabei das Paddelrevier ausgewählt. Dort muss es für alle Mitfahrer Gewässer und Abschnitte geben, die in ihrem Können entsprechen. Bei der näheren Planung wählt man dann ein bestimmtes Gewässer und dort einen genauen Abschnitt aus, sucht sich die passenden Ein- und Ausstiegspunkte und informiert sich über aktuelle Befahrungsregelungen, das Wetter, die Pegelstände (z.B.: Wildwasser), die Gezeitenverläufe (z.B.: Nordsee) und eventuelle Gefahren  (z.B.: Wehre).
Wichtig ist es dann vor Ort vorm eigentlichen Fahrtbeginn zu überprüfen, ob die Planungen im Vorfeld mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmen und eine Fahrt problemlos begonnen werden kann. Sollte dies nicht der Fall sein müssen eventuell noch Änderungen vorgenommen werden oder sogar die Fahrt abgesagt werden. Bei der Planung sollten unbedingt auch Fragen der Nachhaltigkeit geklärt werden.



Online-Übersicht der Befahrungsregelungen:

In allen Bundensländern gelten an einigen Flüssen, Bächen und Seen sowie an der Küste bestimmte Einschränkungen (BV = Befahrungsverbot, UV = Uferbetretungsverbot) für Paddler. Sie sollen das Gewässer sowie die Pflanzen und Tiere in ihnen oder in der Umgebung schützen. Befahrungsregeln dienen bei größeren Wasserstraßen auch zur Erhöhung der Sicherheit aller Wassersportler.
 


Die Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bitte informieren Sie sich bei den Sportkameraden vor Ort oder bei den zuständigen Naturschutzbehörden, bevor Sie eine fremde Strecke befahren.
 

 


 

 


Diesen Artikel sowie weitere Touren, Beiträge und Themen findest du im KANU-SPORT 12/2015:

KANU-SPORT 12/2015
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