29. Februar 2024

Mit der Lizenz zum Entschleunigen

Auiszeit auf Korfu (Foto: Christian Zicke)

Strahlend blauer Himmel, glasklares Meer, traumhafte Buchten. Gewürzt mit einer Prise Schirokko ergeben diese Zutaten einen Seekajak-Traum in blau und weiß. Nein, nicht vom Freistaat ist die Rede, sondern von Griechenland, genauer gesagt von der nördlichsten griechischen Insel. Von Korfu.

Von Christian Zicke (Outdoordirekt)

Bereits zum vierzehnten Mal geht es für uns im Herbst nach Hellas, bereits zum vierten Mal nach Korfu. Was uns immer wieder lockt? Die Ruhe, die Entschleunigung, gemütliche Tzaziki-Pausen und einzigartige Übernachtungs-Plätze in einsamen Buchten unter 100.000 Sternen. Und natürlich die Griechen. Gastfreundlich wie eh und je.
 

Highway to Hellas

Klar, die Meisten denken bei Griechenland erst einmal an die elend lange Anreise mit dem Auto. Die kann man entweder genießen – oder man verzichtet auf sie. Denn ein weiteres Plus Korfus: Von allen großen Flughäfen wird die Insel direkt angeflogen. So ist die Anreise schnell erledigt und der Urlaub kann beginnen. Doch wie kommen die Seekajaks eigentlich hierher? Nadja und Christian sind bereits seit einigen Wochen unterwegs. Auf dem Ducato-Dach zwölf Wildwasser-Kajaks, auf dem Anhänger 20 Seekajaks von Lettmann. Nach Kroatien und Slowenien ist Korfu die dritte Station für den Herbst-Trip der beiden. Danach geht es noch für eine Woche Seekajakfahren auf die Nachbar-Insel Lefkas und weiter zum Wildwasser-Kajak-Festival in die griechischen Berge bei Ioannina. Hat man so viel Zeit, dann macht auch die Anreise mit dem Auto Spaß.

   


Startschuss im Nordosten

Los geht unsere Seekajak-Reise in Kalami. Der kleine Ort an der Ostküste geizt nicht mit typisch griechischem Charme. Die Strandtaverne lockt mit Tzaziki und eisgekühltem Ouzo. Dann ein Sprung in das fünf Meter entfernte, von der Hitze des Sommers aufgeheizte Meer. Leben wie die Götter in Griechenland.

Im „White House“ wird das Abendessen aufgetischt. Typisch griechisch wird der Tisch mit Kleinigkeiten gefüllt, während unsere Köpfe über der Insel-Karte zusammenstecken. Christian zeigt die geplanten Etappen: „Eine schöner als die Andere“. Nur um Teile der Nordküste mit den von der griechischen Sonne rötlich gefärbten Pauschal-Urlaubern und deren Apartment-Komplexen machen wir einen großen Bogen. Wir übernachten nicht im 3-Sterne-Hotel sondern, deutlich preisgünstiger, in kleinen einsamen Buchten direkt am Meer. Nur zwei Gehsekunden vom Strand entfernt errichten wir die Zelte, der Klappsparten ist die Toilette, die Adria die Badewanne. Dusche gibt es in der Regel keine, es sei denn es regnet… Was aber eigentlich nicht vorkommt.
Nachdem wir am Abend unsere Mägen mit griechischen Leckereien gefüllt haben, sind am nächsten Morgen die Rümpfe der Seekajaks dran. Wir beladen die Kajaks mit allem, was wir für die nächsten Tage brauchen. Zwar können wir immer wieder anlanden, eine Tzaziki-Time einlegen und einkaufen. Doch wollen wir lieber Wasser und Verpflegung für einige Tage an Bord haben, man weiß ja nie.
Die Strände, an denen wir auf unserer Korfu-Reise zelten, begrenzen auch die Teilnehmerzahl. Mit einer Gruppengröße von acht Personen, inkl. zwei Guides, ziehen wir los. Die längste Etappe unserer Reise ist direkt die Zweite. Mit knapp über 30 Kilometern ist diese an einem Tag gut zu schaffen. Schließlich haben wir von morgens bis abends Zeit. Und die korfiotische Landschaft zeigt sich abwechslungsreich. Es beginnt mit langen Sandstränden im Norden, die im Nordwesten in atemberaubende Sandsteinklippen übergehen, vergleichbar mit denen auf Rügen – nur schöner. Am westlichsten Punkt der Insel schwindet der Sand. Die folgenden Säulen und Klippen aus Granit sind noch beeindruckender. Außerdem ist das Meer noch klarer. Denn wo kein Sandstrand, da kein Sediment.


Double Bay

"Einen schöneren Sonnenuntergang gibt es auf dieser Welt wohl kaum."

Zwischen zwei steilen Felswänden tut sich eine Lücke auf. Kaum zu glauben, aber hinter der schmalen Durchfahrt wartet eine der berühmtesten Buchten der Insel, die Double-Bay. Direkt am Wasser können wir die Zelte aufbauen. Dann, kurz vor Sonnenuntergang, machen wir uns auf. Wir treten den steilen und besonders für Arm-Athleten wie uns Paddler eher beschwerlichen Weg zum Dorf Afionas an. Wenn das Timing stimmt, stehen wir direkt oben an den Klippen wenn die Sonne im Meer versinkt. Einen schöneren Sonnenuntergang gibt es auf dieser Welt wohl kaum. Vor allem, wenn wir im Hinterkopf schon das großartige Abendessen in der Taverne „Panorama“ auf der anderen Seite des Örtchens haben. Was es heute gibt? Vielleicht Tintenfisch, Moussaka oder doch klassisch Souvlaki mit Fritten? Auf jeden Fall Tzaziki! Der steile Pfad führt uns zurück zur Bucht. Gut, dass wir Stirnlampen haben – und uns mit dem Rotwein zurückhalten konnten. So erreichen wir unbeschadet die Zelte. Am Himmel stehen mittlerweile die Sternelein in ihrer vollen Pracht.


Go West

Der nächste Paddeltag führt uns entlang der sagenhaften Westküste. Wenn es hier ordentlich stürmt, dann ist Holland in Not. Wir hatten bisher Glück im Unglück. Auf unseren letzten drei Korfu-Touren hat es uns zweimal richtig verblasen, allerdings immer am gleichen Ort, am selben Tag der Tour, am Ende der Steilküste. So konnten wir bei beiden Touren noch eine idyllische Nacht in der schönsten Bucht der Westküste genießen bevor wir dann jeweils im „Romantic Palace“ in Agios Gordios einen Tag abwettern durften.
Der kleine Ort war in den letzten Jahren der „Place to be“ um ordentlichen Stürmen zu trotzen. Beide Male kamen wir nachmittags dort an, der Himmel verfinsterte sich und wir surften mit den ersten kleinen Wellen an den Strand. Schnell konnten wir die Zimmer beziehen, dann brach der Sturm herein und wir zum Brandungspaddeln auf.
Owohl eigentlich nicht Inhalt der Reise, wurde die Lektion „Brandungssurfen im Seekajak“ gerne angenommen. In diesem Bereich fehlt den meisten Seekajakfahrern nämlich die nötige Erfahrung. Der Strand von Agios Gordios ist flach und fair, die Bucht riesig. Es bilden sich tolle Wellen, mal größere, mal kleinere. So ist für jeden das richtige Set dabei.
Nach einigen Krauleinlagen aber ebenso vielen gelungenen Surfmanövern gehen wir nach einem solchen Tag gestärkt in die nächste Etappe gen Süden. Hier wartet nach einem stürmischen Tag ein gepflegter aber unproblematischer Swell, besonders an den langen Sandstrände am „Korisioni-Lake“, dem größten Süßwasser-See der Insel, an dem wir sogar weiße Flamingos beobachten können.

 

   

 

 

 


Diesen Artikel sowie weitere Touren, Beiträge und Themen findest du im KANU SPORT 3/2017:

KANU SPORT 3/20217
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