20.09.2022 | SUP

Pilotprojekt: Ökologische 5-Tages-SUP-Tour (Teil 2)

Im zweiten Teil des Pilotprojekts "Ökologische 5-Tages-SUP-Tour" berichtet Teilnehmerin Eva von ihren Eindrücken der Tour über den Rhein.
Eva paddelt auf ihrem SUP Richtung Kölner Dom

Remagen - Emmerich mit „Lasse“ und der „Dose des Universums“ 5 Tage auf dem Rhein

Lasse? Lasse ist mein aufblasbares SUP, ein solides 12,6-er, vor 6 Jahren gekauft mit der Visionen, einmal eine Gepäcktour zu machen. Jetzt war es soweit: 5 Tage, 220 Rhein- und 12 Ruhrkilometer lies „Lasse“ die Wellen kommen und gehen und die Energie dafür? Die kam nachhaltig aus der Dose des Universums, die auf magische Weise immer mit einer salzig-süßen Mischung aus Nüssen und Beeren gefüllt war. Aber „Lasse“ war nicht alleine unterwegs, sondern wurde begleitet von „42“ (noch ohne Erdnussspender, aber mit Handtuch) und „Odin“

Am Mittwochnachmittag ließen wir erst einmal die Welle der Pendler gehen, bevor ich Marc und seinen großen Rucksack in Duisburg am Bahnhof traf. Schon beim Aufsetzen der Rucksäcke mit unseren SUPs, Zelt, Kocher, Schlafsack, Matte, Kleidung, Schwimmweste, Trockenanzug, Essen und weiteren Kleinigkeiten darin, war schnell klar, das gemeinsam reisen einfach einfacher ist. Der Zug rollt los und die Tour beginnt auch für uns. Detlef kam früher los und hat in Remagen schon sein Zelt aufgeschlagen und auf seiner Zugfahrt mit Freude gesehen, dass der Rhein doch noch Wasser führt. Was in den Nachrichten nach einem Rinnsal klingt, ist immer noch ein breiter Fluss, wenn auch einer mit ungewöhnlich breiten Kies- und Sandstränden, die uns noch manches Mal als Rastplatz dienen werden.

Nach der ersten Nacht im Zelt starten wir in Remagen und gleich mit einer Querung. Schon beim Losfahren zeigt uns der Rhein seinen Sog. Es ist nicht die Hauptströmung, die uns beeindruckt, sondern wie weit unsere gerade beladenen Boards plötzlich trocken fallen, um dann wieder von Wellen angehoben zu werden.

Das Licht ist irgendwie mystisch diffus und während ich allmählich meinen Rhythmus finde, steigt unaufhaltsam ein „Yihaaaa“ aus meinem Inneren auf: Es ist wahr – ich bin mit meinem SUP und meinem Gepäck für 5 Tage auf dem Rhein. Es hat wirklich geklappt. Wir sind losgefahren. Ich bin dabei.

Als der Drachenfels vor uns auftaucht und wir in einen Nebenarm des Rheins abbiegen können, bin ich soweit auf meinem beladenen Board angekommen, dass ich die Aussicht und die Atmosphäre in mich aufsaugen und ein paar Fotos machen kann. Der Rhein zeigt uns seine romantisch im Tal liegende Seite. In Königswinter wollen wir als nachhaltige Touristen ein Eis im Glas zu uns nehmen und werden schnell selbst zur Sensation, vielleicht auch deshalb, weil eines unserer Boards zwar gut angebunden ist, bei unserer Rückkehr aber mit der Finne nach oben schwimmt. Dank guter Verpackung bleibt alles trocken.

Am nächsten Morgen bereiten wir uns aus dem Einkauf vom Vortag ein gutes Frühstück auf der Wiese der Kölner Zugvögel. Für die nächsten beiden Tage stehen insgesamt 103 Rheinkilometer auf dem Programm. Der ursprüngliche Plan teilt diese in 39 km für den zweiten und 64 km für den dritten Tag. Marc ertelefoniert uns eine weitere Option: heute 57 km und am dritten Tag dann „nur noch“ 46 km. Wind und ein angekündigtes Gewitter am Abend können uns aber einen Strich durch die 57 km machen, also halten wir uns alle Möglichkeiten offen und ich bin fasziniert von Köln aus der Wasserperspektive. Nach 39 km kommen wir bei Lothar an und werden von ihm und seiner Frau Conny herzlich empfangen. Sollen wir die Feste feiern, wie sie fallen und bleiben oder nach einer Stärkung noch weitere 16 km paddeln? Der Himmel zieht sich zu und nimmt uns die Entscheidung ab und wir bleiben.

Da stehen wir nun also an Tag 3 mit den 64 km bis zur Mündung der Ruhr in den Rhein. Regen bis um 8 Uhr macht die Option früh zu starten unattraktiv. Wir bauen uns den nächsten „Plan B“: In Kaiserswerth die Boards zusammenrollen und mit der Straßenbahn und dem Bus zum SPCA und seiner 100 Jahrfeier „abkürzen“. Irgendetwas ist anders heute. Wir starten in den Trockenanzügen, es ist kühler geworden und sieht nach mehr Regen aus. In Düsseldorf hat uns der Sommer wieder und wir verpacken die Trockenanzüge wieder. Aber noch etwas ist anders: Der Wind ist geblieben und bläst uns teilweise stärker entgegen als der Rhein schiebt, aber meine Energie ist anders. Wollte ich gestern noch die ganze Etappe überspringen, will ich mir heute die mir vom Land vertraute Strecke zwischen Düsseldorf und Duisburg nicht entgehen lassen und freue mich auf die Landmarke „Rheinorange“, die mir schon am Ende des Ruhrtalradweges als Ziel diente.

Heute allerdings ist sie nach 64 km auf dem Rhein doch nur Zwischenziel. Unser Ziel ist der SPCA und der liegt an der Ruhr und uns trennen am Rheinorange noch 6 km bestenfalls ohne Strömung und eine zu umtragende Schleuse von unserem Ziel. Das Umtragen wird zur Kletterpartie und ist doch willkommene Bewegungsabwechslung. Auf den letzten Metern auf der Ruhr neigt sich der Tag dem Ende zu und die Sonne geht glutrot unter und taucht uns und die Ruhr in ein Farbspektakel. Die inzwischen doch wehen Hände und Füße vergessen und den Moment genießen! Und dann sind wir am Ende doch irgendwie überraschend plötzlich da und werden am Steg begrüßt. Viele helfende Hände nehmen uns unser Gepäck und die Boards ab, so dass wir nur noch uns und unser breites Grinsen tragen müssen. Noch in Schwimmweste werden wir zu kalten Getränken eingeladen und tauchen ein in die 100 Jahrfeier. Da reicht die Energie dann ein paar Stunden später schon wieder zum „Ententanz“ und es ist weit nach Mitternacht, als wir zum vierten Mal in die Zelte krabbeln.

Am vierten Morgen widmen wir uns zum Frühstück den Resten vom Vorabend und was wir noch so dabei haben und dann wartet wieder das Umtragen an der Schleuse auf uns. Den Weg von gestern wollen wir nicht runterklettern, also schleppen wir unseren gesamten Kram eben noch etwas weiter. Gute 1,5 Stunden nach dem Start hat uns der Rhein wieder. Ein letzter Blick zum Rheinorange und weiter geht es. Die Begleitung durch die Kajakfahrer vom Beeckerwerther Kanu Verein haben wir verpasst. Die sind nun schon vor uns unterwegs. Kurz vor dem Ausstieg der Beeckerwerther in Dinslaken machen wir lieber Pause am Rheinstrand und werden zum wiederholten Mal davon überrascht, wie weit der Rhein sich durch vorbeifahrende Schiffe zurückzieht und mit welcher Kraft und Reichweite das Wasser dann zurück kommt. Einmal mehr, springen wir in der Pause auf, um Board und Material zu schützen. An unserem „Pausentag“ lassen wir den Ausstieg in Dinslaken rechts liegen und paddeln weiter bis Wesel. Klettern hatten wir heute schon und sind deshalb froh, dass Marc uns einen leichteren Ausstieg bei den Seglern erquatscht, aber ein bisschen was zu tragen, haben wir dann doch wieder. Da ist es schön, dass uns Ulla mit einem großen Korb mit Leckereien aus ihrem Garten erwartet und wir uns an Eiern, Tomaten, Gurken, Zuchini… stärken können.

Am letzten Tag besorgt uns Detlef mit einer kleinen Morgenwanderung ein „Sonntagsfrühstück am Montag“ und mein Kocher kommt endlich zum Einsatz. Heute haben wir keinen Zugang zu einer Küche machen uns dann eben auch den Kaffee ganz selbst. Der Niederrhein ist das dritte Gesicht, das uns der Rhein auf dieser Tour zeigt. Nahezu sanft und mit Weite kommt er daher und gibt Gelegenheit die letzten Tage Revue passieren zu lassen. Und schon zeigt er uns, dass man den Rhein nicht einen Moment unterschätzen darf und wirft eins unserer Boards um. Und auch wenn das Gepäck gut festgebunden ist, macht es doch den Wiederaufstieg deutlich schwerer, weil das Board sich unterstützt durch die Strömung um die Längsachse drehen will. Kurz zeigt das Board die Finne, dann greift Teamwork und mit etwas Gegendruck an der richtigen Stelle, stehen alle bald wieder auf ihren Boards und es geht weiter bis Rees.

Obwohl noch eine teilweise lange Rückfahrt mit dem Zug vor uns liegt, wollen wir uns von der Tour noch nicht trennen und genießen eine ausgibiege vegetarische Stärkung mit Rheinblick. Auf den letzten Kilometern bis nach Emmerich zeigt sich sehr deutlich, dass die verschiedenen Boards (12,6 Zoll – 18,0 Zoll) unterschiedliches beanspruchen: auf den kürzeren gilt es nicht in einen zu langsamen Flow zu geraten, während das beständige Ausgleichen der Wellen auf dem langen Board die Knie weich werden lässt. Am Ende schaffen wir es alle nach einem späten queren wegen vieler Schiffe mit traversieren und ein paar letzten kräftigen Paddelschlägen gegen den Strom in die Hafeneinfahrt von Emmerich zu kommen und dort auszuwassern. Der Zugfahrplan gibt uns eine Stunde, um von Wasser- auf Landbetrieb umzubauen und zum Bahnhof zu kommen. Wir schaffen es in 40 Minuten und habe so noch ausreichend Zeit, um nach unseren Masken zu suchen und allmählich wieder im 2022-er Universum anzukommen.

Urlaub hat es schwer in diesem Jahr, denn was sich noch Mircoabenteuer nennen darf, nennen andere „überlebensgroß“.

 

Teil 1 der Ökologische 5-Tages-SUP-Tour mit dem Bericht von Marc Huse vom 19. September 2022
Teil 3 der Ökologische 5-Tages-SUP-Tour mit dem Bericht des Teilnehmers Detlef vom 21. September 2022

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