Je nachdem, zu welchem Zweck das Auslegerkanu (Va'a,
ausgesprochen "Wa'a") gebaut werden sollte, wurden diverse
Riten und Zeremonien vollzogen. So durfte der "große Va'a"
oder "heilige Va'a" (Polyn.: Tahu’a Va’a) nur von ganz
bestimmten Bootsbaumeistern, die zuvor eine lange Ausbildung
genossen hatten, gefertigt werden. Vor Ankunft der Europäer
(überwiegend im 18. Jahrhundert) gab es in Polynesien
kein Metall. Die Werkzeuge zum Bau von Auslegerkanus
bestanden vorwiegend aus Holz, Stein und Muscheln. Das
Dachsbeil (dessen Blatt im Gegensatz zur Axt oder zum
gewöhnlichen Beil) quer zum Stiel steht, war das
unverzichtbare Werkzeug zum Fällen von Bäumen, Schneiden von
Baumstämmen sowie Schnitzen von Mustern. Seile zur Halterung
von Bootsrumpf, Iato (Questreben) und Ama (Ausleger) wurden
aus Kokosfasern geflochten. Nur ganz bestimmte Bäume eigneten
sich für den Bau von Auslegerkanus.
Die Tradition des Baus von Auslegerkanus hat sich in
Polynesien von Generation zu Generation fortgesetzt.
Auch wenn der Va'a heute nicht mehr traditionell aus einem
Stamm gefertigt wird, so kann doch fast jeder Va'a Verein in
Französisch Polynesien seine eigenen Boote sowie seine
eigenen Paddel herstellen. Obwohl heute vielfach mit
Verbundstoffen statt Holz gearbeitet wird und auch das
Dachsbeil in Vergessenheit geraten ist, haben die Polynesier
die Kunst des Va'a Baus (auch mit Holz) nicht verlernt. Im
Übrigen erweisen sich moderne Verbundstoffe (wie Carbon,
Kevlar etc.) auf offener See nicht unbedingt und immer als
vorteilhaft.
Folgende Videos gewähren einen
Einblick in die einfach erscheinende aber hohe Kunst der Va'a
Fertigung:
Text: Jérôme Friedrich