08.04.2021 | Kanu-Slalom

Schwierige Bedingungen für C1-Herren

Die Corona-Pandemie trifft die Einer-Canadier im Kampf um den noch ausstehenden Olympia-Startplatz für Deutschland besonders hart.
Franz Anton, Timo Trummer, Lennard Tuchscherer und Sideris Tasiadis (v.l.)

Schlechter kann es für die Deutschen im Canadier-Einer-Bereich nicht laufen. Obwohl in dieser Disziplin der Deutsche Kanu-Verband (DKV) mit Franz Anton und Sideris Tasiadis eigentlich die Weltspitze mit bestimmt, ist ein Start bei den Olympischen Spielen noch fraglich. Denn weder der Leipziger Anton, Weltmeister von 2018, noch der Weltranglistenerste Tasiadis aus Augsburg konnten bei den Weltmeisterschaften 2019 den Quotenplatz für Deutschland holen. Letzte Möglichkeit sind die Europameisterschaften. 2020 sollten die in London stattfinden. Coronabedingt ausgefallen, hatte Deutschland im vorigen Jahr am Grünen Tisch den Olympia-Startplatz zugesprochen bekommen. Grund: Tasiadis ist der Weltranglistenerste. Dann: Olympia 2020 verschoben. Alles auf Null gesetzt.

Kein Training auf EM-Strecke möglich – einer fährt zum Wettkampf Anfang April

So soll in diesem Jahr die EM im italienischen Ivrea vom 6. bis 9. Mai stattfinden. Drei europäische Nationen kämpfen noch um einen offenen Quotenplatz, darunter neben Russland auch Italien. Eigentlich wollten die C1-Männer schon längst auf den Kanal in der Region Piemont. Doch bisher konnten sie aufgrund von Bauarbeiten und der Corona-Pandemie noch kein einziges Mal in diesem Jahr dort trainieren. Die Teilnahme an den internationalen Rennen, die vom 9. bis 11. April dort stattfinden, hat der DKV zurückgezogen. Mit zwei Ausnahmen: Tasiadis und Anton durften selbst entscheiden, ob sie an den Start gehen möchten. „Als Vorqualifizierte für die EM wollten wir Ihnen die Möglichkeit geben, den Wettkampf wahrzunehmen“, sagte Cheftrainer Klaus Pohlen.

Tasiadis, der schon seit Monaten auf ein Training in Ivrea hofft, verzichtete nun doch, „wegen des hohen Inzidenzwertes – und da ich bis heute kein richtiges Hygienekonzept gesehen habe.“ Er finde es schade, dass es bis heute kein Hygienekonzept der ICF gebe, dass aber für die Saison gebraucht werde. Anton hingegen geht das Risiko ein. Er reiste am Mittwoch nach Italien, um die Strecke „einmal kurz antesten zu können“. Eine Woche zuvor hatte der Polizeibeamte noch Dienst zu leisten.

Schlechter kann es also im Kampf um den offenen Olympia-Startplatz nicht laufen. Neben so vielen Hürden genießen nun auch die Italiener einen Heimvorteil. „Dieses Jahr kommt anscheinend alles zusammen. Aber es hilft ja nichts“, sagt Pohlen. „Wir müssen uns der Situation stellen und uns bestmöglich darauf vorbereiten.“

Gemischte Gefühle der Athleten bezüglich Ivrea – Zwei weitere Paddler hoffen auf ihre Chance

Trotzdem geben die Deutschen nicht auf. So sagt Sideris Tasiadis: „Mir macht es nicht so sehr viel aus, unvorbereitet irgendwohin zu kommen und meinen Stiefel runter zu fahren. Man muss sich schnell anpassen. Und auch die einheimischen Sportler können mal Nerven zeigen.“ Etwas anders sieht es Franz Anton: „So kurzfristig anreisen und dann seine Leistung zu bringen, ist schon eine große Herausforderung. Das mag ich persönlich nicht ganz so.“ Die Strecke in Ivrea sei im Gegensatz zu den meisten sehr naturbelassen und erinnere eher an ein natürliches Gewässer, „sodass die Anpassung eine andere ist, als das, was wir hier ständig im Kanal trainieren.“

Und neben den beiden Erfahrenen gibt es zwei weitere Paddler, die angreifen wollen. Zum einen der Zeitzer Timo Trummer, im April wird er 25 Jahre alt. Bei den Deutschen Meisterschaften 2020 holte er Silber und fuhr sich zudem in die Nationalmannschaft. Leider konnte er danach nicht an den Europameisterschaften in Prag sowie noch den beiden Weltcups teilnehmen, da der DKV sich aufgrund der Pandemie-Entwicklung gegen die Starts der Deutschen entschied. Der zweite hoffnungsvolle 22-jährige C1-Fahrer ist Lennard Tuchscherer vom Leipziger KC. Beide sind sich ihrer Chance auf Olympia bewusst und wollen sie auf jeden Fall angehen. „Wenn ich es schaffe, zu EM zu fahren, ist es auch mein Ziel, den Quotenplatz zu holen. Vielleicht haben ja die anderen beiden mal kein Glück, und dann muss ich es ja hoffentlich trotzdem noch schaffen“, sagt Trummer mit einem Lächeln. „Aber es wäre natürlich schön gewesen, wenn wir vorher hätten mal nach Ivrea fahren können.“ Bisher war der Zeitzer zweimal auf dem diesem Wildwasserkanal. „Die Strecke liegt mir ganz gut. Ich mag sie sehr.“

Trainingskollege Tuchscherer war ebenso selten bisher dort, aber auch er hat nur gute Erinnerungen. Zum Ziel Olympia-Quotenplatz sagt er Tuchscherer, „ich trainiere jetzt nicht direkt darauf hin, aber man kann sich so etwas schon mal als Ziel stecken. Ich denke, wir haben auf jeden Fall gut trainiert und sind gut vorbereitet. Wie es dann bei der Quali oder vielleicht in Ivrea ausgehen wird, werden wir dann sehen.“

Das hoffnungsvolle Nachwuchstalent Florian Breuer, 2019 in der Nationalmannschaft auch um den Olympia-Quotenplatz gekämpft, muss verletzungsbedingt die olympische Saison beenden. Gehäufte gesundheitlichen Einschränkungen und eine kürzlich zugezogene Verletzung an der linken Hand zwangen den Augsburger zu dieser schweren Entscheidung. „Ich hatte versucht, alles im Hinblick auf die anstehende Olympia-Qualifikation und die EM in Ivrea zu mobilisieren.“

Wenn die Europameisterschaften wie schon 2020 ausfallen sollten, ist es aktuell noch so, dass die Weltrangliste herangezogen wird, informierte Cheftrainer Pohlen. „Das ist aber nicht im Interesse des DKV. Falls dieser Fall eintritt, die Europameisterschaften nicht stattfinden können, werden wir auf jeden Fall eine interne Qualifikation ausschließlich mit dem Bereich der Einer-Canadier fahren werden, um den Platz über eine sportliche Entscheidung für Tokio abzusichern. Wir sind nach wie vor optimistisch, dass wir im Rahmen einer Kleinstveranstaltung mit vielleicht fünf bis sechs Teilnehmern im C1 den Quotenplatz ausfahren können.“

Text: Uta Büttner

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