14.10.2023 | Frauen

1. Frauen-Seekajak-Symposium „Meeresleuchten“ 2023 in Hooksiel – Eine wunderbare Woche im Juli mit tollen Workshops und großartigen Touren

Endlich war es so weit! Was in anderen europäischen Ländern, wie z. B. Schottland, Wales, Irland und Italien schon regelmäßig stattfindet und sich dort etabliert hat, konnte nun auch in Deutschland erstmalig angeboten werden: ein Seekajak-Symposium für Frauen, das passenderweise den Namen „Meeresleuchten“ trägt. 
(Bild: Elke Grunwald)

Begonnen hatte alles damit, dass Elke Grunwald, im Jahr 2018 nach ihrer Rückkehr vom italienischen Frauen-Seekajak-Symposium die Idee entwickelte, so eine Veranstaltung auch in Deutschland durchzuführen. Die Idee reifte und so begannen im Jahr 2019 die ersten Vorüberlegungen. Schlussendlich formierte sich ein erstes Organisationteam, das auf sieben Frauen anwuchs. 

Vorlauf
Neben einem geeigneten Konzept musste auch ein geeigneter Veranstaltungsort gefunden werden. In Abstimmung auf die geplanten Symposiums-Inhalte fiel die Wahl schließlich auf Hooksiel an der Außenjade. Dort gibt es das Hookser Meer (Hooksieler Binnentief), auf dem sämtliche Workshops in sicherer Umgebung durchgeführt werden können und auch die Einsatzstellen für die geplanten Touren auf dem Jadebusen und der Nordsee sind nicht weit. Der in unmittelbarer Nähe liegende Campingplatz Hooksiel war mit seiner großen Zeltwiese ideal, um alle anreisenden Frauen mit ihren Zelten, Campern und Wohnwagen gemeinsam aufnehmen zu können, ohne dass es zu einem Gedränge kommen würde. Und auch für das Gruppenzelt wäre ausreichend Platz. Kurz vor Veranstaltungsbeginn gab es noch eine überaus freudige Zusage: die in der Marina des Hookser Meers nebeneinander liegenden Segelvereine „Sail-Lollipop Regatta Verein“ und „Wassersportverein Hooksiel“ würden uns eine großzügige Gastfreundschaft gewähren, so dass die Seekajaks während der Workshoptage dort sicher gelagert werden konnten und wir die sanitären Anlagen mitbenutzen dürften.

Die Anmeldung zur Veranstaltung war am 16.11.2022 um 00:00 Uhr freigeschaltet worden und sämtliche 50 Plätze waren innerhalb von 18 Stunden ausgebucht und die Warteliste füllte sich. Wow! Damit hatte wohl niemand gerechnet. Am wenigsten die Organisatorinnen. Die Teilnehmerinnen kamen aus dem gesamten Bundesgebiet. Eine Teilnehmerin nahm sogar den langen Weg von der Schweiz an die Nordsee auf sich. 

Als dann ab April die Workshops gebucht werden konnten, begann die Qual der Wahl. Es konnte zwischen 15 Themen gewählt werden, aufgeteilt auf drei Tage mit jeweils einer Einheit am Vormittag und am Nachmittag. Das Angebot umfasste u. a. Sicherheitsübungen mit verschiedenen Wiedereinstiegs- und Rettungstechniken, Paddeltechnik und den effizienten/ effektiven Geradeausschlag, Rollen mit dem Grönland- und dem Euro-Paddel, Balance im Boot, Spiele auf dem Wasser, Fitness, Navigation und Tourenplanung. Außerdem konnten die Prüfungen zum EPP2 Kajak und des EPP3 Küste abgelegt werden. Wie soll man hieraus eine Auswahl treffen, ohne auf etwas verzichten zu müssen? Das ging natürlich nicht, so dass jede Teilnehmerin für sich einen Schwerpunkt setzen musste. Aber zum Glück wurden einige Angebot auch mehrfach an den drei Workshoptagen angeboten. 

Die Vorfreude auf die Veranstaltung stieg, je näher sie kam. Im Mai informierten die Frauen des Organisationteams darüber, dass sie zusammen mit weiteren Fahrtenleiterinnen verschiedene attraktive Seekajaktouren erkundet haben, die während des Symposiums im Angebot sein würden. Die mitgeschickten Bilder gaben einen Vorgeschmack auf das wunderbare Revier der Außenjade und der Nordsee. 

Anreise
Am 15.07.2023 war Anreisetag. Manche der Frauen hatten etliche Kilometer und viele Stunden auf der Autobahn hinter sich, als sie am Campingplatz ankamen. Die freundlichen Damen in der Anmeldung erklärten den Weg zur Zeltwiese. Und richtig, da stand auch ein Hinweisschild zum Seekajaksymposium. Dort angekommen, wurde jede Frau freudig begrüßt. Ein toller Anfang. Wer sich schon vorher kannte, lag sich in den Armen, neue Bekanntschaften wurden schnell geschlossen. Die Solidarität und Hilfsbereitschaft zeigte sich gleich in den ersten Stunden. Gemeinsam wurden die Zelte teilweise bei kräftigem Wind und leichten Schauern aufgebaut. Jede fasst überall mit an.

Am Abend fand im eigens dafür mitgebrachten und aufgestellten Gruppenzelt die Begrüßung und das erste Briefing statt. Die „Crew“, insgesamt 13 Trainerinnen und Fahrtenleiterinnen stellten sich vor und erläuterten den geplanten Ablauf der Workshoptage und der daran anschließenden Fahrtentage. So würde es nun während der gesamten Woche sein: Am Abend um 20:00 Uhr kamen alle Frauen zum Briefing für den nächsten Tag zusammen, am nächsten Morgen gab es ein Kurztreffen, um Fahrgemeinschaften, eventuelle Änderungen zu besprechen oder Fundsachen den Besitzerinnen zurückzugeben. Eine durchdachte Struktur, keine konnte etwas verpassen. 

Drei Tage Workshops
Am nächsten Tag begannen die Workshops auf dem Hookser Meer. Für die Frauen, die den Workshop „Effizienter Geradeausschlag“ gebucht hatten, startete es an Land mit Trockenübungen für die seitliche Bauch- und Rückenmuskulatur zur Rotation des Oberkörpers. Mit Hilfe einer Poolnudel wurde die Begrenzung innerhalb der sog. Paddelbox simuliert. Wer das zum ersten Mal machte, für den kündigte sich schon der erste Muskelkater an. Aber auf ein Neues: mit den Füßen wechselseitig Druck ausüben, mit dem Oberkörper rotieren, Schultern unten lassen und mit den Händen „den 
Vorhang auf- und zuziehen“. Und dann üben, üben, üben. 

Für die Frauen des Workshops „Sicherheitstechniken“ hieß es ziemlich schnell, ins Wasser zu gehen. Aber kein Problem, das Hookser Meer hatte angenehme Temperaturen. Nacheinander wurden verschiedene Wiedereinstiegstechniken gezeigt und anschließend geübt. Jede konnte ausprobieren, ob sie besser mit dem Heel-hook, dem V- oder dem Paralleleinstieg in ihr Kajak kommt. Manch eine probierte die Selbstrettung mit Hilfe von Re-entry & Roll oder die Fremdrettung mit Hilfe der Technik „Hands of God“. Die entscheidenden Schlüsselpunkte wurden erklärt und führten letztlich zum Erfolg. 

Der Workshop „Balance im Boot“ war von einem fast durchgängigen Gelächter begleitet. Zu Beginn sollten sich alle die Spritzdecken im Kajak ausziehen. Gar nicht so einfach, wenn sie nicht über die Schwimmweste gezogen werden kann und die Luke klein ist. Dann wurde auf dem Sitz um 360° rotiert, die Beine baumelten im Wasser. Beine wieder in die Luke und Aufstehversuche. Der aufgefrischte Wind war hierbei nicht besonders hilfreich. Spätestens jetzt fielen (fast) alle reihenweise ins Wasser. Zum Abschluss gab es noch ein „Lanzenspiel“, bei dem es darauf ankommt, wer zuerst vom Vorderdeck geschubst wird und wer sich traute, konnte auf zwei Kajak stehend „Ungarische Post“ spielen. Was für ein Spaß!

Der Spaß kam aber auch bei dem Workshop „Spiele auf dem Wasser“ nicht zu kurz. Das Spiel „Stinkender Fisch“ ist immer gut, um alle Techniken anzuwenden. Beim „Brückenticken“ ist es vorteilhaft, wenn man sein Boot auf der Flucht vor den „Jägerinnen“ schnell wenden kann. Aber zum Glück gab es ja genug Paddlerinnen auf dem Spielfeld, die einen nach dem Festsetzen wieder „befreien“. Beim Ballspielen vergaßen alle, dass sie in einem kippeligen Kajak sitzen und konzentrieren sich nur noch auf das Fangen und Abfangen. Am Ende kehrten alle ausgepowert und zufrieden zur Einstiegsstelle zurück. Der Workshop „Umgang mit Zwischenfällen auf dem Wasser“ hatte es in sich. Es wurden verschiedene Szenarien geübt. Was kann man machen, wenn sich auf dem Wasser ein Lukendeckel löst und verloren geht? Mit welchen Methoden bekommt man auf dem Wasser eine verletzte Person wieder in sein Kajak? Wie lässt sich eine verlorengegangene Spritzdecke ersetzen? Verschiedene Rettungs- und Reparaturmethoden wurde ausprobiert und besprochen. Schnell stellte sich heraus, dass es nie verkehrt ist, einen großen Müllsack, Gewebeklebeband und ein Gummiseil dabei zu haben – möglichst griffbereit. Hilfreich ist aber auch, die Schöpfmethode anwenden zu können und sich im rettenden Team gut abzusprechen. Und natürlich bleibt am Ende auch noch der Seenotruf, bevor es kritisch endet.  

Beim Rollentraining mit dem Euro- und dem Grönlandpaddel lernten einige Frauen zum ersten Mal das Rollen, andere verfeinerten ihre Technik oder probierten verschiedene Rollen mit dem Grönlandpaddel aus. Es gab Aha-Effekte und zufriedene Gesichter. Das hier Gelernte konnte bei den folgenden Touren gleich umgesetzt werden. Das galt auch für die Inhalte der Workshops zur Tourenplanung und zur Navigation. Wer noch nie von Pricken, Tonnen und Gezeitenströmen gehört hatte, konnte die vermittelte Theorie eindrucksvoll bei den Fahrten erleben. Andere frischten ihre Kenntnisse auf. Die fortgeschrittenen Paddlerinnen, die sich mit der Vektorrechnung beschäftigt hatten, wussten spätestens im Jadebusen und bei der Querung der Jade, wozu diese Kenntnis gut sein kann. Und auch die Teilnehmerinnen der „Tourenplanung“ bekamen eine Ahnung davon, wie wichtig es ist, eine Seekajaktour unter Berücksichtigung von Tide, Wind und Strecke sorgfältig zu planen. 

Drei Tage Touren
An allen drei Tagen wurden verschiedene Touren angeboten, abgestimmt auf den Könnensstand der Teilnehmerinnen, dem Tourengebiet und dem vorherrschenden Wind. Eine Fahrt ging von Wilhelmshaven nach Dangast mit der Aussicht auf Kuchen im Dangaster Kurhaus. Bei westlichen Winden 3 – 4 bft und auf der Rückfahrt angesagten 4 bft war es für einige Paddlerinnen, die noch nie auf der Nordsee waren, eine spannende Erfahrung. Wellen von vorne, Wellen von der Seite, Strömung, die die Kajaks schnell versetzte. Nun war ein gutes Bootsgefühl gefragt und dass alle den Wiedereinstieg sicher konnten. Am Dangaster Strand angekommen war schnell klar: hier gibt es unübersehbare Kunst, aber keinen Kuchen - das Kurhaus hat nur am Wochenende geöffnet. Eine andere Fahrt führte von Wilhelmshaven vorbei am Leuchtturm Arngast nach Varel. Hier brauchten die Frauen ordentlich Sitzfleisch. Eine kürze Tour ging von Wilhelmshaven nach Eckwarderhörne. Das bedeutete, dass der Jadebusen gequert werden muss.

Bei einem Wind um 4 bft aus West bauen sich hier die Wellen auf. Eine Teilnehmerin kenterte und es zeigte sich, wie wichtig es ist, den Wiedereinstieg zu können und dass das Erlernte auch problemlos bei etwas schwierigeren Bedingungen umgesetzt werden kann. Von Angst keine Spur. Eher das gute Gefühl, auch in Wellen paddeln zu können. Andere Frauen nahmen an der Strömungsfahrt vor Hooksiel teil. Erst gegen die Tide und den Wind, mal sehen was geht, Paddeltechniken unter „realen“ Bedingungen anwenden und anschließend mit der Strömung zurück. Am Strand konnten alle in den Wellen spielen und die Paddelstütze üben, während die Trainerinnen im Wasser standen und absicherten. Super! Für weniger geübte Paddlerinnen wurde eine Fahrt auf dem Hookser Meer mit Übungsmöglichkeiten angeboten, was zahlreiche Frauen gerne angenommen haben. 

Als Überraschung ist eine Dämmerungs- und Nachtfahrt ins Programm genommen worden. Und es war wirklich eine Überraschung: Die Teilnehmerinnen haben das Meeresleuchten erlebt! Bei jedem Paddelschlag, an der Bugwelle und beim anschließenden Schwimmen leuchtete die Nordsee. Überwältigend! 
Für die zehn Frauen, die an der EPP3-Prüfung teilnehmen wollten, war klar: es ging mit einer Übernachtungstour von Norddeich nach Juist und zurück. Also Planen, Einkaufen, Packen, Verstauen. Nach dem Packen der Kajaks und dem Briefing für die Tour ging es los. Auf der Tour Richtung Juist Süd-Hafen befuhren Teilnehmerinnen mit ablaufendem Wasser verschiedenste Abschnitte mit Betonnung und Pricken, sie suchten den Wattrücken und übten immer das Navigieren, Vorhalten und Erkennen von Abschnitten auf der Karte und auf dem Wasser. Und, ups! Da fiel doch tatsächlich ständig jemand ins Wasser und musste gerettet oder auch mal geschleppt werden - alles Inhalte der Prüfungsfahrt.

Übernachtet wurde bei der frisch eingeweihten DKV-Station. Am nächsten Tag ging es durch etwas stärkere Brandung am Strand und Kabbelwasser im Gatt mit ordentlicher Welle wieder zurück. Alle haben bestanden und sind mit breitem Grinsen und strahlenden Augen zurückgekehrt. Glückwunsch! Wer noch nicht genug hatte oder nicht bei der EPP3-Prüfungsfahrt dabei war, konnte sich einer Übernachtungsfahrt nach Baltrum anschließen. Für manch eine Paddlerin bedeutete das, die gerade erst ausgepackten Sachen wieder einzupacken, teilweise noch nass, und die Menge des Proviants zu prüfen. Ganz im Sinne von „paddle-eat-sleep-repeat“.  Der letzte Fahrtentag hatte eine Auswahl zwischen der Umrundung von Minsener Oog, eine Fahrt nach Wangerooge mit Waffelessen oder eine Kurztour zwischen Hooksiel und Horumersiel. Es war wieder für alle Teilnehmerinnen etwas dabei und die Wahl viel schwer. Am liebsten möchte man alles mitmachen! 

Abschluss 
Der letzte Abend endete als krönender Abschluss mit einer Feier und Tombola im Festzelt des Campingplatzes. Alle Teilnehmerinnen sollten versuchen, etwas zum Buffet beizutragen. Wie soll das denn funktionieren, wenn man nur mit Zelt und Campingkocher unterwegs ist? Erfindungsreich wurden faltbare Abwaschschüsseln und Campingkochtöpfe in Salatschüsseln umfunktioniert, aus Deckeln wurden Platten, Utensilien wurden untereinander ausgetauscht und eine Fischplatte vom örtlichen Fischhandel bestellt. Es war unfassbar, wie groß und reichhaltig und lecker schließlich das Buffet geworden ist. Erst wurde gegessen, dann gab es die Tombola. Die Sponsoren haben zahlreiche große und kleine Preise zur Verfügung gestellt. Jede Teilnehmerin würde gewinnen. Und einige wenige Teilnehmerinnen konnten ihr Glück gar nicht fassen, als sie ein wertvolles Euro- oder Grönlandpaddel in die Hand gedrückt bekamen. Im Anschluss stieg die Party. Wer nicht gerade in ein Gespräch vertieft war, fand sich auf der Tanzfläche wieder. Was für eine Stimmung! Und der Zeltwirt verlängerte nicht nur die Partyzeit, sondern steuerte zur Freude aller noch ab und zu einen Seifenblasenregen bei. 

Am nächsten Morgen wurden die Zelte allmählich abgebaut und die Wohnwagen wieder angehängt. Der Abschied stand bevor. Schade, nun ist das Symposium schon zu Ende. Es hätte einfach so weitergehen können. Und so dauerte es eine ganze Weile, bis sich alle von der Crew, ihren Zeltnachbarinnen oder Tourenkameradinnen verabschiedet haben. Manche würde man schon bald wiedersehen, andere vielleicht erst später. 

Mehr Meeresleuchten, bitte!!! Das ist ein tolles Format mit vielen Möglichkeiten. Die Trainerinnen und Fahrtleiterinnen haben alles gegeben, damit sich die Teilnehmerinnen individuell entwickeln konnten und das Programm so umfangreich wurde, wie es war. Die Atmosphäre unter den Frauen war einzigartig, geprägt von Respekt, Wertschätzung, Spaß und Hilfsbereitschaft.
Liebe Crew, euch gebührt unser Dank!


Text: Frauke Meyer

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